Konstantin Jakabb: Warum selbst Marcel Hirschers Philosoph mit ihm arbeiten will

Konstantin Jakabb: Warum selbst Marcel Hirschers Philosoph mit ihm arbeiten will
Wie Konstantin Jakabb mit seiner Unternehmung "tochter" die Agenturbranche auf den Kopf stellt

Konstantin Jakabb war Geschäftsführer bei Virtue Austria – dem Agentur-Ableger von „Vice“. 2021 machte er sich mit der eigenen Kommunikationsunternehmung „tochter“ selbstständig und beschloss, auf „ungepflasterten Wegen“ zu gehen.

KURIER: Die tochter-Website war bis heute ein Standbild. Jetzt ist sie da, zeigt aber redaktionelle Inhalte statt das übliche Leistungsportfolio. Ein ungewöhnlicher Zugang.
Konstantin Jakabb:
Wir sind die Antithese von dem, wie man glaubt, dass die Medienbranche sein muss. Die lebt von Überarbeit, Überinszenierung und Außenwirkung. Das ist kein Urteil, nur mein persönlicher Blick. Wir versuchen, neue Wege zu finden, hocherfolgreich zu sein und dieses Spiel nicht mitzuspielen. Die zwei Jahre so ruhig zu sein, ist uns also nicht passiert, das war schon Absicht.

Logos, Referenzen und Etatgewinne - also die üblichen Dinge, die auf Agentur-Websites zu finden sind - wird es auch in Zukunft nicht geben?
Uns als Menschen beschäftigen irrsinnig viele Dinge und wir haben beschlossen, diese hochwertig und journalistisch auf der Website zu bearbeiten. Das ist keine Schülerzeitung, die wir schreiben, das sind redaktionelle Themen, die wir aufgreifen – von Verpackungsdesign über Büros der Zukunft. Es wird aber auch Produkte geben, die wir verkaufen – einen eigenen Wein, eine Keramikserie. Aber keine Erfolgsbeispiele, keine Firmenlogos.

Wie schafft man mit Zurückhaltung Erfolg?
Das geht aufgrund meiner Historie. Ich bin - aus meiner Sicht - nicht der mutigste Manager der Welt, habe aber 20 Jahre konsequent gearbeitet. Das Netzwerk ist da, ich habe Fehler gemacht, Erfolge gefeiert und ein fantastisches Team. Aber das hier ist keine Pseudo-Insel der Beseelten. Es ist ein lukratives und hoch performantes Business. Es soll scheppern, aber nicht zum Preis der Gesundheit der Individuen.

Konstantin Jakabb: Warum selbst Marcel Hirschers Philosoph mit ihm arbeiten will

Der KURIER zu Besuch bei "tochter" im dritten Bezirk

Konstantin Jakabb: Warum selbst Marcel Hirschers Philosoph mit ihm arbeiten will

Der KURIER zu Besuch bei tochter

Konstantin Jakabb: Warum selbst Marcel Hirschers Philosoph mit ihm arbeiten will

Der KURIER zu Besuch bei tochter

Konstantin Jakabb: Warum selbst Marcel Hirschers Philosoph mit ihm arbeiten will

Mehrere Kunstwerke finden sich in den tochter-Büroräumlichkeiten

Konstantin Jakabb: Warum selbst Marcel Hirschers Philosoph mit ihm arbeiten will

Eines von Konstantin Jakabbs Lieblingsgemälden

Wie stellt man das sicher?
Die Arbeitswelt muss so sein, dass ich das Mensch-Sein nicht bei der Eingangstüre abgebe, sondern dass es den Alltag beflügelt. Trotzdem muss es eine klare Abgrenzung zwischen Arbeitsplatz und Freizeit geben. Das bedeutet: Gesunde Arbeitszeiten und partnerschaftliche Beziehungen mit Kunden. Es ist sicher ein utopischer Zugang, aber daran arbeiten wir sehr hart.

Nach dem Motto "Wir sind eine Familie"?
Die Menschen, die hier arbeiten, müssen nicht befreundet sein und das ist auch keine Familie. Das ist ein hochwertiger, ernsthafter, fairer Arbeitsplatz, in dem man schaut, dass sich die Menschen so weit wie es geht, einbringen können. Ich denke, dass in der Lebensqualität ein großer Teil auch in der Arbeit sein muss. Deshalb finde ich den Ausdruck Work-Life-Balance so furchtbar, weil es so klingt, als würde das Leben erst nach der Arbeit anfangen.

Ein Schritt war, die Jobtitel aufzulösen, aber einen Philosophen zu installieren.
Wir haben Michael Holzer, der früher Marcel Hirscher und Julia Dujmovits beraten hat. Er ist so was wie unser Haus-und-Hof-Philosoph und schaut von außen stark darauf, dass wir an den Dingen, an die wir glauben, auch dranbleiben.

Was Sie persönlich auszeichnet, ist die Liebe zur Gastronomie. Ist das eine private Passion oder ein Geschäft?
Mich hat diese Welt schon immer interessiert. Mein Vater hat das früher wahnsinnig zelebriert – mit fünfstündigen Abendessen in Restaurants. Als Kinder haben wir das gehasst und währenddessen auf der Bank geschlafen. Aber so entstand die Beziehung zu Gastronomen, Köchen, Winzern. Bei tochter kann ich das gut vereinen – aber auch da arbeiten wir sehr ausgewählt.

Sie kommen gerade aus Japan und waren dort im Noma-Pop-up. Das Original soll nächstes Jahr schließen – was löst das in Ihnen aus?
Das Noma beendet Ende 2024 das Konzept, wie man es kennt. Aber der Standort schließt nicht. Die Botschaft, die angekommen ist, ist eine einseitige. Es gibt viele gute Beispiele, dass Spitzengastronomie kommerziell gut funktioniert. Aber es ändert sich sicher etwas: Die Top-Gastronomie wird teurer, aber sicher auch spektakulärer. Es ist nur die Frage, worauf ich mich einlasse. Entscheide ich mich, Geld auszugeben für ein kulinarisches Erlebnis, hat das denselben Wert wie ein Abend in der Oper.

Ihr eindrucksvollstes kulinarisches Erlebnis außerhalb Österreichs?
Es wäre langweilig, wenn ich jetzt Noma sagen würde, obwohl es sicher das Noma ist. Aber – ich bekomme gleich Gänsehaut, wenn ich daran denke – es ist das Asador Etxebarri. Ein Landgasthof-artiges Restaurant im Baskenland, wo alles nur vom Grill kommt. Das war in seiner Bodenständigkeit und Klasse herausragend.

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