„Ein Americano geht immer“: Neue Bar von Roberto Pavlović-Hariwijadi
Es ist sieben Jahre her, dass wir Roberto Pavlović-Hariwijadi zum ersten Mal trafen. Es war das erste Interview seines Lebens, er hatte gerade seine American Bar am Bauernmarkt eröffnet, mit viel Anfangszauber, Liebe zum Detail und dem Mut, sich nach Jahren in der Barszene selbstständig zu machen.
Seither hat sich viel getan. Nicht nur, dass Roberto jetzt vierfacher Vater ist, auch seine Bar hat sich sozusagen verdreifacht. Neben dem Zweitlokal in der Jasomirgottstraße wird es ab nächster Woche Roberto, die Dritte geben: eine American Bar am Neuen Markt, dort wo einst die legendäre Reiss Bar angesiedelt war.
Und wieder liegt der Anfangszauber in der Luft: Roberto und seine Ehefrau und Geschäftspartnerin Alexandra haben ein stolzes Glänzen in den Augen, als sie durch die Baustelle führen. Noch müssen die Flaschen eingeräumt und die Tische geputzt werden, aber schon bald heißt es wieder: „Willkommen all ihr Windungen, Kurven, Abbiegungen, Umwege und Abkürzungen des prallen Lebens. Nehmt Platz unter den illustren Gästen und lasst uns das Spiel beginnen.“ Jenes Spiel, das Roberto in seiner ersten Barkarte vor Jahren schon beschrieb.
KURIER: Wenn es jetzt nicht 9:30 Uhr früh wäre, welchen Drink würdet ihr mixen?
Roberto: Einen Americano. Der geht immer.
Alexandra: Der geht auch um diese Uhrzeit.
Ihr habt am Bauernmarkt begonnen, was ist aus euch Jungunternehmern mit der Neueröffnung der dritten Bar geworden?
Roberto: Es wäre die geilste Erfolgsgeschichte aller Zeiten, würden viele Kräfte es uns nicht immer und immer so schwer machen. Weil wir wirklich einen guten Lauf haben, viel für die Stadt gemacht haben, viel Charity und Veranstaltungen. Die Bars sind Treffpunkte für die Menschen geworden. Multikulti, Frauen und Männer, alle Nationen. Aus einem kleinen Ort sind drei Orte mit einer wirklich guten Aura geworden.
Vier Kinder, die dritte Bar, dieselbe Ehefrau und Geschäftspartnerin – und das alles in Zeiten von Corona. Wie macht ihr das?
Roberto: (nachdenklich) Das kann man nur schaffen, wenn man sich liebt. Es gibt viele Höhen und Tiefen, am Ende geht alles nur mit Liebe.
Alexandra: So fängt auch unser neues Barbuch an. Mit den Säulen von Robertos Bar – die erste Säule ist Liebe. Die Liebe zur Sache. Das verlangen wir auch von unseren Mitarbeitern bei dem, was sie tun.
Roberto: Weil dann kommt alles doppelt und dreifach zurück.
Wie kam es zur Übernahme dieser Adresse? Nach der legendären Reiss Bar waren einige Nachmieter hier, zuletzt ein Smoothie-Laden.
Roberto: Die Adresse wurde uns schon vor vier Jahren angeboten. Damals waren wir aber nicht bereit, zu expandieren.
Alexandra: Es war uns eine Nummer zu groß. Wir haben uns einfach nicht getraut. Mit Corona und der Wirtschaftskrise haben sich aber ein paar Parameter geändert, die Mietepreise etwa. Auf einmal dachten wir: jetzt geht’s. Mir hat diese Adresse immer gefallen – mit dem ersten Lockdown hab ich immer wieder an dieses Lokal gedacht.
Roberto: Es gibt für alles im Leben den richtigen Zeitpunkt. Im Tun ergeben sich neue Ideen und neue Konzepte – und dann jagt man sie.
Nun waren die vergangenen 1,5 Jahre nicht einfach für die Nachtgastronomie. Auch, weil immer noch die Touristen fehlen. Trotzdem wagt ihr diesen Schritt.
Roberto: Du kannst nicht permanent in Furcht leben. Es geht weiter und wir werden diese Pandemie in den Griff bekommen. Ich glaube, man muss mutig durch Leben gehen.
Alexandra: Man muss sich bewegen. Dieses Projekt hat uns auch durch den Lockdown geholfen. Weil wir im Kopf immer in der Zukunft waren, immer beschäftigt. Und wir hatten eine Vision von einer Zeit, die gut sein wird.
Seit 19. Mai 2021 ist die Nachtgastronomie wieder geöffnet, davor war monatelang alles geschlossen.
Alexandra: Wir waren lange acht Monate zu.
Roberto: Aber: die Regierung hat wirklich geholfen. Die Zahlungen sind geflossen, das hat uns gerettet. Ohne dem wäre es nicht gegangen.
Es gibt ab nächster Woche drei Roberto-Bars innerhalb von 300 Metern Luftlinie. Verträgt die Innenstadt so viele Bars?
Roberto: Sie verträgt definitiv mehr gute Standorte – Bars, Restaurants, egal – Hauptsache mehr Gastronomie mit gutem Konzept.
Apropos Konzept: Wie lautet das für die neue Bar?
Roberto: Toll, dass der Ort Geschichte hat. Aber wir sind bereit, neue Geschichten zu schreiben. Es ist ein guter Standort und es wird eine gute Roberto American Bar. Der Neue Markt wird bald einer der schönsten Plätze der Stadt sein.
Alexandra: Das ist kein neuer Ort, sondern etwas, das wieder zum Leben erweckt wird. Endlich ist das hier wieder offen, auch wenn es ganz anders sein wird. Es ist vom alten Lokal nichts mehr übrig, wir haben alles erneuert, bis auf die Lüftungsrohre.
Alexandra, du bist die Designerin und Macherin der Bar. Die Designsprache ähnelt den anderen Standorten. Was hat der Umbau gekostet?
Roberto: (lacht) Bei der ersten Bar hat die Bank noch nach einem Konzept gefragt. Bei der Zweiten und Dritten nicht mehr.
Alexandra: Das Budget ... es liegt jenseits der 500.000 Euro – also wirklich viel für so einen kleinen Ort. Aber wir haben eine gute Hausbank. Und unser Luster hat 375.000 Kristalle. Die Tische sind ein Andenken an Robertos Anfänge: nach dem Design von Adolf Loos. Und wir haben eine Kooperation mit Lobmeyr, unser Signature- Drink heißt so und wird in der berühmten Bonbon-Schale serviert.
Ihr werdet nächste Woche eröffnen.
Alexandra: Ja, still und ruhig. Ich mag die Stille, es soll sich rumsprechen, dass es uns jetzt hier gibt.
Ihr habt lange Öffnungszeiten, täglich von 11 bis 4 Uhr. Dafür braucht es viel Personal.
Roberto: Wir brauchen mindestens 15 Personen für einen Standort. Die Krise hat bei den Mitarbeitern alles verändert: Es gibt nur noch wenig Leute, die arbeiten wollen. Das ist speziell in der Gastronomie so. 99,9 Prozent aller AMS-Bewerber wollen nur den Stempel, damit sie weiterhin Arbeitslosengeld bekommen. Niemand von diesen Bewerbern will richtig arbeiten. Hier also mein Aufruf: Wir suchen Mitarbeiter mit der richtigen Einstellung. Gute Menschen mit dem Herz am richtigen Fleck. Den Rest bringen wir bei.
Wie würdet ihr den Status quo der Nachtgastronomie in Wien beschreiben?
Roberto: Es läuft, die Leute wollen ausgehen. Das erste Wochenende nach dem Lockdown war irre, da hatten wir schon am Nachmittag 200 Leute am Bauernmarkt.
Alexandra: Aber es ist schwieriger geworden, die Registrierung, der Datenschutz. Es gibt nach wie vor viele Diskussionen mit den Gästen.
Roberto: Grundsätzlich finde ich den strengen Umgang gut, das gibt Sicherheit. Aber oft hat man das Gefühl, die Exekutive mochte es lieber, als alles geschlossen war. Und als Barbetreiber mit ausländischem Namen ist man sowieso unbeliebt. Man will nicht, dass ’Ausländer’ hier erfolgreich sind. Dabei bin ich in Wien geboren und im 1. Bezirk ins Gymnasium gegangen.
Alexandra: Wir haben bald 45 Mitarbeiter, sind gute Steuerzahler. Wir haben seit über einem Jahr auf Kartenzahlung umgestellt, bei uns geht nichts ohne Rechnung.
Roberto: Das ist übrigens mit ein Grund, warum wir uns so schwertun, Personal zu finden. Bei uns geht nichts schwarz, das schreckt viele ab.
Wie viel Druck bringt so eine Expansion?
Roberto: Ich spüre keinen. Man lernt auf dem Weg.
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