Konflikt: Wenn Frauen mehr verdienen als ihre Männer

Geld
Immer mehr Frauen verdienen mehr als ihre Männer. Doch die Rolle der Familienernährerin ist laut einer Studie wenig beliebt. Wie man lernt, selbstbewusst zur weiblichen Finanzvormacht zu stehen.

Wenn am Ende des Monats ein üppiges Gehalt auf dem Konto eintrudelt, ist das ein Grund zur Freude. Eigentlich. Aber für viele Frauen ist ein dicker Gehaltscheck ein Problem – dann nämlich, wenn er dicker ist, als der ihres Lebenspartners. Denn „Ernährerinnen“, also Frauen, die 60 Prozent oder mehr des Familienbudgets verdienen, sind in der vorherrschenden Rollenverteilung zwischen Mann und Frau nicht vorgesehen.
Doch ihre Zahl steigt, jedenfalls in den USA: Dort übernehmen bereits 40 Prozent der Frauen die Ernährerinnenrolle, da typisch männliche Jobs in der Industrie wegfallen, während der Pflegebereich boomt. In Österreich sind laut Statistik Austria nur in 25 Prozent der Mehrpersonenhaushalten Frauen die Hauptverdienerinnen. „Geld ist Macht, darüber lässt sich nicht diskutieren. Selbst in der kleinsten Zelle, der Zweierbeziehung oder Familie“, erklärt Karrierecoach Elfriede Gerdenits. Entwickeln sich die Karrieren eines Paars parallel, kann Mann ganz gut damit leben, wenn die Frau beim Einkommen ein paar Zentimeter die Nase vorne hat. „Dramatisch ist der Rollentausch vor allem für Männer, die aus einem gut dotierten Job rauskippen und plötzlich von ihrer Frau erhalten werden müssen“, so die Beraterin.

Kratzer im Rollenbild

Sarah Speck, Soziologin der Universität Frankfurt hat das Phänomen „Ernährerin“ zusammen mit ihrer Kollegin Cornelia Koppetsch in einer Studie untersucht. In dem dazu erschienenen Buch "Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist" (Edition Suhrkamp Berlin) wird deutlich, wie sehr eine weibliche Finanzvormacht an den Rollenbildern kratzt. Vor allem Frauen aus dem „traditionellen Milieu“ mit einfachen Dienstleistungsjobs versuchen, die Ernährerinnenrolle möglichst schleunigst wieder loszuwerden. Den Machtgewinn nützen sie vor allem als Druckmittel auf den Mann. Die Botschaft lautet: Stelle die „richtige“ Ordnung wieder her, indem du dir einen Job suchst. Noch schwerer mit der neuen Rolle haben es laut Specks Studie Frauen aus dem „individualisierten Milieu“ – Akademikerinnen, die sich nicht selten Selbstverwirklichung im Job und Gleichberechtigung in der Beziehung auf die Fahnen heften. Stolpern sie aber in die Ernährerinnenrolle, lautet ihre Strategie: Verschleiern, dass er sich nicht allein versorgen kann. Ein „Hausmann“ wäre für sie ein Statusverlust.

Ernährerin sein? Nein danke!

Das Thema „Ernährerin“ ist heikel. Auch eine kurze Umfrage unter Österreichs wenigen Top-Frauen, die es in die Aufsichtsräte und Vorstandsetagen geschafft haben zeigt: Niemand will sich gerne in der Rolle präsentieren. „Selbst erfolgreiche Familienernährerinnen tragen ein Quäntchen altes Rollenverhalten in sich“, konstatiert Gerdenits. Auch sie kennt Frauen, die ihr Einkommen kleinreden, um den Partner zu schützen. Wie kann man es besser machen? Gerdenits rät vor allem zur Gelassenheit: „Frauen schätzen das Problem, das Männer mit ihrem höheren Einkommen haben, oft viel größer ein, als es tatsächlich ist.“ Kluge, selbstsichere Männer, so meint sie, die in Frauen mehr suchen als das junge, attraktive Zierpüppchen an der Seite, sehen gut verdienende Frauen ohnedies meist als interessante Erweiterung des eigenen Lebensspielraums. Gerdenits: „Und die anderen, die mit ausgeprägten machoiden Zügen, die werden erfolgreiche Frauen immer als Attacke auf ihr männliches Ego erleben.“

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