Event-Management: Publicity ist (fast) alles
Ein Firmenjubiläum muss möglichst viele geladene Gäste haben, honorige Ansprachen, ein gutes Essen, ein schönes Ambiente. Das war einmal.
„Früher wollten die Firmenchefs 3000 Gäste für die Feier. Heute reichen 300 Anwesende, aber 300.000 Menschen sollten davon erfahren“, bringt Event-Manager Gert Zaunbauer die Entwicklung im heimischen Event-Business auf den Punkt.
Der Geschäftsführer der Mödlinger Agentur Putz & Stingl und Branchensprecher in Wirtschaftskammer (WKO) vertritt rund 6000 selbstständige Event-Agenturen in Österreich. Diese organisieren Firmenjubiläen ebenso wie Hochzeiten, Bälle, Festivals, Christkindlmärkte, Zeltfeste oder Pharmakongresse. Die Szene bewegt sich rasend schnell, trotzdem macht Zaunbauer für den KURIER ein paar Trends fest.
Sport
Egal ob Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel, Nacht-Slalom in Schladming oder die Vier-Schanzen-Tournee: Sport-Großereignisse zählen nicht nur zu den Dauerbrennern der Event-Branche, sondern haben auch noch großes Potenzial.
Zaunbauer nennt als Beispiel die vielen Laufveranstaltungen, die zuletzt enorm an Bedeutung gewonnen hätten und weit über den Sport hinausgehen. Wien- bzw. Wachau-Marathon oder Wings-for-Life-Run sind auch bei Firmen sehr gefragt. Mehr Publicity als Sport ist wohl auch das Beachvolleyball-Event auf der Donauinsel.
Hochzeitsplaner
Einen wahren Boom gibt es beim relativ neuen Beruf des Wedding Guides, zu Deutsch Hochzeitsplaner/innen. In den USA werden gut 20 Prozent aller Hochzeiten professionell geplant, da gibt es in Österreich noch viel Luft nach oben. „Die Neuregelung bei der eingetragenen Partnerschaft kurbelt heuer das Geschäft an“, glaubt Zaunbauer.
Für manch schmucke Locations seien Hochzeiten inzwischen eine unverzichtbare Einnahmequelle. Die rund 150 professionellen Hochzeitsplanerinnen – die meisten davon sind Frauen – wollen sich mittels Zertifizierung von den Hobby-Planern unterscheiden und bieten inzwischen eigene Ausbildungskurse an.
Digitalisierung
Die Digitalisierung hat auch die Event-Branche voll erfasst. „Ich sage immer, ein Event muss heute instagram-tauglich sein“, sagt Zaunbauer mit Verweis auf die Social-Media-Plattformen. Soll heißen: Die Besucher erwarten sich, dass es auch viele unterschiedliche Fotomotive – je ausgefallener, desto besser – gibt, die der Veranstalter im Vorfeld organisieren muss.
Ein Aufreger in der Branche ist auch die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die sich als wahres Bürokratiemonster für die Veranstalter erweist. „Bei mir stapeln sich die Ordner mit Musterverträgen zum Thema Datenschutz, dabei gibt es ja bei Events meist gar keine sensiblen Daten“, meint Zaunbauer.
Dafür prangert jetzt beim Eingang zu Festivals oft ein unübersehbarer Datenschutz-Hinweis, dass der Gast bei Betreten der Veranstaltung damit einverstanden ist, sollte er auf einen Foto abgebildet sein. Ein Trend, der in der Branche für großen Unmut sorgt, sind die verschärften Anti-Korruptionsregeln oder besser gesagt die damit ausgelöste Verunsicherung bei Einladungen, Stichwort Anfütterungs-Verbot von Amtsträgern.
„Das Wort VIP ist zum Schimpfwort geworden. Wir stehen unter Generalverdacht, dass wir VIP-Loungen als Brutstätten von Korruption und Packelei anbieten“, klagt Zaunbauer nicht zum ersten Mal. Die strengen Compliance-Vorschriften seien gut gemeint, aber würden die Falschen treffen. Zaunbauer fordert die Streichung des Anfütterungs-Paragrafen sowie die Wiedereinführung von Bagatellgrenzen.
8,9 Millionen Euro
Auch der Begriff „Amtsträger“ müsste konkretisiert werden. Derzeit falle „fast jeder zweite Bürger“ darunter – vom Feuerwehrmann bis zum ORF-Portier. Laut einer von der WKO in Auftrag gegebenen IHS-Studie sichert die heimische Event-Branche mehr als 140.000 Arbeitsplätze in Österreich. Das gesamte Veranstaltungswesen erzeugt eine Bruttowertschöpfung von 8,9 Mrd. Euro.
Darunter sind 2,1 Mrd. Euro an Ausgaben von Touristen, die während ihres Urlaubs in Österreich diverse Veranstaltungen besucht haben. Zaunbauer: „Ein Event ist immer die Software, die Hardware kommt von der jeweiligen Region durch ihre touristische Infrastruktur.“
Wie man Eventprofi wird
Unterschiedliche Ausbildungswege zum BerufIn Österreich gibt es 6000 Event-Agenturen, die Zahl hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, weil sich die Branche ausdifferenziert. Die Aus- und Weiterbildungswege zum Event-Manager & Veranstalter sind vielfältig. Eine Auswahl:
➞ Masterlehrgang Eventmanagement
Die Donau-Uni Krems bietet einen berufsbegleitenden, 5-semestrigen Masterlehrgang zum Sport- und Eventmanagement an. Nächster Beginn ist Mai 2019. Auch die FH St. Pölten und die FH Kufstein haben akademische Weiterbildungsangebote.
➞ Eventmanagement Ausbildung
Berufsbegleitende Kurse (z. B. 3-Tages Kurs zum Event Manager Basic) und diverse Diplom-Ausbildungen bietet die ESB Academy in Wien, Salzburg und Tirol. Auch an Wifi und bfi werden entsprechende Weiterbildungskurse angeboten.
➞ Ausbildung zum Wedding Guide
Seit 2017 gibt es mit der Sag-JA-Hochzeitsplaner-Akademie in Gmunden auch eine professionelle Ausbildung zum „Wedding-Guide“ (Hochzeitsplaner). Die Ausbildung ist Teil einer Qualitätsoffensive der Wirtschaftskammer.
Her mit den Bällen
Der Kaffeesiederball und der Zuckerbäckerball sind laut Umfrage der Wirtschaftskammer die beliebtesten Wiener Bälle. Stark besucht sind sie alle. 515.000 Ballgeher werden für die laufende Saison erwartet, um 10.000 mehr als im Vorjahr. Durchschnittlich 280 Euro wird pro Ballbesuch ausgegeben. 19 Bälle finden allein in der Hofburg statt. Der KURIER sprach mit Alexandra Kaszay, Geschäftsführerin der Hofburg Vienna Betriebs GmbH, über das Geschäft mit Bällen und Events.
KURIER: Die Wiener Bälle erwarten einen Besucherrekord. Wie konjunkturabhängig sind Bälle, was Besuch und Ausgaben betrifft?
Alexandra Kaszay: Es gibt eine gewisse Konjunkturabhängigkeit, vor allem wie viele Bälle während einer Saison besucht werden oder auch hinsichtlich der Konsumation vor Ort.
Wie viele Bälle und Events finden heuer in der Hofburg statt?
Von der Eigenveranstaltung Hofburg Silvesterball bis Anfang April finden 19 Bälle statt. Pro Jahr werden 300 Veranstaltungen mit an die 320.000 Gästen durchgeführt. Zusätzlich finden die OSZE-Konferenzen statt und bis voraussichtlich Mitte 2021 tagt das Parlament im Bereich Redoutensäle und Dachfoyer.
Welches ist besuchermäßig das größte Event und gibt es eine Mindestanzahl?
Jägerball und Kaffeesiederball zählen betreffend Besucherzahlen sicher eher zu den größeren Bällen während der Ballsaison. Es werden bei uns Events zwischen 50 und 4900 Personen durchgeführt. Die Spitzen erreichen sicher die Bälle. Beim 40. Int. Motorensymposium treffen einander zum Beispiel über 1100 Experten. Und bei der Vielzahl an Hofburg-Messen finden sich alljährlich 40.000 bis 60.000 Besucher ein.
Welche neuen Themen gehen Sie als Veranstalter verstärkt an?
Als Kongress- und Eventcenter steht die Kommunikation im Vordergrund, daher ist für uns die neueste Veranstaltungstechnologie im Fokus. Wir setzen auf optimalen Ressourceneinsatz, „Green Technology“ und Sicherheit. Zudem entwickelt sich die Technik rasant. Künftig werden sich für das Zusammenspiel von architektonischem Raum und medialen Komponenten noch viele Anwendungsmöglichkeiten ergeben. Dazu gehört etwa eine flexible Rauminszenierung von großflächigen Medienfassaden und medial bespielten Räumen.
Was unterscheidet die Hofburg als Event-Location vom Mitbewerb?
Wir sind ein Kongresszentrum in der ehemaligen kaiserlichen Residenz mit State-of-the-Art-Technologie, also eine Kombination aus Historie und Moderne. Damit ist die Hofburg einzigartige Location, die Teilnehmern langfristig in Erinnerung bleibt und damit auch für den Veranstalter einen wesentlichen Mehrwert bedeutet.
Viele Firmen klagen über die Compliance-Regeln, etwa was Geschenke anbelangt. Wie sehr beeinflusst es das Event-Geschäft?
Das ist sehr branchenabhängig. Aufgrund des Event-Mix und unserer unterschiedlichen Branchensegmente sind wir sehr breit aufgestellt. In Bezug auf Ball-Einladungen bemerken wir, dass manche Gäste es vorziehen, die Ballkarte privat zu kaufen und vielleicht die eine oder andere Einladung nicht annehmen.
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