Doch kein verlorenes Semester?

Doch kein verlorenes Semester?
Die erste Prüfungsphase des Semesters rückt näher. Wie sehen digitale Leistungskontrollen aus und wo ist kein Ersatz möglich?

Noch einmal kurz vor der Prüfung in Windeseile durch die Lernunterlagen blättern, Studentenausweis vorzeigen, mit einem Häkchen neben dem Namen werden Anwesenheit und Identität des nervösen Studierenden bestätigt. Der volle Saal füllt sich mit verbrauchter Luft und dem süßlichen Geruch von Angstschweiß vor der Prüfung. Ein bekanntes Szenario für viele der 380.000 Studierenden in Österreich – aber nicht dieses Semester. In den kommenden Prüfungsphasen Ende April und Juni muss man auf dieses Erlebnis verzichten. Schuld ist das Coronavirus, das die Türen der Vorlesungssäle und Seminarräume in den 70 österreichischen Hochschulen bis auf Weiteres geschlossen hält.

Lehre im Internet

Der Lehrbetrieb wurde bekanntlich auf Distanzlehre umgestellt, Lehre und Prüfungen ins Internet verlagert. Denn das Semester soll trotz all dem nicht verloren sein. Bildungsminister Heinz Faßman sagt: "Die Ernte des Semesters soll eingefahren werden", er will damit Studierende beruhigen, die Verzögerungen und verpasste Fristen fürchten.

Der online Lehrbetrieb funktioniere auf den meisten Hochschulen mittlerweile nahezu reibungslos, Studierenden und Lehrende haben sich große Mühe gegeben, sich den neuen Umständen anzupassen. Die Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien, Edeltraud Hanappi-Egger spricht gar von einer 100 Prozentquote. Es sei geglückt alle 1750 Lehrveranstaltungen auf Distanzlehre umzustellen, den Studierenden drohe dadurch kein Nachteil. Auch die Prüfungsmodalitäten seien neu und der Situation angepasst worden (Überblick rechts). In der Prüfungswoche im April rechne man mit 5000 Antritten.

Nicht alle Hochschulen aber schaffen eine hundertprozentige Umstellung der Lehre. "Wir können keine hundertprozentige Garantie geben", sagt Christa Schnabl, Vizerektorin der Uni Wien. Das liege aber weniger an den Lehrenden. Die Herausforderung sei viel mehr die Art der Lehrformate, etwa im Lehramtsstudium. Diese Studierenden müssen im Laufe ihres Studiums Schulpraktika absolvieren, so Schnabl. "Für diese gibt es aber jetzt über den digitalen Weg gute Lösungen. Nur wenige haben keine Alternative."

Praxis ohne Ersatz

Auch Laborlehren oder Exkursionen, die in einigen naturwissenschaftlichen Fächern absolviert werden müssen, lassen sich nicht vollständig durch digitale Übungen ersetzen, das verunsichert Studierende. Ein Masterstudent der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) erzählt im KURIER-Gespräch, dass er ursprünglich die Hälfte des Semesters mit praktischen Übungen eingeplant hatte. "Aber jetzt steht alles still. Ich wollte zwei Feldpraktika machen. Eines wurde jetzt in den September verschoben. Außerdem sollte ich eine Laborübung und eine Exkursion machen." Nun aber müsse er erst schauen, was er online absolvieren kann oder Ersatz suchen. Von der Boku heißt es auf KURIER-Anfrage: "Exkursionen werden z. B. als virtuelle Rundgänge angeboten, Laborübungen werden zum Teil mit theoretischen, digital zu bewältigenden Aufgaben begonnen. Die Präsenzlehre im Labor wird aus Sicherheitsgründen auf Juli bzw. September verschoben." Auch andere Hochschulen erwägen Unersetzbares in den Sommer zu verlagern, damit die Ernte bis Herbst eingefahren werden kann.

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