Kamingespräche mit ÖBB-Chef Kern
Chefsessel. Er wusste, dass er darauf einmal Platz nehmen will. Christian Kern spricht offen über seine Karriereplanung. Kein Zufall. Kein "zur rechten Zeit am rechten Ort". Kein Glück, denn: "Ich seh's wie Kreisky: Was bitte macht ein Depperter mit dem Glück?". Sein Plan war, sich vom Assistenten - "eine strategisch günstige Position" - in den Vorstand zu entwickeln. "Damals stand eine ganze Manager-Generation vor der Pension. Gute Chancen für junge Führungskräfte", erzählt Christian Kern von seiner Zeit beim Verbund. 1997 hat er dort als Assistent begonnen, zehn Jahre später war er Mitglied des Vorstandes. "Ohne die Förderung durch meinen Chef Hannes Sereinig hätte das aber nicht geklappt."
Seit 2010 ist er nun CEO der ÖBB-Holding. Kern: "Für einen Buben aus Simmering ist das ein weiter Weg." Die Zusage für diesen Job habe er sich sehr lange überlegt. Er musste sich ein Überlebenskonzept zurechtlegen. Die ÖBB sind zu hundert Prozent in staatlicher Hand. Trotzdem hat sich Kern ein beachtliches Maß an unternehmerischer Freiheit geschaffen: "Ich mach's. Aber ich habe keine Angst, den Job wieder zu verlieren. Zu viel Harmoniebedürfnis darf man nicht haben. Konflikte sind Teil der Jobdescription". Sein Verhältnis zur Politik beschreibt er als "vernünftig". Und: "Bestimmte Dinge machen wir einfach nicht". Da sei ihm sein Ruf als Manager wichtiger.
Inside ÖBB
Vom Betrieb ÖBB ist Christian Kern sichtlich angetan. Er spricht vom Stolz der Mitarbeiter und einer Loyalität, die über Generationen geht. "Das sind echte Eisenbahner", sagt er, und beschreibt die Atmosphäre in den Lehrwerkstätten. "Wir haben 1900 Lehrlinge. Wenn man die ÖBB wirklich kennenlernen will, dann geht man in die Lehrwerkstätten." Die Ausbildner und Lehrlinge dort seien unbeschreiblich engagiert.
Kern selbst ist offenbar auch zum echten Eisenbahner geworden. "Von meiner Aufgabe bin ich hundertprozentig gefangen". In puncto Lebensqualität sei das aber "eher eine Fehlentscheidung gewesen: Ich gehe abends mit Eisenbahnerzeitungen ins Bett".
Neben dem Engagement sei Leidenschaft eine Tugend, die einen guten Manager ausmacht. Dazu ein hohes Maß an Selbstreflexion. "Und man braucht jemanden, der einem auch sagt, dass man etwas komplett versemmelt hat."
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