Freunde im Job: Gut oder schlecht?

Ohne Kollegialität kann es keine gute Teamarbeit geben.
Privates und Berufliches soll man nicht vermischen? Falsch. Laut neuen Studien arbeiten wir besser, wenn unter den Kollegen echte Freunde sind.

Manchmal findet man Freunde per Stellenanzeige. Bei Karl und Wolfgang war es so. Seit Karl zum Büro-Team gehört, fühlt sich Wolfgang verstanden: Man teilt den Humor und die Kaffeepausen und es gibt kein Strategiepapier, das von den beiden nicht bis ins Kleinste zerpflückt wird. Telefonate nach Büroschluss oder am Wochenende, auch wenn es um den Job geht? Kein Problem! Man sieht sich im Büro, abends auf ein Bier und zum Wanderwochenende. Zwei Kollegen, die gute Freunde geworden sind. Ist das nun gut oder schlecht?

Schlecht, sagt der Volksmund: Berufliches und Privates soll man trennen. Gut, sagt die Wissenschaft: Forscher der Rutgers University fanden heraus, dass sich Freundschaften am Arbeitsplatz positiv auf die Leistung auswirken. Denn durch enge Freunde unter den Kollegen ist man besser vernetzt, kommt leichter an Informationen und Unterstützung.

Was meinen Österreichs HR-Experten: Sind gute Freunde auch gute Kollegen die dazu führen, dass man besser arbeitet?

Die Personalberaterin

An sich sei es positiv, wenn man sich im Unternehmen wohlfühlt, meint Marion Heil, Partnerin und Mitglied der Geschäftsleitung bei Kienbaum. Denn Freundschaften ermöglichen ein zusätzliches Vertrauen. "Aber sie können durchaus störend sein, insbesondere, wenn bereits bestehende Freundschaften durch sachlich-fachliche Interessenskonflikte auf die Probe gestellt werden", warnt die Beraterin. Auch hinsichtlich der Weitergabe vertraulicher Informationen oder der Bildung von eingeschworenen "Teams im Team" gibt es Konfliktpotenzial. Sollten Unternehmen private Vernetzung dennoch fördern? Heil: "Ja, denn jeder hat mehr Spaß an einer Kultur, in der er sich wohlfühlt. Unternehmen können durch Firmenfeiern oder Ausflüge den Teamgedanken fördern. Daraus können sich Freundschaften ergeben – jedoch alles in Maßen."

Der Arbeitspsychologe

"Wer unter Freunden arbeitet, hat mehr Spaß, was sich positiv auf die Motivation auswirken kann", meint auch Arbeitspsychologe Paul Braunger. Allerdings brauchen Freundschaften im Büro besondere Pflege: "Denn es kann schneller zu Interessenkonflikten oder enttäuschten Erwartungen kommen, als bei privaten Freundschaften", so der Psychologe. Wichtig ist es für Braunger auch, darauf zu achten, wie die Freundschaft auf andere Kollegen wirkt: "Zurückhaltung mit sehr intimen Gesprächen in Anwesenheit von Kollegen ist sicher oft ratsam." Dass Unternehmen freundschaftliche Vernetzung unterbinden, findet er "seltsam". Braunger: "Besser wäre es zu fördern – in einem glaubhaften und zur Unternehmenskultur passenden Rahmen."

Der HR-Verantwortliche

"Ohne Kollegialität kann es keine gute Teamarbeit geben", sagt Peter Truzla, Leiter Personalmanagement Österreich Henkel CEE. Kollegialität bedeutet, dass einer für den anderen da ist, seine Stärken einbringt und versucht, Dinge aus dem Blickwinkel des anderen zu sehen. Freundschaft hingegen sei weiter und persönlicher gefasst – und nicht unbedingt notwendig. Truzla: "Um im Team gut zusammenzuarbeiten, braucht es keine Freundschaft, sondern ein gemeinsames, lohnenswertes Ziel." Networking unter Kollegen hält er aber für sehr wichtig. Bei Henkel setzt man daher unter anderem auf Dialog-Veranstaltungen, Trainee-Programm und Lehrlingsakademie, Sportsektionen oder einen Corporate Volunteering Day.

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