Kleine, schicke Musikboutique

Frauen sind am stärksten, wenn sie kurz vor der Geburt eines Kindes stehen." Das sagte ihr ehemaliger Chef Horst Böhm von der renommierten Künstleragentur Dr. Raab & Dr. Böhm. Und bot der damals im siebten Monat schwangeren Helga Machreich kurzerhand an, die Gesangsabteilung des Unternehmens herauszukaufen. Nach anfänglichen Zweifeln und langen Gesprächen mit Anwalt, Coach und Steuerberater entschied sie sich schließlich für den Sprung in die Selbstständigkeit. Aus der Gesangsabteilung, die sie schon seit einigen Jahren leitete, entstand eine eigene GmbH, die Agentur "machreich artists management".

Schon vor der Geburt ihrer Tochter Clara stürzte sich Machreich in die Arbeit. "Am achten Dezember war der Geburtstermin. An dem Tag habe ich um 14 Uhr den Computer ausgeschalten, um 20 Uhr war ich dann im Krankenhaus und habe mein Kind bekommen", erinnert sie sich an die herausfordernde Zeit. Bereut hat sie den Schritt, eine eigene Agentur zu gründen nicht. Sie hat nun die Gelegenheit, eigene Ideen zu verwirklichen und fühlt sich wohl in ihrer Rolle: "Meine Kollegen sagen mir immer, ich sei jetzt viel entspannter als vor der Firmenübernahme."

Kraftakt

Auch wenn im Großen und Ganzen alles gut gelaufen ist und ihr Hürden auf dem Weg zum eigenen Unternehmen kaum zu entlocken sind - für die junge Mutter waren die ersten Monate nach der Gründung ein Kraftakt. Das neugeborene Baby musste überall hin mit - zur Bank, zum Steuerberater und zu wichtigen Terminen mit Kunden.

"Mein Mann war bei Terminen immer dabei, hat auf die Kleine aufgepasst und an die Tür geklopft, wenn es Zeit für eine Stillpause war", erzählt Machreich. Ihr Mann ist ihr im Alltag eine sehr große Stütze. Wie bei ihrem ersten Kind ist auch jetzt der Vater in Karenz und kümmert sich um Kinder und Haushalt. Ihr Wunsch wäre allerdings, dass von der Politik entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, um mehr Paaren diese Möglichkeit zu geben. Sie schätzt sich glücklich, genug Einkommen zu haben, denn dass der Vater bei den Kindern bleibt, gehe "bei vielen Paaren einfach finanziell nicht".

Disziplin ist alles

Schon in den ersten Monaten nach der Geburt hat Machreich von zu Hause aus wieder angefangen zu arbeiten, Verträge mit den Künstlern abgeschlossen und die eigene GmbH gegründet. "Da muss man einfach diszipliniert sein", meint Machreich lapidar. Bei der Zeit, die sie mit ihren Kindern verbringt, kommt es ihr auf die Qualität und nicht auf die Quantität an: "Wenn ich daheim bin, beschäftige ich mich sehr intensiv mit meinen Kindern, und setze sie nicht einfach nur vor den Fernseher."

Erfüllung eines Traums

Auch wenn es eine große Herausforderung und viel Arbeit war: Helga Machreich erfüllte sich mit der Gründung ihrer Agentur einen Traum. Die klassische Musik war immer ihre große Leidenschaft. Schon als Kind war sie musikalisch interessiert. Sie spielte Klarinette in der Blasmusikkapelle und lernte selbst singen. Als die gebürtige Kärntnerin später nach Wien kam, besuchte sie zahlreiche Konzerte und Opernvorstellungen. Selbst professionelle Musikerin zu werden stand für sie allerdings nie zur Diskussion. Die Musik ist ihr Hobby und ihre große Liebe. Schon während ihres Studiums managte sie aber das Orchester der WU Wien, organisierte Konzerte in Paris, Berlin und Prag. In ihrer Agentur hat sie jetzt Größen wie Patricia Petibon, Thomas Quasthoff oder Florian Boesch unter Vertrag. Machreichs Erfolgskonzept ist die persönliche und intensive Betreuung der Sänger und Sängerinnen. Von großen Buchungsbüros ohne persönlichen Kontakt zu den Sängern hält sie wenig: "Ich sehe meine Agentur als kleine, schicke Boutique."

Einen Traum erfüllt ...

Wieso das Ganze?
Weil ich mir mit der Gründung meiner eigenen Agentur einen lang gehegten Traum erfüllen konnte.

Die größten Hürden?
Die Verhandlungen mit meinem ehemaligen Chef über die Ausgliederung waren ein bisschen heikel , sind aber im Endeffekt gut gelungen. Natürlich war es auch ein gewisser Kraftakt zwei Kinder gleichzeitig auf die Welt zu bringen - die Firma und meine Tochter Clara.

Ihr größtes Glück?
Definitiv meine Familie, vor allem meine beiden Kinder.

Die größte Stütze?
Mein Mann.

Das haben wir gefeiert.
Wir müssen erst unsere Agenturgründung feiern, da wird es ein großes Fest geben.

Wohin soll's gehen?
Ich wünsche mir, dass einerseits meine Familie weiterhin so glücklich ist. Andererseits, dass wir auch in der Agentur als gutes Team arbeiten und die Künstler weiterhin so gut betreuen können.