Man darf eben nicht alles fragen

Es gibt Fragen, bei denen wirkt selbst der gestandenste Bewerber ganz klein beim Jobinterview. Viele von ihnen sind verboten.
Im Bewerbungsgespräch sind Fragen mitunter schwierig zu beantworten, manche sogar unangenehm. Und es gibt Fragen, die vom Interviewer nicht gestellt werden dürfen – weil sie diskriminierend sind.

Der Bewerber war irritiert. "Wie läuft Ihre Ehe und wie teilen sich Ihre Frau und Sie die Kinderbetreuung?" – mit dieser Frage erwischte ihn der Personalchef auf dem falschen Fuß. Was sollte er jetzt sagen? Muss er überhaupt eine Antwort über sein Privatleben geben? Er blieb bei der Beantwortung an der Oberfläche. Aber der Personalchef setzte nach: "Wo haben Ihre Eltern gearbeitet und was haben Ihre Großeltern gemacht?" Das Gespräch empfand der Bewerber ab nun atmosphärisch nicht mehr gut. Die Verunsicherung war groß, die Souveränität verloren. Gleichzeitig stellte sich Gewissheit ein: "In dieser Firma will ich nicht arbeiten."

Was ist erlaubt?

Fragen kann man alles, heißt es. Personalberater Othmar Hill meint, dass jede Frage erlaubt sein muss, jeder Wunsch deponiert werden darf, auch im Bewerbungsgespräch, "denn wir sind erwachsene Menschen und das ist ein freies Land." Tatsächlich gibt es hier jedoch Grenzen. Die Rechtssprechung setzt im Bewerbungsgespräch auf den Grundsatz der Gleichberechtigung. Streng juristisch gesehen ist zwar keine Frage verboten, der Interviewer muss aber damit rechnen, bei einer unzulässigen Fragen nach dem Vorstellungsgespräch wegen Diskriminierung belangt zu werden.

Denn: Grundsätzlich dürfen nur Fragen gestellt werden, die in Bezug zur angestrebten Tätigkeit stehen und die Eignung des Bewerbers beleuchten. Also Fragen nach der Ausbildung, den bisherigen Tätigkeiten und nach Kenntnissen und Fähigkeiten. Hier muss der Bewerber auch wahrheitsgemäß antworten.

Während manche Fragen also einfach nur unangenehm sind – wie das eingangs erwähnte Abfragen der Familienhistorie, oder Fragen wie "Wieso haben Sie Ihren vorigen Arbeitgeber verlassen?" oder "Was ist Ihr größter Fehler?" – sind andere per Gesetz verboten. Das sind Fragen zu den Themen Schwangerschaft und Kinderwunsch, Parteizugehörigkeit, Vorstrafen, Gesundheitszustand, sexuelle Neigungen und Behinderungen. Ausnahmen gibt es bei direkter Relevanz für die Arbeit. Wird man etwa bei einer Partei vorstellig (ein sogenannter Tendenzbetrieb), ist die Frage nach der Parteizugehörigkeit erlaubt.

Man darf eben nicht alles fragen
honorarfrei - Manuela Lindlbauer
In der exklusiven Situation eines Vorstellungsgesprächs sind Interviewer mitunter grenzwertig. "Der Arbeitgeber will sich genau über den Bewerber informieren, weil er sein wirtschaftliches Risiko gering halten möchte", erklärt Personalberaterin Manuela Lindlbauer. Sie beschreibt den Trend im Personalwesen mit "Hire for attitude, train for skills", weshalb die Persönlichkeit des Bewerbers wichtiger geworden ist. Im Jobinterview will die Firma herausfinden, ob das Wertesystem des Interviewten mit dem der Firma zusammenpasst. Sie rät deshalb, "persönliche Fragen nicht zu persönlich zu nehmen – und keine bösen Absichten dahinter zu vermuten."

Was soll man sagen?

Man darf eben nicht alles fragen
honorarfrei, Personalberater, Markus Brenner
Man darf eben nicht alles fragen
Nach Meinung der Personalisten sollte man vorher durchdenken, wie man auf heikle Fragen reagieren will. "Das kann man üben. Und man kann lernen, damit umzugehen", sagt Othmar Hill. Oft will man Bewerber mit diesen Fragen nur provozieren. Experte Markus Brenner rät: "Bleiben Sie faktenbezogen. Ein Detail wegzulassen ist okay, eine Lüge ist aber kein guter Einstieg für ein Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Dienstnehmer." Obwohl der Gesetzgeber bei diskriminierenden Fragen sogar das Recht auf Lüge einräumt (bei Schwangerschaft und Vorstrafen). Werden die Fragen aber zu persönlich, sollten Bewerber nachfragen: "Sie sprechen ein sehr persönliches Thema an, inwieweit ist das relevant?" Jedenfalls sollten Bewerber signalisieren, wann es genug ist. Hill: "Man sollte sich generell gut überlegen, wo man arbeiten will und was man sich vom Arbeitgeber gefallen lässt." Und das beginnt schon beim Bewerbungsgespräch.

Das Frage-Antwort-Spiel ist das Kernstück jedes Bewerbungsgesprächs. Der Interviewer will so viel wie möglich über den Bewerber erfahren – zulässig ist das nur bis zu einem gewissen Grad. Es gibt Fragen, die der Interviewer per Gesetz nicht stellen darf. Hier kommt das Anti-Diskriminierungsgesetz zum Tragen, erklärt die Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der Arbeiterkammer Wien Irene Holzbauer.

Thema Familienplanung: Sind Sie schwanger? Planen Sie, schwanger zu werden? Wollen Sie Kinder?
Jedenfalls unzulässig. Nach der aktuellen Rechtsprechung darf eine Stellenbewerberin eine Schwangerschaft sogar verschweigen, auch wenn sie ausdrücklich danach gefragt wird.

Thema Kinder: Wer kümmert sich um Ihre Kinder? Wie teilen Sie die Kinderbetreuung auf? Wer passt auf, wenn das Kind krank ist?
Ebenfalls unzulässig, weil es hier zu einer Diskriminierung kommen kann, wenn die Antworten dem Arbeitgeber nicht gefallen.

Thema Herkunft: Wo sind Sie aufgewachsen? Was machen Ihre Eltern beruflich? Was machten Ihre Großeltern beruflich? Wie ist das Verhältnis von Ihnen zu Ihren Eltern?
Obwohl es sich hier um sehr persönliche Fragen handelt, sieht die AK-Expertin keinen Diskriminierungsgrund. „War der Großvater ein Bankräuber, würde ich das einfach verschweigen“, rät sie Bewerbern.

Thema Geld: Wie sind Ihre Vermögensverhältnisse? Wie viel haben Sie in Ihrem letzten Job (oder aktuell) verdient? Besteht eine Lohnpfändung? Haben Sie Schulden? Zahlen Sie Alimente?
Das Gesetz setzt nur diskriminierende Verhaltensweisen unter Sanktion. Die Frage nach dem Verdienst ist nicht diskriminierend. Zur Frage nach Lohnpfändung, Alimenten, Schulden gibt es keine Judikatur. Die Wahrheit kommt aber raus, wenn es den Arbeitgeber (wie im Fall der Pfändung) betrifft.

Thema Unbescholtenheit: Sind Sie vorbestraft?
Bei Vorstrafen gilt auch das Recht auf Lügen. „Sonst würde der Bewerber nie einen Job bekommen“, sagt Holzbauer. In der Praxis kann ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt werden, wenn es eine sachliche Begründung gibt (etwa für Jobs im Sicherheitsdienst). Das zwingt dann zur Offenlegung.

Thema Religion: Welcher Religion gehören Sie an? Gehen Sie regelmäßig in die Kirche?
Absolut unzulässig.

Thema Gesundheit: Haben Sie eine chronische Krankheit? Wie ist Ihr Gesundheitszustand?
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber den Bewerber nicht nach seinem Gesundheitszustand fragen. Besteht jedoch Gefahr für Leben und Gesundheit anderer im Betrieb oder ist der Gesundheitszustand relevant für die Ausübung des Jobs, hat der Dienstgeber ein Recht auf Auskunft.

Thema Freizeit: Welche Hobbys haben Sie? Wohin fahren Sie gerne auf Urlaub? Welches Auto fahren Sie? Trinken Sie Alkohol?
Ist sehr persönlich, aber zulässig, weil sich daraus keine Diskriminierung ableiten lässt.

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