„Hochschlafen gibt’s nicht“

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Eine anonyme Top-Managerin über Karriere und Männerbusiness

Sie ist Top-Managerin in einem deutschen Konzern. Sie spricht schonungslos. Ihren Namen verrät sie im eMail-Interview nicht.

KURIER: Frau Anonyma, überrascht Sie die Sexismus-Debatte? Was wurde da losgetreten?

Anonyma: Oftmals braucht es nur einen kleinen Anlass, um große Debatten loszutreten. Die Reaktionen zeigen, dass Sexismus ein Thema ist, das latent vorhanden war. Allerdings ist damit auch eine Verunsicherung auf Seiten der Männer eingetreten, die sich fragen, was im lockeren Umgang mit Frauen noch erlaubt ist und was nicht. Ob Rainer Brüderles im Altherrenstil gehaltene Bemerkungen allerdings dezidiert sexistisch sind, ist doch zumindest fraglich.

Inwieweit ist Sex Thema im Geschäftsleben?

Für mich persönlich war es nie ein Thema.

Anders gefragt: Können Frauen mit Attraktivität punkten?

Hübsche junge Frauen sind oft im Vorteil, wenn es um die Besetzung von Praktikanten- oder Traineestellen geht. Männer holen sich dann gerne mal einen attraktiven Hingucker in die Abteilung. Doch je weiter eine Frau es nach oben schafft, desto dünner wird die Luft, wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Kompetenz in den Fokus zu stellen. Wer als Frau mit Attraktivität kokettiert, findet sich schnell auf dem Abstellgleis wieder, man reduziert diese Frauen auf ihr Äußeres, traut ihnen jedoch nicht zu, eine Leitungsfunktion adäquat auszufüllen.

Können sich Frauen hochschlafen?

Nein. Allenfalls eine Rangstufe höher, aber auch das ist extrem riskant.

Sie wollen anonym bleiben,wieso?

Ich beschreibe Erfahrungen, die Frauen im oberen Management überall in Deutschland machen können, sobald sie es nur noch mit Alphatieren zu tun haben. Ich würde durch die Nennung meines Namens die Art von Öffentlichkeitsarbeit leisten, die kein Unternehmen gerne sieht.

Wie beschreiben Sie Ihr Karriere­leben?

Als interessante Erfahrung in einer anderen Welt.

Was fordert Sie am meisten?

Die Gratwanderung zwischen „Wie muss ich mich verhalten?“ und „Wie möchte ich mich verhalten?“.

Was finden Sie nicht fair?

Dass Männer Frauen gerne verallgemeinernd als schwierig einstufen, wenn sie eine andere Meinung vertreten.

Was ist schön an einem erfolgreichen Karriereleben?

Mir gefällt es, Entscheidungen von großer Tragweite treffen zu können. Ich mag es, mich mit meinen eigenen Methoden in Verhandlungen zu behaupten und oft auch durchzusetzen. Ich lebe gern ein Leben ohne Geldsorgen.

Was mögen Sie gar nicht?

Durch die vielen Stunden, die ich für das Unternehmen im Einsatz bin, habe ich kaum Freizeit. Es ist schwierig, ein funktionierendes Privatleben mit Freunden und Familie zu gestalten. Weibliche Führungskräfte sind da doppelt im Nachteil. Zwar arbeiten auch ihre männlichen Pendants enorm viel, doch eine Frau, die Karriere machen will, muss immer noch eine Schippe mehr drauflegen.

Männer beherrschen Chefetagen: Was können sie besser?

Viele Männer können sich vielleicht schneller auf ein Thema fokussieren und finden in der Regel auch zügiger zu einer Entscheidung. Männer können sich sicher besser verkaufen und Zweifel an ihrer Performance durch zur Schau gestelltes Selbstbewusstsein im Keim ersticken. Männer haken Niederlagen schneller ab, sind meistens nicht sehr nachtragend.

Was können Frauen besser und warum nützen das Unternehmen nicht stärker?

Frauen wägen Risiken sorgfältiger ab, was natürlich den Entscheidungsprozess verlangsamt. Sie können Gesprächspartner und Situationen besser einschätzen, weil sie oft mehr Gespür für die Befindlichkeit ihres Gegenübers haben. Frauen kommunizieren in der Regel mit Mitarbeitern aller Ebenen, um ihre Belange zu verdeutlichen. Der Grund dafür, dass erschreckend wenig Frauen an leitender Stelle tätig sind, liegt darin, dass Männer darüber entscheiden, wer für einen Managementjob ausgewählt wird. Welcher Mann holt freiwillig eine Frau in den Männerclub der Führungsspitze unter Inkaufnahme der Gefahr, dass plötzlich vieles anders läuft?

Was sind die größten Karriere-Hemmnisse für Frauen?

Wer meint, als Frau wie ein Mann auftreten zu müssen, hat schon verloren. Wer ackert ohne Unterlass und kein Wort darüber verliert, wird mit seiner Leistung gar nicht wahrgenommen. Wer Vorgesetzte hat, die Stellen ausschließlich nach männlichen Kriterien vergeben, beißt sich auf dem Weg nach oben die Zähne aus.

Wieso haben Sie es bis in die Top-Etage geschafft?

Ich bin Frau geblieben. Ich habe meine Kollegen und Vorgesetzten immer mit Respekt behandelt. Ich trete sicher und selbstbewusst auf, ohne dominant zu wirken. Ich versäume es nicht, über die viele Arbeit, die ich leiste, auch zu sprechen.

Was sollten sich Frauen besser abgewöhnen?

Frauen könnten versuchen, Dinge nicht zu persönlich zu nehmen. Sie müssten einfach ein bisschen härter im Nehmen sein, denn der Umgangston in Diskussionen und Verhandlungen ist eben oft rau. Bescheidenheit führt auf der Karriereleiter zu gar nichts. Frauen, die den Weg ins Topmanagement einschlagen, sind oft extrem kompetent. Ihrem Fortkommen nicht förderlich ist der Wunsch, immer und überall recht behalten zu wollen.

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