Eine verhängnisvolle Affäre?

Beziehungen zwischen Professoren und Studierenden werden zunehmend verboten. Zu Recht?

Romantik gibt es auch an den Universitäten. Durchdringende Blicke im Hörsaal, flüchtige Berührungen beim Small Talk, gemeinsame Biere nach der Vorlesung – es kann auch zwischen Lehrenden und Studierenden knistern. Der oder die Lehrende ist wissend, mitunter mysteriös und scheinbar unerreichbar. Der oder die Studierende wiederum ist forsch und will Grenzen ausreizen. Spannende Gegensätze – Liebeleien zwischen Profs und Studis sind deshalb keine Seltenheit.

Diese ungleichen Verhältnisse bergen aber auch dunkle Seiten: Machtmissbrauch, Anklagen, Studienabbrüche, Professur-Verluste. "Jede Beziehung zwischen Dozenten und Nichtgraduierten sollte rein pädagogisch sein", erklärte vor zwei Wochen Alison Johnson, Geschichtsprofessorin an der Harvard Universität in den USA. Die Eliteuni hat sich dazu entschlossen, sexuelle Beziehungen zwischen "Studierenden, die vor ihrem ersten Abschluss stehen, und Dozenten, Master-Studierenden und Doktoranden, die diese unterrichten", ab sofort zu verbieten. Laut New York Times gibt es auch andere Unis wie Yale oder die University of California, die keine solchen Beziehungen mehr tolerieren. Damit sollen primär die Studentinnen geschützt werden – jede fünfte wird in den USA während ihres Studiums sexuell belästigt.

Der Reiz des Status

Statistiken über einvernehmliche oder vermeintlich prekäre Beziehungen werden keine geführt. Wolfgang Kostenwein, Psychologe und Sexologe, weiß aber, was den Reiz an ihnen ausmacht: "Sexuelle Anziehung hat mit Status zu tun. Steht eine Person im Hörsaal und leitet ein Seminar, zeigt sie Aktivität und Kompetenz. Menschen, die Konturen zeigen und spürbar sind, können Erregung auslösen." Dennoch käme auch bei der größten Romanze mal der Alltag und damit oft die Erkenntnis: "Der Mensch ist ja ganz normal. Die sexuelle Anziehung flaut dann meist schnell wieder ab."

Rechtlich tickt man in Österreich anders als in den USA. Abgesehen von möglicherweise unangenehmen emotionalen Konsequenzen muss eine Beziehung zwischen Professor/in und Studierenden nicht weiter verfänglich sein. "Wo Menschen sind, sind auch Beziehungen. Und diese entstehen durch Entscheidungen von erwachsenen, mündigen Menschen. Der Staat verbietet sie in Österreich nicht, weil dies zu stark in den privaten Bereich eingreifen würde", sagt Martin Risak, Professor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Uni Wien. "Diese Beziehungen schockieren uns nur dann, wenn wir das Gefühl haben, sie wären mit beruflichem Aufstieg oder besseren Noten verbunden." Dann würde ein Interessenskonflikt entstehen. "Aus meiner Sicht ist man dann befangen und die Beziehung ist offenzulegen. Weitere rechtliche Konsequenzen hat das aber nicht." Anders ist das bei einer sexuellen Beziehung, die von einem der beiden Beteiligten missbraucht wird. "Ist es nicht mehr konsensual, dann ist es Belästigung und verboten." Je nach Schwere des Vergehens drohten Jobverlust und Anklagen.

Sex zwischen akademischen Hierarchien sei an Unis jedenfalls Thema. Klauseln wie jene in Harvard hält Risak aber für sittenwidrig. "In einem Arbeitsverhältnis verkauft man seine professionelle Arbeitskraft – und nicht seine komplette Persönlichkeit."

Missratene Beziehungen zwischen Studierenden und Professoren schaffen es nicht oft in die Öffentlichkeit. Diesen ist es gelungen: Ein 58-Jähriger verheirateter Augsburger Professor verlangte 2009 Sex von seiner Studentin , damit er ihre Masterarbeit gut benotet. Sie lehnte ab – und fiel glatt durch. Sie bat ihn um eine Nachbesprechung und kam verwanzt. Mehrere aufgenommene Annäherungsversuche des Profs später, erpresste sie wiederum ihn, da sie eine bessere Note wollte. Dem Prof wurde das zu viel und er erstattete Selbstanzeige. Er wurde vor Gericht wegen Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten und einer Geldstrafe von 8000 Euro verurteilt.
Nur zu fünf Monaten Haft ist 2013 ein Jus-Professor in Singapur verurteilt worden. Der 42-Jährige verlangte von einer Studentin Sex gegen gute Noten. Zudem forderte er teure Geschenke, wie maßgeschneiderte Hemden oder exklusive Füllfederhalter. Das Tragische: Die Studentin wurde aus diesem Verhältnis schwanger und fühlte sich zu einer Abtreibung gezwungen.

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