Freiheit in der Arbeit, statt danach
Vortrag-Gurus“ nennt sie Der Spiegel. Als „belebend, erfrischend, motivierend“ werden sie vom Harvard Business Manager bezeichnet. Anja Förster und Peter Kreuz brechen mit ihren Programmen und Büchern Denkmauern auf und entstauben alte Perspektiven. In ihrem neuen Buch „Hört auf zu arbeiten! Eine Anstiftung, das zu tun, was wirklich zählt“ fordert das Querdenker-Ehepaar zum „Genial-Sein“ auf.
KURIER: Ihr neues Buch heißt „Hört auf zu arbeiten!“. Sollen wir jetzt alle unsere Jobs kündigen?
Peter Kreuz: Wenn all die Menschen, die innerlich schon gekündigt haben auch tatsächlich aufhören würden zu arbeiten, wären die Straßen morgens deutlich leerer. Es ist verrückt – viele machen ganz offensichtlich nicht das, was ihnen auch nur ansatzweise das Gefühl gibt, in ihrem Element zu sein.
Sie schreiben, Sie wären in Ihrer alten Arbeit gut, aber nicht genial gewesen. Was liegt zwischen gut und genial?
Anja Förster: „Gut“ erfüllt einen Zweck, berührt uns aber nicht in unserem Inneren. „Genial“ kann ich nur dann sein, wenn meine Arbeit in meinem Inneren etwas auslöst, was nach außen strahlt. Menschen in unserem Umfeld spüren das – und genau um diese Wechselwirkung geht es. Nur wenn wir selbst inspiriert sind, können wir andere inspirieren. Und das ermöglicht uns einen Beitrag auf sehr viel höherem Niveau zu leisten.
Laut dem Gallup Engagement Index haben 24 Prozent der Arbeitnehmer innerlich gekündigt, 63 Prozent machen nur mehr Dienst nach Vorschrift. Was sagt das über unsere Arbeitswelt aus?
Peter Kreuz: Dass viel zu viele Menschen morgens wie Zombies zur Arbeit schleichen. Das Problem daran ist, dass so kein Klima von Engagement und Kreativität entstehen kann, von welchem sowohl Unternehmen wie auch die Menschen profitieren würden. Stattdessen verlieren beide Seiten. Das ist doch echter Wahnsinn.
Die Arbeit zu haben, die einen erfüllt, klingt ganz logisch. Warum manövrieren sich Menschen aber dann doch woanders hinein?
Anja Förster: Die Freiheit, das zu tun, was für mich persönlich wirklich zählt, hat einen Preis. Es fordert Verantwortlichkeit. Und das ist genau der Grund, warum sich so viele Menschen vor dem Richtigen fürchten.
Wie weiß ich, dass ich das Richtige tue?
Peter Kreuz: Wenn sich Arbeit für Sie nicht mehr wie Arbeit anfühlt.
Anja Förster: Und trotzdem ist es ein weitverbreiteter Irrglaube, dass sich dieses besondere Gefühl anspornen ließe. Das ist Quatsch. Es macht also auch keinen Sinn, nach Chefs zu rufen, die uns doch bitte besser motivieren sollen. Letztlich geht es um die Sache: Was mache ich als Individuum?
Also raus aus Hamsterrad und Tretmühle. Welche Stolpersteine liegen am Weg?
Peter Kreuz: In vielen Unternehmen heißt es: Wir wollen Mitarbeiter, die für ihre Arbeit brennen, was riskieren, die ausgetretenen Pfade verlassen und so weiter. Aber die Erwartungshaltung in diesen Unternehmen und die darauf fußenden Systeme sind darauf ausgerichtet, den Status quo zu zementieren, damit es möglichst wenig Störung für Routinearbeit gibt. Verrückt.
Wenn alle nur mehr das tun, was „wirklich zählt“, wer macht dann die Arbeit?
Anja Förster: Wo steht geschrieben, dass nur ein Arzt, Architekt oder Künstler etwas schafft, was wirklich bedeutsam ist? In unserer Gesellschaft haben wir die unglaubliche Arroganz zu glauben, dass nur die sogenannten Kreativen eine großartige Arbeit hätten, Kellner oder Verkäufer aber nicht. Ob eine Arbeit wahrgenommen wird als etwas, was wirklich zählt, ist zutiefst subjektiv.
Die Menschen wollen eine gesunde Work-Life-Balance leben, fordern Freizeit ein. Wie sieht die Wirtschaft von morgen aus?
Peter Kreuz: Weniger normiert, weniger durchgetaktet, weniger fremdbestimmt. Ich hasse den Begriff Work-Life-Balance aber. Er impliziert, dass Arbeit und Leben zwei vollkommen unterschiedliche Konzepte sind. Das ist im 21. Jahrhundert absurd und ein Relikt aus dem Industriezeitalter. Die richtige Frage lautet: Wie können wir die Strukturen ändern und den Menschen Freiheit in der Arbeit, statt Freiheit nach der Arbeit gewähren?
Kommentare