Herlitschka: „Frau sein allein ist kein Programm“

Herlitschka: „Frau sein allein ist kein Programm“
Die neue Infineon-Technik-Chefin drang in eine Männerbastion ein und will mehr Frauen für Spitzenjobs.

Seit Anfang der Woche ist die 45-jährige Sabine Herlitschka verantwortlich für Technik, Innovation, Forschung & Entwicklung beim Halbleiter-Konzern Infineon Austria in Villach. Im KURIER-Interview spricht sie über nicht vorhandene Karrierepläne, Männerwelten und Frauenförderung.

KURIER: Wie schwer war es, als Frau in die Vorstandsetage eines Technologie-Unternehmens zu kommen?

Sabine Herlitschka: Ich habe mir das nie vorgenommen, nie gesagt, ich will in fünf Jahren diese oder jene Position haben. Für mich ist es wichtig, dass mich ein Thema inhaltlich sehr interessiert.

Wie lief es konkret?

Frau Kircher-Kohl (Infineon-Vorstandschefin, Anm.) hat mich in den USA angerufen, wo ich gerade beruflich tätig war. Ich habe mich zuvor für die TU-Graz als Rektorin beworben und war in der Folge im Dreier-Vorschlag, bevor der interne Kandidat gewählt wurde. Ich hab’ mich dann für Infineon entschieden.

Wie haben denn die überwiegend männlichen Forscher bei Infineon auf ihre neue Chefin reagiert?

In meinem Fall war es ja noch schlimmer. Ich bin zwar Technikerin, aber dennoch eine Quereinsteigerin, da ich nicht aus der Halbleiterbranche komme. Die ersten Monaten waren aber sehr spannend, und ich bin auf viel Interesse gestoßen. Die Reaktionen waren von Erstaunen, sehr viel Offenheit und Interesse an Diskussionen und anderen Sichtweisen geprägt.

Wie groß ist Ihr Spielraum, eigene Ideen einzubringen?

Die Innovation ist das Herzstück von Infineon und Österreich hat die Geschäftsverantwortung für fünf Produkt-Segmente. Da geht es um Verantwortung, um das Unternehmen und um den Standort. Die Halbleiterei ist ja wettbewerbsintensive Branche. Man muss sich jeden Vorsprung ganz bitter erkämpfen. Wenn wir etwa bei 300 Millimeter Dünnwafer-Technologie zwei Jahre Vorsprung haben klingt das nach sehr viel, aber wir sind täglich mit der Konkurrenz und dem Preisverfall konfrontiert.

Was sehen Sie als Ihre wichtigste Aufgabe?

Wie wir mittelfristig den Standort Österreich gut absichern können. Dazu brauchen wir eigene Kompetenz, aber auch strategische Netzwerke mit Universitäten und Forschungspartnern, um am Puls neuer Entwicklungen zu sein. Keine Organisation kann heute mehr alles allein machen.

Infineon will den Frauenanteil, auch in der Führungsebene, erhöhen. Wie?

Mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen, angefangen von Mentoring, über Kindergarten mit Technik-Bezug, Netzwerken bis zu der Möglichkeit zur Teilzeit-Führungskraft. Mich beeindruckt ein US-Schülerprojekt, das wir seit 2008 bei Infineon haben. Dabei geht es in enger Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern darum, Schülerinnen und Schüler für Technik zu begeistern. Insbesondere Mädchen beteiligen sich daran. Langsam greifen die Maßnahmen. Bei den Neueinstellungen sind schon 22 Prozent Frauen. Insgesamt sind bei Infineon erst 14 Prozent Frauen. Bis 2015 wollen wir auch zehn Prozent Frauen in Führungspositionen.

Es heißt immer wieder, Frauen trauen sich zu wenig zu. Wo haben Sie Mut und Selbstvertrauen gelernt?

Durch das Wissen, wenn ich etwas machen will, muss ich mich darum bemühen. Die Dinge kommen nicht von allein und ich lasse sie nicht gerne treiben. Wenn mir etwas wichtig ist, setze ich mich dafür ein.

Sind Sie für gesetzliche Frauenquoten im Vorstand?

An den Universitäten finde ich verpflichtende Quoten gut. Nicht weil ich blind den Quoten vertraue, sondern weil es die Aufmerksamkeit erhöht. Auf einmal suchen Rektorate gezielt nach geeigneten Frauen ...

Aber keine Frau will eine Quotenfrau sein?

Nein, ich natürlich auch nicht. Aber Quoten sind eine Übergangsregelung, um gesellschaftliche Entwicklungen zu verstärken. Bei Unternehmen ist eine Quotenregelung auch aufgrund der großen Unterschiedlichkeiten der Branchen schwieriger zu definieren.Über allem steht natürlich die Qualifikation, Frau sein allein ist kein Programm. Es muss auch normal sein, dass Frauen genauso reüssieren wie scheitern können und dürfen.

Zur Person: Sabine Herlitschka

Privat Geboren 1966 in Pfarrkirchen/Deutschland, aufgewachsen in Salzburg. Verheiratet, keine Kinder, pendelt zwischen Villach, Wien und München, Hobbys: Sport, Lesen.

Ausbildung Studium der Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur in Wien, Dissertation und Post Doc in der industriellen Forschung eines Biotech-Konzerns MBA in „General Management“.

Berufslaufbahn Ab 1990 Forschungstätigkeit bei der Immuno AG, danach stv. Direktorin des BIT, Büros für internationale Forschungs- und Technologiekooperation; von 2003 bis 2006 Vizerektorin an der Medizinischen Universität Graz; von 2006 bis 2010 Bereichsleiterin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, wo sie für internat. Programme zuständig war. 2010 Uni-Aufenthalt in den USA.

 

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