Frequentis COO erklärt, warum Drohnen den Luftraum dominieren werden
Monika Haselbacher ist die erste Chief Operating Officer beim Wiener High-Tech-Unternehmen Frequentis. 2023 trat sie die neu installierte Funktion im Vorstand an. Ihr klarer Auftrag ist, neue Projekte voranzutreiben. Sie verrät, was Kunden heute einfordern und warum Drohnen schon bald den Luftraum dominieren.
KURIER: Würden Sie kurz skizzieren, in welchen Feldern Frequentis tätig ist?
Monika Haselbacher: Wir sind überall dort, wo eine sicherheitskritische Infrastruktur gefragt ist, insbesondere in Leitzentralen. Denn dort sitzen Menschen, die anderen Menschen helfen, etwa den Verkehr zu regeln oder Menschenleben zu retten. Und wir stellen die Technologie dafür zur Verfügung – die kann ganz unterschiedlich aussehen.
Sie sind seit 1998 bei der Frequentis – wie viel Fortschritt ist in den knapp drei Jahrzehnten passiert?
Wir sind natürlich wahnsinnig gewachsen. Wir waren ungefähr 300 Mitarbeiter, jetzt sind wir 2.200 mit weltweit über 40 Standorten. Wir haben von dem Nukleus der Flugsicherung weitere Geschäftsfelder entwickelt, in Polizei, Rettung und Feuerwehr, im öffentlichen Transportnetz oder in maritimen Systemen sowie im Verteidigungsbereich.
Der aktuelle Geschäftsbericht weist erfreuliche Zahlen auf: ein Rekord an Auftragseingängen sowie ein deutliches Umsatz- und Gewinn-Plus konnten erzielt werden. Worauf ist das zurückzuführen?
Wir erweitern laufend unser Produktportfolio, aber viele Kunden waren in den vergangenen Jahren seit der Corona-Pandemie auch sehr vorsichtig mit Investitionen. Unsere Sales-Zyklen dauern außerdem nicht nur ein paar Monate. Wir beackern die Kunden durchaus mehrere Jahre und hatten Erfolg dabei. Wir haben sehr große Aufträge gewonnen, darunter die französische Bahn SNCF, in Norwegen gab es einen großen Auftrag für Gesundheitsorganisationen und in den USA erzielten wir ebenfalls Netzwerk-Aufträge.
Frequentis hat Kunden in 150 Ländern – in Österreich arbeiten Sie u. a. mit der Austro Control, den ÖBB und den Wiener Linien. Welche Technologien stellen Sie da?
Mit den ÖBB haben wir etwa einen Pilotbetrieb gestartet, bei dem Drohnen die Strecken inspizieren. Bisher war es so, dass Menschen wirklich selbst die Strecken entlanggehen mussten. Um das effizienter zu gestalten, erledigen das jetzt Drohnen mit ihren Kameras. Aber das ist nur ein Projekt von vielen.
Business Gespräch: Monika Haselbacher
Drohnen scheinen ein sehr präsentes Thema zu sein. Auch in Ihrer Forschung legen Sie einen starken Fokus darauf. Weshalb?
Es gibt eine Schlagzeile, die kursiert: In 15 Jahren wird es mehr Drohnen als Flugzeuge in der Luft geben. Das heißt, dass es stark um das Thema Sicherheit geht. Man muss verhindern, dass irgendetwas zusammenstößt oder einen Unfall verursacht, das ist der Bereich, in dem wir tätig sind. Außerdem gibt es für all unsere Kunden Anwendungsbereiche für Drohnen. Denken wir an die Feuerwehr – ist eine Situation für Menschen zu gefährlich, kann man Drohnen mit ihren Kameras vorschicken und die Umgebung inspizieren lassen.
Sind Kundenbedürfnisse komplexer geworden?
Dadurch, dass wir unser Produktportfolio so ausgebaut haben, sind sie um einiges vielseitiger. Komplexer wird es zum Teil durch Regulierungen.
Bedeutet das, dass die Technologie, die Ihre Kunden benötigen, meist schon vorhanden ist oder muss sie erst entwickelt werden?
Wir überlegen immer, wo es neue Themen gibt, die bei den Kunden vielleicht noch nicht angekommen sind. Aber Kunden sind sehr unterschiedlich – es gibt sehr innovative, die sich viel überlegen und es gibt jene, die lieber etwas nehmen, das schon jemand anderer ausprobiert hat.
- Monika Haselbacher studierte an der TU Wien und ist seit 1998 bei Frequentis. 2018 stieg sie in die Geschäftsleitung der Firmen-Tochter PDTS ein. 2023 wurde sie in den Frequentis-Vorstand berufen
- Der Vorstand setzt sich neben Haselbacher aus CEO Norbert Haslacher, CFO Peter Skerlan und ab 1. Juli CTO Karl Wannenmacher zusammen, der Hermann Mattanovich ablöst
- 504,8 Millionen Euro an Auftragseingängen verzeichnete Frequentis 2023. Das ist ein Plus von 25 Prozent. Der Konzernumsatz konnte um rund elf Prozent auf 427,5 Mio. Euro gesteigert werden, der Konzerngewinn stieg von 18,9 auf 20 Mio. Euro
- Hauptgeschäftsfeld ist die Flugsicherung, sie sorgt für 60 Prozent des Umsatzes
Welche sind die Fortschrittlichsten?
Die Deutsche Flugsicherung zum Beispiel oder eben die ÖBB und Austro Control. Auch die nordischen Länder sind mit Innovationen sehr weit vorne.
Frequentis wurde 1947, in der Zeit des Wiederaufbaus gegründet. Heute braucht es so viele Sicherheits- und Kommunikationslösungen wie nie zuvor. Ist jetzt der Firmen-Höhepunkt?
Man weiß ja nicht, was noch kommt (lacht)! Aber sicher, es gibt so viele interessante Themen, zum Beispiel die Automatisierung. Die Kommunikation wird vielleicht weniger von Mensch zu Mensch, sondern von Maschine zu Maschine stattfinden. Wir wollen überall dabei sein.
Wie sehr arbeiten Sie mit Künstlicher Intelligenz oder ist das schon ein alter Hut?
Ein alter Hut würde ich nicht sagen. Es ist ein neuer Hut, den wir uns durchaus aufsetzen. In Produkten wird sie schon verwendet, auch bei internen Prozessen prüfen wir das. In der Produktion sind wir noch nicht so weit. Wir müssen immer aufpassen, denn wir sind im sicherheitskritischen Bereich. Das, was wir tun, muss auch wirklich funktionieren.
Also vertrauen Sie hier bislang nur dem Menschen zu hundert Prozent.
Richtig.
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