Industrie und Technik: Die Zukunft ist weiblich

Industrie und Technik: Die Zukunft ist weiblich
Technische Betriebe suchen qualifizierte Lehrlinge. Dabei begeistern traditionelle Männerdomänen zunehmend auch Mädchen.

Es ist laut in der Produktionshalle und es riecht nach Holz. Mitarbeiter in braunen T-Shirts laufen geschäftig hin und her, dazwischen brummen laut die Maschinen. Mitten in all dem Trubel steht Daniela Rennhofer – Brille, freches Lächeln, die langen Haare zum Pferdeschwanz gebunden – vor einer zugewiesenen Holzkonstruktion. Was jetzt noch aussieht wie ein überdimensionierter Pressholzschrank mit Löchern in den Wänden, soll bald als luxuriöse Inneneinrichtung einer Yacht auf den Weltmeeren schippern. „Wenn man erst das rohe Material in der Hand hält und dann wird es Schritt für Schritt zum fertigen Möbelstück – das macht mir jedes Mal Freude“, erzählt die angehende Tischlerin. Ihre Lehre macht sie bei F/List. Das niederösterreichische Großunternehmen hat sich auf die Ausstattung von Privatjets und Yachten spezialisiert.

Von den rund 106.600 österreichischen Lehrlingen in 28.866 Ausbildungsbetrieben ist nur jeder Dritte weiblich. In die technischen Berufe zieht es deutlich mehr junge Männer als Frauen. Die meisten weiblichen Lehrlinge arbeiten immer noch im Einzelhandel oder im Büro. Doch die Dinge ändern sich. „In den vergangenen Jahren haben die Bewerbungen angehender Tischlerinnen zugenommen“, bestätigt Rennhofers Ausbilder Markus Bauer. Dass sich Mädchen vermehrt in technische Lehrberufe wagen, ist wichtig.

Wirtschaft im Wandel

Die Wirtschaft ist im Wandel und die Zahl der Lehrstellen in Österreich sinkt. Im Jahr 2000 gab es noch 20.000 Lehrlinge mehr als heute. Alleine in der größten Sparte Gewerbe/Handwerk werden heute um ein Drittel weniger Lehrlinge ausgebildet als noch zur Jahrtausendwende. Einzig in der Sparte Transport/Verkehr ist in diesem Zeitraum die Zahl der Lehrstellen um ein Fünftel gestiegen. In der Industrie liegt die Zahl relativ konstant bei rund 15.000.

Sandra Pürrer hat vor 15 Jahren ihre Lehre bei F/List gemacht, heute bildet sie als Abteilungsleiterin selbst Lackiertechnik-Lehrlinge aus. Bei der Auswahl der zukünftigen Fachkräfte achtet sie neben Motivation besonders auf technisches Geschick und räumliches Vorstellungsvermögen. „Im Bereich Lackierung gibt es viel Innovationspotenzial. Das ist Nervenkitzel, mein Herz ist einfach aufgegangen dabei“, schwärmt die Oberflächenspezialistin. Sie beobachtet, dass heute Automatisierung und Robotik eine zunehmend große Rolle spielen. „Gleichzeitig sind wir in der Forschung und Entwicklung gefordert, die Lacke selbst zu verbessern. Hier geht es etwa um Recycling und Brandschutzsicherheit, speziell in der Flugzeugbranche.“

Einfluss auf Ausbildung

Die technologische Entwicklung wirkt sich auch auf die Ausbildung aus. Die Anforderungen an die Lehrlinge sind heute andere, als noch vor 15 Jahren. „Unsere Lehrlinge lernen immer noch das Handwerk, wir bereiten sie aber darauf vor, dass sie in Zukunft auch mehr am Computer arbeiten.“ Die Firma F/List testet derzeit den Einsatz von Augmented Reality. Noch ist man in der Pilotphase. Doch bereits in wenigen Jahren könnten heutige Lehrlinge wie Daniela Rennhofer die virtuelle Realität zur Maschinenwartung einsetzen.
Dass sie ihrem Ausbildungsbetrieb nach der Lehre treu bleiben will, ist für Rennhofer fix: „Ich will bleiben um die Meisterprüfung zu machen. Und irgendwann will ich zur Teamleiterin aufsteigen.“ Dann wird vielleicht auch sie motivierte Mädchen zu Facharbeiterinnen ausbilden. - Andrea Vyslozil

Kommentare