"Die Welt wartet nicht auf uns"
Henrietta Egerth und Hannes Androsch marschieren durch das Betriebsgelände des Leiterplattenbauers AT&S in Schanghai. Die Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und der Miteigentümer von AT&S diskutieren darüber, wie Forschung in China gefördert wird und wo es Möglichkeiten der Kooperation mit österreichischen Einrichtungen gibt. Ohne erfolgreiche Forschung kein Wohlstand. Das klingt schlicht, ist aber so.
Österreich muss zukunftsfit werden, heißt es oft, nicht nur in den Sonntagsreden der Politiker. Also ist die 43-jährige Henrietta Egerth für zehn Monate nach Singapur übersiedelt, um Kooperationen mit asiatischen Forschungseinrichtungen abzuschließen. Dass sie ihren 7-jährigen Sohn mitgenommen, aber für ein Kindermädchen kein Visum bekommen hat, erzählt sie nur nebenbei. Sie musste in Singapur Schule und Betreuung finden, das sei nicht einfach, aber der FFG müsse jetzt in Asien präsent sein, so Egerth, weil dort die Forschungsquoten höher und die Partneragenturen schneller sind. Also hat sie private Schwierigkeiten auf sich genommen.
Zur gleichen Zeit in Wien: Da hat ein Politiker ganz andere Sorgen. Im Nationalrat bringt der FPÖ-Abgeordnete Gerhard Deimek eine parlamentarische Anfrage ein, wo er unter anderem wissen will, was denn der 10-monatige Aufenthalt von Frau Egerth in Singapur so koste. Was er bringt, will der Politiker nicht wissen. Wenn man nur ein bisschen Neid auf jemanden lenken kann, der die weite Welt erkundet, ist der politische Auftrag schon erfüllt. Glückliches Österreich.
Würde der Herr Abgeordnete Deimek die Mühe einer Asienreise auf sich nehmen, könnte er lernen, dass Länder wie Singapur, Japan, Korea oder Taiwan nicht nur eine höhere Forschungsquote haben, sondern auch staatliche Agenturen, mit denen Österreich Grundlagenverträge abschließen muss, um gemeinsame Projekte zu finanzieren. „Große Unternehmen haben natürlich einen leichteren Zugang zu Firmen und Finanzierungen“ erzählt Egerth, „für Kleine und Mittelständler müssen wir hier Strukturen aufbauen. Da holen wir etwas auf, was in den vergangenen Jahren zu wenig betrieben wurde.“
Im Wesentlichen geht es um Hochtechnologie, wobei einige Unternehmen bereits in Asien nicht nur produzieren, sondern auch forschen.
Wenn also ein österreichische Mittelständler glaubt, dass er in Korea aktiv werden kann, wird er sich künftig an die FFG wenden können, die ihm die Partnerorganisation in Seoul nennen wird. „Wir machen die Kontakte und die Arbeit im Markt – die Forschungsprojekte machen die Unternehmen selbst“, so Egerth.
Asien sichert Jobs bei uns
Und wie kommt man zu Förderungen? Da gibt es einmal das EU-Projekt „Horizon 2020“, ein europäisches Rahmenforschungsprogramm, von der EU-Kommission mit 80 Milliarden Euro dotiert. Österreich holt hier pro Jahr etwa 150 Millionen heraus, mehr, als wir einzahlen. Aber es suchen eben auch andere EU-Länder Kooperationspartner in Asien, umso mehr müssten wir uns hier anstrengen. „Wir sind gut, aber die Welt wartet nicht auf uns“, so Egerth.
Asien sei aber kein Killer für österreichische Arbeitsplätze, ganz im Gegenteil. Hannes Androsch, Aufsichtsratsvorsitzender des Leiterplattenbauers AT&S betont, dass sein Unternehmen nur deshalb Arbeitsplätze in Österreich halten kann, weil in China produziert wird. AT&S investiert gerade rund 350 Millionen Euro in der mittelchinesischen Stadt Chonqing, wo Platten mit einer neuen Technologie erzeugt werden sollen. Die Entwicklungsarbeit dafür wurde in Österreich und in China geleistet.
Reichen da zehn Monate, die die Geschäftsführerin des FFG in Asien verbringt und können die notwendigen Verträge mit den Partneragenturen von Korea bis Malaysia in dieser kurzen Zeit geschlossen werden? Es reicht für den Einstieg, sagt Egerth. In Korea und Taiwan sind bilaterale Abkommen vorbereitet, das Interesse sei überall groß.
Und wie lebt es sich mit einem kleinen Kind in Singapur, wenn Ehemann Christoph Stadlhuber nur selten vorbeikommt, weil er selbst beruflich stark engagiert ist? Die Antwort ist kurz: „Es ist heiß mit hoher Luftfeuchtigkeit.“ Gearbeitet wird in dem Stadtstaat schnell und effizient, wobei der österreichische Zugang, dass man sich zusammen redet, oft erfolgreich ist. Bei einem Glas Wein? Eher nicht, der ist in Singapur zu teuer. In Singapur lebt man nicht, man arbeitet.
Die Regierung hat die Internationalisierung der Forschung in ihr Programm geschrieben. Eine Frau kämpft in Singapur und anderen asiatischen Staaten darum, das umzusetzen.
Henrietta Egerth ist seit 2004 Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Derzeit ist sie auf Asien- Mission: In einer zehnmonatigen Präsenz in Singapur sollen bilaterale Abkommen und Kooperationen in Südkorea, Japan, Singapur und Malaysia etabliert werden. Die Kosten für den Aufenthalt sind von der FFG mit 70.000 Euro beziffert.
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