Laufend scharfe Ideen
Das, worum es im winzigen neu eröffneten Lokal "schönscharf" am Laurenzberg im ersten Bezirk in Wien geht, ist auf den ersten Blick ganz unscheinbar. Die Augen zieht es zuerst zu den alten Paletten, die als Tische an die Wand geschraubt sind und an der gegenüberliegenden Seite auch als Regale fungieren. Dann darunter zum schlichten, gegossenen Betonboden und den lose von der Decke baumelnden Glühbirnen. Und dann entdeckt man ihn. Er ist winzig, aber das Herzstück des Lokals. Er ruht, klein geschnitten in Fisch-Sauce mit Limettensaft eingelegt in einem kleinen Gläschen auf einem Tablett vor der Kassa: Der Thai-Chili. Im "schönscharf" darf die Zunge beim Essen schon ein bisschen brennen. Wie sehr, entscheidet der Kunde selbst.
Der Chili kommt über frische südostasiatische Bio-Salate, die es auch zum Mitnehmen gibt. Sie schmecken würzig, süßlich und sauer, mit Garnelen oder Huhn, dazu Glasnudeln, Mango, Erdnüsse, Karotten oder Linsen. Eine unsichtbare Zutat auf der Karte, die man besonders gut herausschmeckt: viel Liebe.
Die kommt von Hubert Mauracher. Der 40-jährige Musiker eröffnete vor drei Wochen dieses Lokal. Und das, obwohl er einst aus dem elterlichen Hotelgasthof ausgestiegen ist, um eben nicht Koch, sondern Musiker zu werden. Diese Geschichte beginnt vor 23 Jahren im Zillertal.
Vom Kochlöffel zu Sticks
Eigentlich besucht Mauracher damals eine Hotelfachschule, und lernt, wie man Wirt wird. Denn eigentlich soll er mit seinem Zwillingsbruder später einmal Hotel und Fleischerei übernehmen, so der Plan seiner Eltern. "Aber das hat mich alles überhaupt nicht interessiert". Als er 17 Jahre alt ist, schenkt ihm seine Tante ein Schlagzeug und sein Leben bekommt einen Sinn: die Musik. "Es ist immer schlimmer geworden" erinnert er sich. "Ich ging dann zwar als Koch nach London, aber ich wusste, ich will nur mehr Musik machen." Deshalb entscheidet er sich im Alter von 24 Jahren nach Wien zu gehen. Mit Erfolg – sein Traum von der Musik geht auf. Bis heute hat er mit seiner Band "Mauracher" fünf Alben herausgebracht. Die Richtungen: Elektro-Jazz, Synth-Pop, im Moment macht er gemeinsame Sache mit Sängerin Sonia Sawoff im Eigenlabel "hooray!! music".
Von Sticks zum Kochlöffel
Vor fünf Jahren zieht es ihn dann allerdings doch wieder zum professionellen Kochen. "Ich wollte einfach nicht mehr so von der Musik abhängig sein". Er wird Privat-Koch bei einem Unternehmen, macht Bio-Mittagessen für die Mitarbeiter. "Es war perfekt. Ich war da ganz unabhängig. Ich funktioniere am besten, wenn ich mein eigenes Ding mache." Vergangenes Jahr geht er noch einen Schritt weiter: Er will sich in der Gastronomie selbstständig machen. Inspiriert durch seine Reisen und indisches Essen entscheidet er sich für eine scharfe Richtung. "Mein erstes Lokal war zwar erst mit 50 geplant, aber plötzlich gab’s kein Wenn und Aber mehr. Irgendwann musst du’s einfach tun."
Um 25 Jahre Gastro-Entwicklung aufzuholen, frischt Mauracher sein Wissen in WIFI-Kursen auf, sucht parallel dazu im Internet nach Locations. Klein und fein soll es sein, er will den Laden alleine schmeißen können. Im Mai findet er den ehemaligen Imbiss "Kleiner Laurenz". Seit Mitte August gibt es hier nun von 11.30 bis 15.30 Uhr Kaltes. Bald schon sollen auch Currys dazukommen und schönscharf-Speisen vom Start-up "Foodora" geliefert werden. Abends sollen künftig geschlossene Gesellschaften vorbeikommen können, für die Mauracher exklusiv groß und auch gerne mal traditionell österreichisch aufkochen will.
Ob bei dem Vollzeit-Engagement in der Gastronomie nicht ein bisschen die Musik auf der Strecke bleibt? "Nein", sagt Mauracher. "Sie reduziert sich natürlich. Aber das Wochenende ist schönscharf-frei. Live spielen geht da also sicher."
Was jeder Entrepreneur wissen muss
- Man muss realistisch planen, vor allem was die Finanzierung angeht. Ich habe monatelang hart kalkuliert, einen Businessplan geschrieben, damit einen Kredit bei der Bank beantragt, auch Privatinvestoren haben sich beteiligt. Gerade am Anfang ist es wichtig, dass das Risiko überschaubar bleibt.
- Ich möchte die Personalkosten so gering wie möglich halten. Mit Personal geht dann ein Radl los, dass ich eigentlich gar nicht haben möchte. Ich wollte alles alleine machen. Dann hat man zwar mehr Arbeit, aber man kann dann einfach zusperren und nicht noch Verantwortung für andere haben. Ausbauen ist ja später immer noch möglich.
- Man muss flexibel bleiben. Zwar sollte man seine klaren Vorstellungen haben, aber auf diesen darf man nicht blind beharren. Oft kommt im Leben was Neues daher – man muss sich immer wieder anpassen und kreativ werden.
- Es gibt viele Stellen die Hilfe anbieten und ich finde, die sollte man auch in Anspruch nehmen. Man sollte Gründen ernst nehmen, sich erkundigen und gut aufpassen. Gerade bei der Gastronomie sollte man nicht einfach nur aufsperren, sondern eine Ahnung haben. Mich hat zum Beispiel die WKO sehr unterstützt.
- Das Wichtigste: Das tun, was man wirklich gern hat. Man braucht viel Liebe und Überzeugung, muss zu seiner Sache stehen. Man sollte nicht versuchen, die eierlegende Wollmilchsau zu sein, sondern sein eigenes Konzept verfolgen.
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