Führungskräfte haben sich noch immer nicht ans Homeoffice gewöhnt
Die Möglichkeit zu Hause zu arbeiten ist nichts Neues. Die zunehmend digitaler werdende Arbeit machte Homeoffice schon vor der Pandemie in vielen Berufen möglich. Allerding war der Ruf, mehrere Tage oder so gar gänzlich von zu Hause aus zu arbeiten, vor Corona eher verpönt. Umfragen unter Arbeitnehmern belegten zwar, dass der Wunsch, im Homeoffice arbeiten zu können, groß war. Ein Großteil der Arbeitgeber aber sträubte sich.
Das Coronavirus stellte diese Gegebenheiten auf den Kopf. Plötzlich war Heimarbeit oft die einzige Möglichkeit, Arbeitsabläufe aufrecht zu erhalten. Viele Büroarbeitende mussten zwangsläufig ihren Arbeitplatz in die eigenen vier Wände verlegen. Ihre Chefs mussten sich daran gewöhnen, aus der Distanz zu führen.
Neue Arbeitswelten verunsichern
Wie geht es ihnen heute damit? Der aktuelle Hernstein Management Report zeigt: eher mau. 45 Prozent der österreichischen und deutschen Führungskräfte fühlen sich aufgrund der Corona-Krise sehr oder eher verunsichert.
Die größte Unsicherheit herrscht dabei im oberen Management (53 Prozent), sowie unter Firmeninhabern (54 Prozent). Weibliche Führungskräfte nehmen den Druck dabei stärker wahr (50 Prozent), als männliche (42 Prozent).
Hauptursache für die Verunsicherung sind nach wie vor die Veränderungen in den Arbeitsstrukturen (81 Prozent). Fast ebenso viele, 78 Prozent, erleben den mangelnden Kontakt zu Mitarbeitenden "als problematische Erscheinung", heißt es in der Studie. Die Sorge an Corona zu erkranken, spielt für Führungskräfte eher eine untergeordnete Rolle.
Bewusstsein für psychischen Stress steigt
Dafür steigt das Bewusstsein für psychische Belastungen. Insgesamt sind 65 Prozent der Führungskräfte der Meinung, dass durch die Covid-19-Krise häufiger seelische Probleme oder Erkrankungen auftreten, wobei weibliche Führungskräfte (71 Prozent) diese deutlicher bemerken, als ihre männlichen Kollegen (61 Prozent).
Dass Homeoffice Mitarbeiter dazu verleitet, auch im Krankheitsfall weiter zu arbeiten, ist Führungskräften mit Blick auf das Krankenstandsverhalten bewusst. Viele vermuten, dass bei (leichter) Erkrankung eher gearbeitet wird als bisher.
Unter österreichischen Führungskräften ist diese Meinung deutlich ausgeprägter als unter deutschen: 31 Prozent im Vergleich zu 21 Prozent sind sich dieser Ansicht sicher.
Die befragten Führungskräfte räumen ein, in dieser Beziehung kein gutes Vorbild zu sein: 27 Prozent meinen, sich selbst keine „Gesundheitspause“ zu gönnen und auch mit leichter Krankheit zu arbeiten.
In Bezug auf die körperliche Gesundheitsbelastung gibt es ein glattes Unentschieden zwischen weiblichen und männlichen Vorgesetzten: Genau 50 Prozent sehen hier vermehrte Probleme durch die Krise – dem gegenüber stellen 50 Prozent diese in Abrede.
"Nicht nur reagieren"
„Führungskräfte sind gerade jetzt gefragt, sich der Verunsicherung zu stellen und einen gesunden Rahmen für sich selbst und ihre Mitarbeitenden zu schaffen", kommentiert Michaela Kreitmayer vom Hernstein Institut für Management und Leadership die Studienergebnisse. "Unterstützend kann hier jedenfalls ein effizientes Selbstmanagement wirken – damit Führungskräfte steuernd agieren und nicht nur reagieren."
Homeoffice gut für körperliche Gesundheit
Obwohl Führungskräfte von den neuen Arbeitsbedingungen verunsichert sind, erkennen dennoch viele auch die Vorteile des Homeoffice. Rund die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass es sich positiv auf die körperliche Gesundheit auswirkt, da mehr Sport und Bewegung möglich sind.
43 Prozent sind der gegenteiligen Meinung, vor allem da Alltagsbewegung fehlt, wie beispielsweise der Weg zum Arbeitsplatz. Ebenso kommt es zu noch längeren Sitz-Phasen, die medizinisch als problematisch gesehen werden.
In Bezug auf die mentale Gesundheit ist das Bild spiegelbildlich: 51 Prozent vermuten negative Wirkungen von Homeoffice, was vor allem auf mangelnde soziale Kontakte zurückgeführt wird. 42 Prozent sehen positive Effekte, da Stress reduziert würde.
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