"Endlich aufhören, in den Wind zu reden"
Bildungsoffensive, Studentenproteste, Sparpläne: Die Universitäten kommen aus den Schlagzeilen nicht heraus.
Heinrich Schmidinger, der neue Präsident der Österreichischen Hochschulkonferenz (uniko), spricht im KURIER-Interview über seine Vorstellungen von Hochschulpolitik und notwendige Maßnahmen, um die Universitäten langfristig zu retten.
KURIER: Was hat Sie dazu bewogen, die Präsidenten-Funktion anzunehmen?
Heinrich Schmidinger: In erster Linie der Wille und die Zuversicht, angesichts der zunehmend kritischen Situation für die Universitäten im Land, etwas zu bewegen und umzusetzen.
Wie sehen Sie die Unipolitik heute und in Zukunft?
Die zentralen Themen sind seit Jahren dieselben: eine hinreichende Uni-Finanzierung und eine dauerhafte Regelung des Zugangs. In beiden Fragen kommt es trotz Bemühungen in keiner Regierung dazu, die nötigen Schritte zu setzen. Was außerdem seit Langem ansteht, ist die Hochschulplanung für den gesamten tertiären Bildungssektor. Auch da sehe ich es als meine Aufgabe, ein Bewusstsein für den gesellschaftlichen Wert der Universitäten zu erzeugen. Nur dann lassen sich die politischen Parteien dazu bewegen, endlich notwendige Entscheidungen zu treffen.
Ist Minister Töchterles Vorhaben, eine Milliarde in den nächsten drei Jahren zu investieren, ausreichend? Wer bekommt das Geld?
Angesichts der finanziellen Gesamtsituation Österreichs ist die Bereitstellung einer Hochschulmilliarde keineswegs selbstverständlich. Ich kann aber auch nicht vom Tisch wischen, dass allein zur Aufrechterhaltung des derzeitigen Uni-Betriebs in Österreich jährlich ca. 300 Millionen Euro notwendig wären. Dies beantwortet auch die Frage, ob das Geld reichen wird. Wie die Milliarde vergeben wird, darüber liegen noch keine Informationen vor.
Was fordern die Rektoren jetzt von der Politik?
Ohne Zugangsregeln und ohne ein kräftig steigendes Budget für die Unis sind alle Sonntagsreden der Politiker über die Bedeutung von Bildung in den Wind geredet. Um Kapazitäten und Finanzierung zur Deckung zu bringen, bedarf es der Einführung der Studienplatzfinanzierung. Ein Modell dafür wird eben vom Ministerium in Rücksprache mit der Universitätenkonferenz ausgearbeitet und sollte vor Jahresende fertig sein.
Was passiert, wenn die notwendige Hochschulfinanzierung nicht oder nur mit weniger Mitteln möglich wird ...
... dann kommt es wahrscheinlich zu Leistungskürzungen, das heißt zur Einstellung von Studienrichtungen, zum Abbau von Personal bzw. zur Reduktion von Liegenschaften.
Zur aktuellen Diskussion des Hochschulplans: Was halten Sie von der Idee, die Fachhochschulen auszubauen?
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, die Studienplätze im FH-Sektor auszubauen. Nur kann das nicht auf Kosten der Universitäten gehen, also keinesfalls durch Umschichtung von Budgetmitteln. Wenn der Ausbau der FH-Studienplätze den Effekt haben soll, den Druck von den Massenfächern an den Universitäten zu nehmen, soll es recht sein. Allerdings bin ich sehr im Zweifel, ob diese Steuerung angesichts der begrenzt vorhandenen Mittel greifen würde.
Wie schätzen Sie die Entwicklung der Österreichischen Universitäten in den nächsten zehn Jahren ein?
Wenn es zu keinem grundlegenden Umdenkprozess in der Politik kommt, werden
Österreichs Universitäten im internationalen Kontext nur im Mittelfeld aufscheinen. Sollten sich die Regierungsspitzen aber eines Besseren besinnen, sprich: Die Hochschulen zur hohen Prioriät erklären und das auch mit Geldmitteln unter Beweis stellen, dann könnten einige unserer Universitäten zu den "Top 100" der Welt aufschließen. Das Kabinett Faymann und Spindelegger hätte es heute schon in der Hand, damit in die Geschichtsbücher einzugehen.
H. Schmidinger: Theologe als Präsident
Wien-Salzburg und retour Der gebürtige Wiener und Rektor der
Universität Salzburg Heinrich Schmidinger, wurde mit 1. Oktober 2011 zum neuem Präsidenten der Österreichischen Universitätenkonfernez (uniko) ernannt.
Werdegang Der heute 57-Jährige studierte an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom Philosophie und Theologie und habilitierte 1984 an der Theologischen Fakultät Innsbruck. Von 1999 bis 2001 wirkte Univ. Prof. Dr. Schmidinger als Vizerektor für Ressourcen und Vizerektor in Salzburg. Schmidinger ist in diversen Beiräten und Kuratorien wissenschaftlicher und kultureller Einrichtungen aktiv. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
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