Wir diskutieren täglich, ob wir genügend Frauen in der Zeitung haben. Es ist oft schwierig, sie zu kriegen.
Stereotype und Sozialisation machen auch nicht vor den Expertinnen halt. Frauen wird anerzogen, dass sie ruhig sein sollen, sich im Hintergrund halten sollen, das schlägt da durch. Aber es liegt wahrscheinlich auch an den Männern, die sich gerne in den Vordergrund drängen, auch wenn die Expertise nicht hundertprozentig da ist.
Das Zeitungsanalyse zeigt: 2018 waren Frauen präsent, 2022 deutlich weniger. Was ist da passiert?
2018 gab es eine große Gewaltdebatte. Und auch da sind schon die anderen Themen wie Lohngerechtigkeit oder Altersarmut in den Hintergrund gerückt. Die Krisen und vor allem die Corona-Pandemie haben alle anderen Themen in den Schatten gestellt. Wir sollten erkennen, dass Gleichstellung und Frauenpolitik keine Luxusthemen sind, die man dann heraus holt, wenn es gerade passt.
Frauen lassen sich vielleicht auch zu leicht in den Hintergrund drängen.
Ja, und gerade die Corona-Pandemie hat die Frauen zusätzlich in die Haushalte gedrängt. Das wirkt bis heute.
Es gibt Gender-Gaps beim Einkommen, beim Taschengeld, beim Investment, bei der Pension. Warum?
Da sind wir wieder bei den Zuschreibungen, die Mädchen in der Gesellschaft haben: Sie bräuchten weniger Taschengeld, arbeiteten gerne Teilzeit, da sind viele Rollenvorstellungen im Kopf. Und die behindern.
Dort, wo Geld ist, ist auch Macht, Einfluss und Gestaltungsfreiheit. Oft hat man aber den Eindruck, dass Frauen nicht viel Interesse an Geldthemen haben.
Wir reden in Österreich so gut wie nie übers Geld, Frauen schon gar nicht. Wir haben ja auch keine Gehälter-Transparenz. Wir müssen jedoch aufpassen, wenn es um die Geldanlage geht: denn Frauen haben eben viel weniger Geld zur Verfügung, weil sie weniger verdienen.
Eine Grafik in der Studie zeigt besonders deutlich, wie das Einkommen von Frauen über das Leben verläuft. In den ersten Jahren ähnlich wie bei den Männern, dann der große Knick mit dem (ersten) Kind.
Es gibt viele Faktoren, die Frauen beim Einkommen zurückwerfen, Kinder und die Teilzeitarbeit besonders, die oft viel zu lange verfolgt wird. All das hat massive Auswirkungen auf alles, was danach kommt. Vor allem für die spätere Pension.
Wichtig wäre also, die Teilzeit-Phase kurz zu halten.
Und hoch, also mit vielen Wochenstunden.
Die Frauenpension liegt im Schnitt bei 1000 Euro…
Ja, das ist der direkte Weg in die Altersarmut für ganz viele Frauen, vor allem wenn sie alleine leben.
Bei Frauen in Führungspositionen gibt es leichte Zuwächse. Da wirken auch neue Richtlinien (etwa ESG), die von Firmen stärker verfolgt werden müssen. Ist so ein äußerer Druck notwendig für Veränderungen?
Ich fürchte ja. Wir sehen, dass Quoten und Richtlinien wirken. Und dort findet man dann auch die Frauen, die man braucht.
Wie sehr liegt die Sichtbarkeit von Frauen an den Frauen selbst?
Ich möchte Frauen ermuntern, dass sie sich mehr trauen. Mehr zutrauen. Und dass sie sich bei Job-Entscheidungen genauso überschätzen wie die Männer.
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