Im Bett mit der Arbeit
Dienstag 22.17 Uhr, das Smartphone vibriert. "Liebe KollegInnen. Meeting morgen, 12 Uhr. Bitte um Präsentation der aktuellen Zahlen", schreibt der Chef im eMail. Den Empfängern wurde soeben die Nacht versaut, der Schlaf geraubt. Ihr innerer Motor ist vom abendlichen Leerlauf wieder in die Gänge gesprungen. Die Gedanken, die soeben noch beim Partner, dem Film oder dem Feierabend-Drink waren, sind jetzt weit weg. Im Büro, bei der Präsentation, bei den Zahlen. Bis der Körper wieder auf Entspannung schaltet, vergeht viel wache Zeit. Warum? Weil wir immer erreichbar sind und somit auch immer gestört werden können. Das ermöglichte der Arbeit, in den vergangenen Jahren dort einzudringen, wo sie auf keinen Fall hingehört: ins Bett.
Schlaflose Manager
Einer Studie der Max-Grundig-Klinik zufolge leiden zwei Drittel der Manager an Schlafstörungen. Besonders Frauen sind betroffen, aber auch Männer über 45. Die Gründe: Berufliche Belastungen und das Hineinarbeiten in den Abend. Die Folgen: Unausgeglichenheit, Stimmungsschwankungen und damit einhergehende Leistungseinbrüche am nächsten Tag.
Eine Umfrage der Personalberatung Heidrick & Struggles unter 1225 deutschen Top-Managern ergab weiters, dass 42 Prozent der Manager nur fünf Stunden lang schlafen. Yahoo-Chefin Marissa Mayer sagte in einem Interview, sie komme auf nicht mehr als vier Stunden pro Nacht. Das ist nicht nur strapazierend, das macht auf Dauer krank. Schlaflosigkeit schlägt aufs Herz. Die französische Wissenschafterin Virginie Godet-Cayré fand heraus, dass Wenig-Schläfer deshalb krankheitsbedingt sechs Tage im Jahr fehlen. Diejenigen, die lange und ruhig durchschlafen können, hingegen nur 2,4 Tage.
Smartphone-Sklaverei
Eine große Beihilfe zur Schlaflosigkeit leistet das Mobiltelefon. Wer bis spät in die Nacht erreichbar bleibt, leidet doppelt. "Smartphones sind perfekt dafür designt, um unseren Schlaf zu zerstören", sagt Russel Johnson, Management Assistenz-Professor an der Michigan State University in den USA in seiner Studie.
Er erforschte, dass das grelle Licht (das bei Smartphones intensiver als beim Fernseher oder Laptops ist) die Melatonin-Produktion im Körper stört, was eine vollständige Erholung im Schlaf unmöglich macht. Je länger man in einem dunklen Raum ins Handy starrt, desto stärker die Wirkung. Johnson: "Handynutzung nach 21 Uhr macht am nächsten Tag unproduktiv und träge." Er spricht sogar von einem verkaterten Gefühl am Morgen.Weiters hindere sie uns am Abschalten von der Arbeit. Liegt das Handy am Nachtkästchen, bleibt das Gehirn in Alarmbereitschaft. Sein Tipp: Smartphone am Abend abdrehen. Jedoch sind mittlerweile 84 Prozent der Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit für Geschäftliches erreichbar.
Dieser Smartphone-Sklaverei wollen bereits ein paar Firmen ein Ende setzen. Der VW-Konzern etwa fährt die Server der Firmen-Handys eine halbe Stunde nach Ende der Gleitzeit herunter. An ähnlichen Regelungen wird derzeit bei E.ON, Puma, BMW und der deutschen Telekom gearbeitet. Weil die Arbeit wieder dorthin zurück soll, wo sie hingehört – in die Arbeit.
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