Eine Frage des Glaubens

Schöner Schein: So tun, als ob, reicht nicht.
Echte Glaubwürdigkeit kalkuliert nicht – ein Grundsatz, der im Vertriebsalltag nicht leicht zu leben ist.

Verkäufer haben ein Glaubwürdigkeitsproblem, Umfragen bestätigen dies seit Jahren. Bei Rankings der vertrauenswürdigsten Berufen rangierten sie meist auf den allerhintersten Plätzen. Am wenigsten traut man laut Umfragen Callcenter-Mitarbeitern, Autoverkäufern und Immobilienmaklern.

Auch Trigon-Berater Werner Leeb kennt die gängigen Vorurteile, die Verkäufer in ein zwielichtiges Licht stellen. Trainings helfen dagegen wenig. Im Gegenteil: "Hören die Kunden – unter Umständen von Verkäufern selbst – dass diese wieder einmal spezielle Verkaufs- und Kommunikationstechniken erlernt hätten, welche es ihnen nun mit Leichtigkeit ermöglichen, jedem fast alles zu verkaufen, dann verstärkt dies das Phänomen noch zusätzlich." Außerdem, so Leeb, sehen sich Vertriebler gerne als "Krieger" oder "Jäger", was bei den Kunden zu einer Abwehrreaktion – Flucht oder Angriff – führt. Vertrauensfördernd ist diese Verkaufstaktik nicht.

Glaubwürdigkeit hingegen schon. "Glaubwürdigkeit hat aber mit gelebten Werten und Verhaltensweisen zu tun, wie Ehrlichkeit, Authentizität, Verlässlichkeit, Handschlag-Qualität, Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit", erklärt Leeb. Diese kann man nicht erlernen, sondern man muss sich dafür entscheiden. Ganz grundsätzlich.

Sagen und tun

Managementautor Reinhard K. Sprenger greift das Thema in seinem aktuellen Buch Das Prinzip Selbstverantwortung (Campus 2015) auf. Seine Ideen haben auch für Vertriebler Bedeutung. Glaubwürdig ist man laut Sprenger nur, wenn man glaubwürdig sein will, weil man sich dafür entscheidet. Und nicht, weil es als das moralisch Richtige erscheint oder von anderen anerkannt wird.

Drei Schritte sind dabei nötig. Erstens: Das Sagen muss dem Handeln entsprechen. Sätze wie "Das habe ich versprochen? Da habe ich mich wohl versprochen!" sind daher schnellstens aus dem Witz-Repertoire zu entfernen. Zweitens: Glaubwürdigkeit entsteht nur dann, wenn man Werte um ihrer selbst Willen lebt – und nicht, um damit ein verdecktes Ziel zu erreichen. Denn: "Echte Glaubwürdigkeit kalkuliert nicht", diagnostiziert Sprenger. Gerade im Vertrieb ist dieser Grundsatz nicht immer leichter zu leben. Wer aber mit seinen Kunden freundlich spricht, nicht um freundlich zu sein, sondern um sie besser manipulieren zu können, verfehlt diese Bedingung. Und verliert seine Glaubwürdigkeit. Drittens, so Sprenger, müssen die eigenen Werte revidierbar bleiben. Das bedeutet nicht, sein Fähnchen stets nach dem Wind zu hängen, sondern die Konsequenz der Werte für andere und die eigene Zukunft immer zu hinterfragen. Wer seine Überzeugungen am liebsten zum allgemeinen Handlungsstandard aufblähen, wirkt nämlich nicht überzeugend, sondern unglaubwürdig.

Beraten statt andrehen

Wie also kann man es besser machen? "Emphatische Verkäufer sind von ihrem Produkt und ihrer Leistung durch und durch überzeugt, aber wollen nicht um jeden Preis etwas verkaufen. Sie verstehen sich als Berater, wollen Bedürfnisse und Wünsche verstehen und nach der möglichst optimalen Lösung suchen", erklärt Leeb. Vor allem aber: Sie sind nicht am schnellen Geld, sondern an einer guten Kundenbeziehung interessiert. Daher zeigen sie Stärken und Schwächen von Produkten auf. Leeb: "Auf diese Weise fühlen sich die Klienten ernst genommen. Sie werden dieses Verkaufserlebnis in Erinnerung behalten, sich nicht über den Tisch gezogen fühlen, sondern vielmehr innerlich einen zukünftigen Besuch bereits vorweg nehmen."

Kunden spüren, ob Verkäufer den Heiligenschein nur als Maske tragen. Sehr verräterisch ist dabei die Stimme. Laut einer von Barbara Blagusz 2014 durchgeführten Studie hat der Stimmklang nämlich weit mehr Einfluss darauf, ob ein Verkäufer kompetent, glaubwürdig oder vertrauensvoll wirkt, als der tatsächliche Inhalt des Gesagten. Aber: Nur sieben Prozent der befragten Verkäufer sind mit ihrer Stimme zufrieden.

Kommentare