Mama studiert doch!

Daya (27) studiert Tanz und Choreografie in Wien. An die Uni kommt ihr Sohn (3) nur am Foto mit
Ende der unbeschwerten Studienzeit oder Anfang einer Karriere mit Babyglück?

Neun Prozent der 315.000 österreichischen Studierenden haben Kinder, Tendenz leicht steigend. Im sozialen Schweden liegt der Wert viel höher: Knapp 17 Prozent vereinbaren Windeln und Prüfungen.

Die Frage nach dem idealen Zeitpunkt stellt sich aber da wie dort: Ist es karrieretechnisch am klügsten, die Familie schon während der Unizeit zu gründen? In einer Zeit, in der man zeitlich noch relativ flexibel und körperlich besonders fit ist? Oder verliert man hinter all dem Fokus auf das Baby den Zugang zur akademischen Welt und vertut sich gleichzeitig die unbeschwerteste Zeit des Lebens? Drei Eltern berichten, wie das Studium mit Kind für sie machbar wurde.

"Ich wollte gerade mit dem Tanzstudium anfangen als ich erfahren habe: Ich bin schwanger. Ja, ich war schon geschockt. Und manchmal verzweifelt – aber gefreut habe ich mich auch. Meine Familie hat mich mental unterstützt und mir gesagt, dass ich auch mit Kind noch studieren kann, dass sie mir helfen werden. Natürlich hatte ich Zweifel und überlegte, mit dem Tanzen aufzuhören. Als mein Sohn ein Jahr alt war, machte ich die Studienberechtigungsprüfung und inskribierte Sportwissenschaften. Als er zwei war, fing ich am Konservatorium Privatuniversität in Wien an. Heute ist mein Zeitplan an der Uni recht streng, alles muss gut organisiert werden. Manchmal beneide ich meine Kollegen um die Freiheit spontaner Zeiteinteilung und der Zeit für künstlerisches Schaffen. Mein Sohn geht in den Kindergarten, ich versuche ihn zwei Mal die Woche abzuholen. Meine Mama hilft viel. Die Zeit, die ich mit ihm verbringe, versuche ich voll da zu sein. Ich glaube nicht, dass er zu kurz kommt, zu wenig Zeit bleibt oft für die Uni. Zeit ist jetzt so kostbar, dass man sie viel effektiver nutzt. Unterstützung von der Uni her gibt es eigentlich keine. Ich kenne sonst niemanden in der Tanzabteilung, der ein Kind hat – das ist relativ abnormal. Das Thema ist gerade für Tänzerinnen eher Tabu. Ich glaube aber es ist ganz gut, jetzt ein Kind zu haben, denn es nimmt einen Stressfaktor. Mir persönlich hat das Kind geholfen, die Ruhe und Geduld zu finden um ein Studium durchzuziehen. Ob mein Kind stolz auf mich ist? Ich denke schon. Tanzen jedenfalls taugt ihm voll. Und er versteht, dass das meine Arbeit ist. Ob Kinderkriegen während des Studiums gescheit ist oder nicht, hängt ganz von der Persönlichkeit ab. Es braucht jedenfalls viel Willen, Nerven und Feuer."

"Ich bin mit 20 schwanger geworden, ungeplant. Für mich war das Baby eine echte Zäsur. Die im Grunde nicht schlecht war, denn ich war mit dem Jus-Studium ohnehin nicht zufrieden. Mutter zu werden bedeutete einen Neustart. Ein dreiviertel Jahr habe ich pausiert und ja, ich habe in der Zeit nicht viel anderes getan als zu stillen und mich ums Baby kümmern. Es war ja alles so neu und ich wusste nicht, wie das geht mit einem Baby. Richtig in die Uni eingestiegen bin ich wieder, als meine Tochter zwei Jahre alt war. Jetzt studiere ich BWL, nach dem Min-Max-Prinzip: Minimaler Aufwand, maximaler Output. Wegen meines Kindes wollte und will ich nicht mehr Zeit als nötig an der Uni verbringen. Mit einigen Studienkollegen bin ich organisiert, aber die Schwangerschaft war auch eine Zäsur hinsichtlich meiner Freunde. Manchmal fühlt man sich ausgeschlossen, nicht alle sind kollegial. Vor allem die, die selbst noch im Hotel Mama wohnen – die haben wenig Verständnis für den Alltag einer Studentin mit Kind. Stolz bin ich darauf, dass ich mit meiner Tochter auf Erasmus nach Frankreich gegangen bin – das war ein Spitzenjahr! Sagen wir fünf Prozent negativ, 95 Prozent positiv. Stolz bin ich auch, dass ich mein Studium in Regelzeit plus zwei Semester abschließen werde. Meine eigenen Messlatten habe ich dafür zwar runtergeschraubt, aber mit einem Kind muss man pragmatisch werden. Doch man lernt, Verantwortung zu übernehmen, Dinge nach ihrer Wichtigkeit zu sortieren. Trotzdem würde ich Kind plus Studium nicht empfehlen. Ich glaube es ist einfacher, erst zu studieren, in den Beruf einzusteigen und dann eine Familie zu gründen. Allein schon wegen der sozialen Absicherung. Aber klar: Studieren mit Kind – es geht. Die Frage ist halt, wie. Nicht alles ist rosarot. Es hängt ganz stark von der Unterstützung ab, die man bekommt."

"Der erste Abschnitt mit Auszeichnung, der zweite mit vier Kindern – das ist mein Standardspruch. Die Geburten der Kinder motivierten mich immer ganz besonders, die Dichte an bestandenen Prüfungen war um die Geburtstermine am höchsten. Die größte Herausforderung war zweifelsohne nicht das Studium, sondern es waren die Finanzen. Permanente Studentenjobs waren für mich und meine Frau notwendig. Das hatte den Vorteil, sehr bald zu wissen, wo es nach dem Studium beruflich hingehen soll. Natürlich litt die Studiendauer, aber im Endeffekt sind wir mit unseren Altersgenossen heute was Familie, Studienabschluss und Karriere betrifft, gleichauf. Der große Vorteil des Kinderkriegens während der Unizeit: beide Elternteile sind darauf bedacht, ihre Ausbildung zu beenden, keiner muss sich für einen bestimmten Zeitraum völlig aus dem Studienleben verabschieden. So verbringt man manche zahnend durchwachte Nacht damit, sich gegenseitig abzuprüfen, hat unendliche Energien, Spaß mit den Kindern – ohne jede Regung des Babys allzu ernst zu nehmen – und ist einfach gedanklich noch sehr nah an den Sorgen und Nöten von Kindern und Jugendlichen dran. Aber natürlich: Patentrezept ist dies keines. Es setzt eine stabile Beziehung, Freude an Kindern, das unkomplizierte Herangehen an die Familiengründung, das Herunterschrauben der Ansprüche und schon auch eiserne Disziplin voraus. Belohnt wird die Mühe damit, schon in jungen Jahren mit großen Kindern all das nachholen zu können, was andere vielleicht in der Studienzeit ausgekostet haben: Reisen, Ausgehen, Ausleben von Hobbys. Es ist sehr schön, die Welt mit den eigenen, erwachsen werdenden Kindern zu erkunden, in einen Club zu gehen und für die Geschwister der ältesten Tochter gehalten zu werden."

- 9 Monate Ihr erfahrt von der Schwangerschaft. Freude, Schock – alles mischt sich. Trotzdem heißt es klar denken. Erkundigt euch an der Uni / FH nach Möglichkeiten der Beurlaubung vom Studium oder eines Teilzeitstudiums sowie den Antragsfristen für Beihilfen. Falls du arbeitest, verständige deine Arbeitgeber, damit der Kündigungs- und Entlassungsschutz wirksam wird.

- 5 Monate Du bekommst von der Ärztin einen Mutter-Kind-Pass. Die erste Untersuchung sollte ab der 12. Schwangerschaftswoche stattfinden. Achtung: Ohne vollständige
Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen kann das Kinderbetreuungsgeld auch rückwirkend gekürzt werden.

- 2 Monate Der Mutterschutz beginnt. Studierenden steht Kinderbetreuungsgeld zu. Überlegt, welche Variante die sinnvollste ist. Checkt auch jetzt schon Kinderkrippen und Tagesmütter – die Wartelisten sind oft sehr lang.

Geburt Euer Baby kommt. Freut euch, lasst es euch gut gehen und euch helfen.

+ 1 Monat Gleich nach der Geburt muss für das Neugeborene beim Standesamt eine Geburtsurkunde beantragt werden. Das Kind wird bei der Mutter oder dem Vater mitversichert. Der leibliche Vater kann die Anerkennung seiner Vaterschaft erklären. Für das Kind ist das wichtig, da sich daraus Unterhalts- und Erbrechte ableiten.

+ 2 Monate Wieder zum Kinderarzt zur 2. Mutter-Kind-Pass-Untersuchung. Spätestens bis zum Ende des Mutterschutzes muss man dem Arbeitgeber bekannt geben, ob Karenz oder Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird. Überlegt, wann und wie ihr wieder ins Studium einsteigen könnt.

+ 3 Monate Zwischen der 6. und der 8. Woche nach der Geburt wird die Hüftultraschall-Untersuchung durchgeführt. Obwohl das Baby euch 24 Stunden am Tag braucht – haltet Kontakt zur Mitstudenten, Professoren und dem Uni/FH-Leben.

+ 18 Monate Schickt die Nachweise („Formblätter“) aus dem Mutter-Kind-Pass im Original der Krankenkasse, sonst geht das Kinderbetreuungsgeld verloren.

+ 2 Jahre Ab dem 2. Geburtstag des Kindes besteht kein Kündigungsschutz mehr. Außerdem läuft die Karenz aus. Macht einen Plan, wie es finanziell und organisatorisch weitergeht. Die Semester bis zum
2. Geburtstag werden bei der Familienbeihilfe nicht mitgezählt – ab jetzt geht die Semesterzählung weiter.

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