Graue Haare stören graue Zellen nicht
Ältere sind zu teuer, zu unflexibel, zu wenig lern- und veränderungsbereit, können zu wenig mit neuen Technologien anfangen, sind zu häufig krank – Karin Steiner (abif) kennt die Vorurteile, mit denen ältere Arbeitnehmer konfrontiert werden. Für das AMS hat die Forscherin in einer Studie untersucht, wie man Menschen über 40 – so früh gilt man in manchen Branchen als alt – besser in den Arbeitsmarkt integrieren könnte.
Dass die demografische Entwicklung das nötig macht, wird seit Langem gepredigt. Allein, in der Realität wird meist übersehen, dass ein 50-Jähriger noch mindestens 15 produktive Jahre vor sich hat. „Aus der Studie geht hervor, dass es zu keinem Umdenken gekommen ist. Weder in den Köpfen der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer“, sagt Steiner. Ein reines Anheben des Pensionsalters wird nicht helfen. Aber es gibt Ansätze: In Finnland hat man mit dem Anheben der Erwerbsquote eine Öffentlichkeitskampagne für Ältere verbunden – mit Erfolg.
Schlechtes Image
In Österreich hingegen ist das Image der Älteren schlecht. Erfahrung zählt wenig – außer bei Selbstständigen, wo viele auch betagt noch gut im Geschäft sind. Dass Arbeitnehmer ab 50 Jahren in Betrieben oft kategorisch abgelehnt werden und nicht einmal die Chance auf ein Bewerbungsgespräch bekommen, ist Usus. Auch nach Inkrafttreten des Gleichbehandlungsgesetzes wird nicht weniger diskriminiert, dies aber besser verschleiert.
Statt Altersangaben liest man „passend in ein junges dynamisches Team“ in den Stelleninseraten. Ältere bekommen so das Feedback, nicht mehr gewollt zu sein: „Sie haben oft große Ängste – das AMS ist nicht zögerlich beim Austeilen von Strafen – sind psychisch angeschlagen und es fällt ihnen schwer, sich selbst zu helfen oder Hilfe anzunehmen“, analysiert Peter Hauser, Älteren-Coach aus Salzburg. Mit einem Job verlieren viele auch das Gefühl der Wertschätzung.
Während Firmen gefordert sind, Alter nicht als Negativ-Faktor zu sehen, sind die Älteren aufgerufen, am Ball zu bleiben. Aber: „Das Thema lebenslanges Lernen sollte nicht als Drohung über allen Menschen stehen, sondern muss stärker strukturiert werden“, warnt Ruedi Winkler vom Verein Valida (Schweiz). Sein Vorschlag: „Eine Weiter- oder neue Ausbildung zwischen 45 und 50 müsste fixer Bestandteil des Bildungsverlaufs werden, vergleichbar mit dem Selbstverständnis einer weiteren Schulbildung nach der Volksschule.“
Regelmäßig updaten
Derzeit ist das noch Zukunftsmusik. Einig sind sich die für die Studie befragten Experten jedenfalls darüber, dass Erwerbsbiografien zunehmend brüchig werden. Arbeitnehmer müssen verstärkt „dahinter sein“, den Anschluss an neue Technologien und neue Entwicklungen am Arbeitsmarkt nicht zu verlieren. „Es wird notwendig, regelmäßig upzudaten“, formuliert Walter Tremmel von der Arbeitsstiftung Burgenland.
Noch geht der Trend aber in die andere Richtung: „Wir sehen, dass man sich mit zunehmendem Alter immer weniger weiterbildet. 15 Jahre vor der Pension geht die Weiterbildungsteilnahme gegen null“, erklärt Steiner. Hier ist ihrer Meinung nach ein Umdenken nötig: „Es ist nicht rational, einen Jüngeren fortzubilden, der vielleicht in drei Jahren kündigt, hingegen bei einem Älteren, der noch zehn Jahre im Betrieb arbeiten kann, nicht in die notwendige Weiterbildung zu investieren.“
Niedrige Quote
Aber: Noch kalkulieren Firmen, dass ältere Mitarbeiter lieber früher als später in Pension gehen. Österreich erreicht mit einer Erwerbstätigenquote von knapp 41 Prozent der 55- bis 64-Jährigen das Ziel der Lissabon-Agenda nicht. Darin wurde bis 2010 eine fünfzigprozentige Erwerbsbeteiligung Älterer festgelegt. Eine Reihe von Ländern hat dieses Ziel bereits 2008 erreicht – unter ihnen sämtliche skandinavische wie baltische Länder, aber auch große Industrienationen wie Japan oder die USA . Erfreulich: Gemeinsam mit Ländern wie Rumänien und Luxemburg hat Österreich trotz niedriger Erwerbstätigenquote eine niedrige Arbeitslosenquote.
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