Keine Panik vor der STEOP

Keine Panik vor der STEOP
Die Studieneingangsphase ist reines Knock-out, kritisiertdie ÖH. Die Politik ist mit der Lösung auch nicht happy. Aber es hilft nichts – die Studierenden müssen durch.

Sie haben gesagt: Ihr braucht euch nicht fürchten, lernt einfach brav." Theresa Cristall ist  merkbar wütend auf ihre Professoren. Denn die Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP) hatte ihrer Meinung nach mit Eingang und Orientierung wenig zu tun. Im Vorjahr hat die 19-Jährige die STEOP im Studienfach Germanistik absolviert. "Drei Vorlesungen mussten die Studienanfänger besuchen, schon Anfang November gab es zwei große Prüfungen – eine umfasste zwei Fächer. Und das in einem Abstand von drei Tagen", stöhnt Cristall. Sie lernte wochenlang jeden Tag fünf Stunden, am Ende  noch mehr. Trotzdem scheiterte sie an einer Prüfung. An der Uni Wien gab es damals nur eine zweite  Chance, die STEOP positiv zu schaffen – dann wurde man fürs Studium gesperrt. "Und nicht nur das", sagt Cristall, "hätte ich die Prüfung beim zweiten Antritt nicht geschafft, hätte ich Familien- und Studienbeihilfe zurückzahlen müssen. Das setzt unter Druck."

 

 

Du bist raus

Damit ist Cristall nicht alleine. Zwar hat sich die Uni Wien erweichen lassen, eine dritte Antrittsmöglichkeit für die STEOP-Prüfungen zu schaffen – allerdings nur für jene, die nur bei einer Prüfung gescheitert sind.   Die JKU Linz ist  somit die einzige Uni in ganz Österreich, bei der man nach zwei negativen Prüfungsantritten gesperrt wird, alle anderen erlauben einen dritten Versuch.  "Wir haben ein breites Lehrangebot im Rahmen der STEOP und daher nur zwei Antrittsmöglichkeiten", begründet Herbert Kalb, Vizerektor für Lehre, die Entscheidung.  Kalb meint, damit erfülle die STEOP auch ihren Sinn – nämlich Orientierung fürs Studium zu geben.  An der JKU will man bei den zwei Antritten bleiben.

Die Vizerektorin der Uni Wien Christa Schnabl verteidigt die STEOP, sie diene  als "Brücke ins Studium", die Studierenden würden so merken, ob das Studium das Richtige für sie ist. Die Prüfungsaktivität unter den Studis sei erhöht worden. Nur 273, also zwei Prozent der Studierenden in der STEOP, seien im Studienjahr 2011/’12 von ihrem Studium ausgeschlossen worden.  Ihnen bleibt nur der Neuanfang: Entweder ein anderes Studium wählen oder an eine andere Uni wechseln. In Wahrheit will die Uni Wien den Massenansturm über die STEOP regeln, wie Rektor Heinz Engl bei einer Pressekonferenz unumwunden zugab.   In Fächern mit schlechten Betreuungsrelationen wie Biologie oder Wirtschaftswissenschaften sollte bisher keine Prüfung  über die Aufnahme entscheiden, sondern die Absolvierung der STEOP plus die Festlegung einer bestimmten Anzahl von Studienplätzen.

Vergangene Woche wurden die Gerüchte um Zugangsbeschränkungen in diesen beliebten Fächern aber mehr oder minder  bestätigt: Wissenschaftsminister  Karlheinz Töchterle stand am Donnerstag  laut  eigener Aussage bereits kurz vor einer Einigung mit SP-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl über  Beschränkungen. Ob es sich wie spekuliert  tatsächlich um die Fächer Architektur, Biologie, Pharmazie, Informatik und Wirtschaftswissenschaften handelt, war zu Redaktionsschluss nicht bekannt. "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie die Regierung die Bildungschancen junger Menschen zerstört", kündigt die ÖH Widerstand  an. Die ÖH  spricht sich naturgemäß auch stark gegen die STEOP aus. Sie diene nicht der Orientierung im Studium, sondern werde als Knock-out-Phase missbraucht. Die Studierenden würden  unter Druck gesetzt  "und die häufig eingesetzten Multiple Choice Prüfungen sind didaktisch absolut nicht dazu geeignet, die Eignung für ein Studium festzustellen", so ÖH-Generalsekretär Peter Grabuschnig. Aber auch Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle gehört zu  den Skeptikern: "Das heutige Modell ist unehrlich, es war ein Kompromiss, den meine Vorgängerin (Beatrix Karl, Anm.) eingehen musste", sagt er im KURIER-Gespräch.  

 

Gegen Prüfungsangst

Ganz alleine  traut man sich die Studis irgendwie doch nicht zu lassen. Viele  Unis bieten inzwischen Mentoring-Programme an. Student Robert Leonhardt hat als Mentor im Wintersemester 2011 Studienanfänger der Politikwissenschaft an der Uni Wien  betreut: "Die STEOP sorgt für viel Angst, schließlich entscheidet sie über den weiteren Studienverlauf." Viele seiner Mentees seien erst beim zweiten Prüfungstermin im Jänner zum ersten Mal angetreten. Das Problem: Man verliere wertvolle Zeit, "kann  darauf aufbauende Lehrveranstaltungen erst im nächsten Semester besuchen". Über das Mentoring haben sich die Studienanfänger zu  Lerngruppen zusammengetan. "Es ist ganz wichtig, sich mit anderen Studierenden zu vernetzen, sich auszutauschen und gemeinsam zu lernen", so Leonhardt.  Und er  warnt vor Panik: "Es ist kein Weltuntergang, eine Prüfung nicht zu schaffen. Dann  muss man sich in Ruhe auf den zweiten Anlauf konzentrieren." Auch Cristall rät die STEOP ernst zu nehmen: "Die Studierenden sollten sich wirklich darauf konzentrieren, keine anderen Lehrveranstaltungen machen und von Anfang an gut mitlernen." Es wird ein heißer Herbst.

STEOP kurz und knapp

Die Studieneingangs- und Orientierungsphase wurde im Wintersemester 2011 an elf Unis eingeführt. Zuvor waren bei Vorlesungsprüfungen drei bis vier Antritte möglich. Laut Gesetz müssen zumindest zwei Prüfungsantritte gewährt werden, alle Universitäten bis auf die JKU Linz gewähren autonom drei Antritte. Der Umfang der STEOP beträgt je nach Studium 15 oder 30 ECTS-Punkte  – meist  zwei oder drei Einführungsvorlesungen. Die ersten Prüfungstermine finden je nach Studium im November bzw. Dezember statt. Erst wenn alle Prüfungen bestanden wurden, können weitere Lehrveranstaltungen absolviert werden. Ausgenommen von der STEOP sind Publizistik, Psychologie und Sportwissenschaft.  

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