„Ich mag Sie, arbeiten Sie für uns“
Thomas ist perfekt für die ausgeschriebene Stelle. Er hat das Richtige studiert, kennt sich in der Branche aus und brilliert mit Zusatzqualifikationen. Das Vorstellungsgespräch ist sachlich, er professionell. Nach zwei Tagen bekommt er den erwarteten Anruf vom Unternehmen. Mit einer unerwarteten Antwort. Absage.
Thomas’ Schicksal ist kein Einzelschicksal. Vielen Arbeitssuchenden geht es so. Sie sind die höchstqualifizierten Bewerber und kriegen den Job doch nicht. Eine U.S. amerikanische Studie liefert nun eine mögliche Erklärung dafür.
„Natürlich suchen Arbeitgeber nach Mitarbeitern, die ein solides Wissen für ihren Job mitbringen. Darüber hinaus möchten sie aber mit Menschen arbeiten, mit denen sie potenziell befreundet sein möchten oder gar eine romantische Beziehung eingehen würden“, sagt Studienautorin Lauren A. Rivera von der Northwestern University den Medien gegenüber. Ihre Studie „Hiring as Cultural Matching“ ist weltweit die Erste, die mit systematischer, empirischer Forschung bestätigt, dass nicht alleine das Können, sondern die Chemie zählt. Rivera schreibt, dass kulturelle Spezifika wie Freizeitgestaltung, familiärer Hintergrund und die Selbstpräsentation bei der Auswahl des Bewerbers ausschlaggebend sind. Das hätte sie bei der Befragung von 120 Personalverantwortlichen erfahren. Für mehr als die Hälfte der Befragten sei überhaupt das Wichtigste, dass beim Bewerbungsgespräch der Funken überspringe.
„Das Forschungsergebnis überrascht mich wenig. Denn die Besten sind nicht notwendigerweise jene Personen, die den besten Fit zu den Anforderungen bieten“, sagt Psychologe und Wirtschaftsexperte Erich Kirchler von der Universität Wien. Er beteuert, dass Mitarbeitern die Chance gegeben werden muss, im Arbeitsteam aufgenommen zu werden. Fähigkeiten alleine würden hierzu nicht ausreichen.
Manuela Lindlbauer, HR Expertin und Geschäftsführerin einer Personalrecruitingfirma bestätigt das Studienergebnis ebenso. „Sympathie ist die halbe Miete“, sagt sie. Natürlich sei die Kompetenz Voraussetzung dafür, dass einem der Bewerber überhaupt gegenüber sitzt. Aber wenn man die Wahl zwischen drei gleichqualifizierten Bewerbern hätte, würde man sich für den entscheiden, mit dem man auf einer Wellenlänge ist. Sie betont aber, dass Gefühle beim professionellen Recruitingprozess für Kunden außen vor gelassen werden sollten. Hier müsse man neutral bleiben. Wird jedoch jemand für das eigene Team gesucht, darf auf Gefühle und Emotionen wieder gehört werden. „Ich würde mir keinen unsympathischen Menschen ins Büro nebenan setzen. Das hätte keine Zukunft. Denn wenn man sich von Beginn an nicht mag, ist das Arbeiten schwer.“ Lindlbauer glaubt nicht daran, dass die Effizienz des Betriebes darunter leiden würde, weil nicht der „Beste“ eingestellt wurde. Es wäre vielmehr förderlich für das Unternehmen. Denn der Wohlfühlfaktor wäre größer, die Teams sogar produktiver und loyaler. Die Wichtigkeit von einem kulturellen Matching wäre jedoch von den technischen und sozialen Anforderungen an den Bewerber abhängig, beteuert Rivera. „Wenn Sie einen Neurochirurgen suchen, würde ich den Fokus dann doch mehr auf sein Können als die kulturelle Kompatibilität richten.“
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