"Frauen sind da eher maskulin"
Dass sie als Frau eine Exotin in der Luftfahrttechnik ist, war Alma Hodzic lange nicht bewusst. An der Uni in Belgrad gab es einen Frauenanteil von 40 Prozent im Ingenieurswesen. Später, im "Westen", war sie oft die einzige Frau. Trotzdem hat sie eine ingenieurwissenschaftliche Bilderbuchkarriere hingelegt: Abschluss in Luftfahrttechnik an der Uni in Belgrad, PhD in Australien, Lehraufträge an der Australian National University in Canberra, der RMIT University in Melbourne und der James Cook University in Queensland. 2005 wechselte sie an die University of Sheffield.
KURIER: Was denkt die Luftfahrtexpertin über die vermisste Boeing?
Alma Hodzic: Das ist sehr schwierig zu sagen, weil es keinen Hinweis darauf gibt, was tatsächlich passiert ist. Da sind tausende Menschen am Suchen, aber es findet sich nichts. Trotzdem glaube ich, dass man die Maschine eines Tages finden wird.
Ihre Karriere ist außergewöhnlich: Technische Ausbildung, von Belgrad nach Australien und weiter nach England – wie haben Sie das geschafft?
Ich habe schon mit fünf Jahren entschieden, dass ich Ingenieurin werden will. Weil unser Nachbar einer war, wollte ich das auch. Sie glauben jetzt wahrscheinlich, dass ich eine eigenartige Person bin, bin ich aber nicht. Ich habe schon immer lieber mit Buben gespielt. Das war nicht immer leicht.
Studieren in Belgrad versus Studieren in Australien – was ist der größte Unterschied?
Die Ausbildung in Belgrad ist sehr umfassend, da stellt sich die Frage: Braucht man das alles? Australien ist anders. Statt auswendig zu lernen, soll man dort als Persönlichkeit wachsen, denken, diskutieren. Die Tür der Professoren stand immer offen für ein Gespräch.
Sie sind um die Welt gereist – was haben Sie dabei gelernt?
Man kann am meisten von den Menschen lernen. Mehr als von Büchern. Ein kurzer Satz kann dich weiter bringen als Jahre des Studierens.
Fünf Patente, 110 Publikationen, Beraterin, Forscherin: Wie geht sich das alles aus?
Das weiß ich manchmal auch nicht. Ich habe ja auch noch eine 12-jährige Tochter. Mein Tag beginnt sehr früh, ich stehe um vier Uhr auf. Es ist jeden Tag eine Herausforderung.
Als Frau in einem Männergeschäft: was ist schwierig für Sie?
Ich finde es sehr einfach mit den Männern. In Belgrad hatten wir 40 Prozent Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften, erst in Australien ist mir aufgefallen, dass das nicht überall so ist. Heute bin ich oft die einzige Frau bei Konferenzen oder Meetings – und merke es meist nicht einmal. Ich bin so lange in dem Business, dass das schon normal geworden ist. Hinzu kommt: die Frauen in der Luftfahrt sind eher maskulin. Die können sich durchsetzen.
Kann man von Männern lernen? Ja, sie sind viel selbstbewusster, Frauen wollen immer diplomatisch sein – das hindert eher. Ich habe mir die Kühnheit und Dreistigkeit von den Männern abgeschaut. Männer tun einfach. Wenn dabei etwas kaputtgeht, ist ihnen das auch egal.
Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Ich gehe Konflikten aus dem Weg, denn sie machen die Arbeit schwierig.
Was ist das Beste an Ihrer Arbeit?
Das Kreative. Die Universität gibt freien Raum zum Denken und Tun, das ist unbezahlbar.
Was ist die größte Veränderung in der Luftfahrt in zehn Jahren?
Noch viel mehr Menschen werden reisen. Bei der Entwicklung geht es weniger um neue Flugzeuge als Kostenreduktion: leichtere Bauart, weniger Treibstoff, schneller.
Alma Hodzic ist Direktorin des EPSRC High Value Manufacturing Catapult Fellowship Centre in Großbritannien, das sich mit der Stärkung der Beziehungen zwischen dem akademischen und der Industrie beschäftigt. Ziel: die Beschleunigung des Wissenstransfers vom Labor zur Industrie. Die AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA lädt am 5. Mai 2014 zum Tech Forum nach Wien (in der WKO, Wiedner Hauptstraße 63, Saal 6, 1040 Wien). Alma Hodzic wird hier zu Gast sein. Anmeldung bitte bis 25.4. per eMail an: aussenwirtschaft.technologie@wko.at
Die Teilnahme ist kostenlos, Plätze sind aber nur begrenzt verfügbar.
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