Florian rennt
Start. Es ist Herbst 2009. Florian Gschwandtner ist 26 Jahre alt, als er mit seinen Kollegen an der FH Oberösterreich an einer App tüftelt. Sie entwickeln eine Methode, um Segelboote und Rallye-Autos zu tracken. Weil die Zielgruppe aber klein ist, denken die Kollegen um. Ihre bessere Idee: Strecken von Hobbyläufern messen und vergleichen – das soll sie fitter und motivierter machen. Die vier Freunde wittern in der Zeit der aufkeimenden Apps ihre Chance im Uni-Projekt und wagen das Risiko. Aus den Studenten Alfred Luger, Christian Kaar und René Giretzlehner werden Unternehmer. Florian Gschwandtner wird ihr Chef. Runtastic wird geboren.
Woher haben Sie Ihr unternehmerisches Denken?
Ich musste mir das Geld für meine Spielereien während des Studiums immer selbst verdienen. Dadurch wird man kreativ und lernt, unternehmerisch zu denken. Andererseits lernte ich auch viel durch das Aufwachsen am Bauernhof und durch meine vielen Praktika, etwa in einem Stahlwerk in der Ukraine, auf Baustellen, in einem Land- und Sachgutbetrieb, bei Kapsch.
Kilometer 1: Jahre später wird Gschwandtner sagen, die Gründung sei ein wenig blauäugig gewesen und dass zum Selbstständigmachen ein bisschen Naivität gehört. Denn die Härte des Business abseits des Hörsaals trifft das Gründer-Team damals. Die Zeit ist geprägt von wenig Schlaf, nicht vorhandener Freizeit und vielen Skeptikern, die an ihrer Idee zweifeln. Sie launchen dennoch die App für iOS und ihre Homepage. Am Projekt festhalten, das scheint trotz schlechter Witterung der richtige Weg zu sein. Schon nach 20 Monaten sind sie profitabel.
Kilometer 18: Das Unternehmen wächst, bringt immer wieder neue Apps auf den Markt. 2012 eröffnen die Gründer das erste externe Büro im body-bewussten San Francisco, USA. Der Wert von Runtastic wird auf 22 Millionen Euro beziffert. Das macht den deutschen Medienkonzern Axel Springer auf die junge Truppe aus Pasching aufmerksam – und er steigt 2013 mit 50,1 Prozent ein. Gschwandtner und sein Team werden plötzlich Millionäre.
Kilometer 24: Das Hobby, das sich Gschwandtner zum Beruf gemacht hat, ist die totale Vermessung des Körpers. Er will wissen, wie viele Schritte er an einem durchschnittlichen Büro- Tag macht (5000) und wie viele es im Idealfall sein sollten (10.000). Wie viele Minuten er in der Nacht durchschläft und wie viele er wach liegt, wie viele Kalorien er verbraucht und wie er das am besten tut. Er will den Menschen optimieren, ihn durch Sport glücklicher wissen. Der gläserner Mensch, das ist für ihn kein Horrorszenario, mehr eine erstrebenswerte Vision. Eine Vision, an der heute mehr als 70 Millionen Nutzer teilhaben. 150.000 Downloads der mittlerweile 15 Apps verzeichnet Runtastic – pro Tag. Gschwandtner hat in nur fünf Jahren Firmengeschichte 140 Mitarbeiter aus 26 Ländern für sein Start-up begeistern können. Das ist dem Sport-Riesen adidas nicht entgangen. Kilometer 36: Am 5. August 2015 dringt an die Öffentlichkeit: adidas kauft Runtastic. Zwei Jahre nach dem Springer-Einkauf ist das Start-up das Zehnfache – 220 Millionen Euro – wert. adidas übernimmt alle Anteile. Das macht Gschwandtner und sein Team plötzlich zu Multimillionären.
Was haben Sie gemacht, als der adidas-Deal besiegelt war?
Wir vier Gründer sind gemeinsam Abendessen gegangen. Hansi Hansmann war auch dabei. Natürlich wurde da auch mal angestoßen. Die Feier ist aber überschaubar ausgefallen. Am nächsten Tag ging es um sieben Uhr wieder weiter – mit der ganz normalen Arbeit.
Kilometer 40: Der Karrieresprint von Florian Gschwandtner, heute 32, zeichnet sich vorrangig durch Disziplin und Fleiß aus. Großen Träumen hinterherjagen und dabei immer am Boden bleiben, scheint sein legales Doping zu sein. In adidas sieht er einen strategischen Partner, der die Tür zu noch größeren Träumen und noch weiteren Märkten öffnet.
Was machen Sie jetzt mit Ihren Millionen?
Wir konzentrieren uns auf jeden Fall auf Runtastic und wollen in Zukunft verstärkt andere Start-ups unterstützen.
Kilometer 42: Und die Ziellinie dieses Karriere-Marathons? Die scheint bei Florians runtastischem Lauf nicht in Sicht.
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