Wo will ich eigentlich hin? Diese Frage stellen sich nicht Lehr-, Studien- oder Jobanfänger, sondern auch so manche, die mitten in der Karriere stehen. Eine Möglichkeit, um eine Antwort zu finden, ist der Entwurf einer ganz persönlichen beruflichen Vision.
Klingt psychodelisch? Weltweitwandern-Chef Christian Hlade erklärt, wie ihm die gedankliche Reise in die Jobzukunft karrieretechnisch geholfen hat.
KURIER: Sie schreiben, dass es möglich ist, sein Leben auf eine berufliche Vision hin zu gestalten. Wie kann man sich das vorstellen?
Christian Hlade: Es gibt nichts Stärkeres, um seinem Leben ein Richtung zu geben, als eine starke Vision. Meine lautete: „Ich will von meiner Begeisterung für das Reisen und andere Kulturen leben können.“
Mein erster Plan war, es als Reiseschriftsteller oder -Fotograf zu versuchen. Für beides fehlt mir das Talent. Wenn ich da stur dabeigeblieben wäre, hätte mich so ein Leben sicher nicht glücklich gemacht.
Mein zweiter Versuch waren Diavorträge. Damit war ich einige Jahre sehr erfolgreich. Dann kam in den 90er-Jahren ein großer Einbruch. Zudem war es energetisch auf Dauer zu anstrengend. Also musste ich weitersuchen und meine Vision verändern. Denn auch eine Vision steht nicht einfach so fix und fertig perfekt vor dir. Daran muss man arbeiten, jeden Tag und immer wieder neu.
Warum ist positive Selbstvision so hilfreich, um auch beruflich den richtigen Weg zu finden?
Um erfolgreich zu sein, muss man realistisch sein und zugleich träumen. Lange Zeit bringt der Weg entlang einer Vision etwa keinen oder sehr wenig finanziellen Erfolg. Und so unpassend das an dieser Stelle auch klingen mag: Eine realistische Finanzplanung und ehrliche wirtschaftliche Analyse gehören dazu.
Denn die Verwirklichung einer Vision braucht immer drei Faktoren: Erstens Begeisterung und Energie, zweitens Talent und Fähigkeiten und drittens eine Nachfrage, einen Markt. Es müssen immer alle drei Faktoren zusammenspielen.
Um die Person kennenzulernen, die man selbst beruflich werden könnte, braucht man 30 Minuten Zeit, einen Stift, ein Blatt Papier und eine offene Einstellung:
Die „Positive Selbstvision“ ist eine Technik, um über die Job-Zukunft, die wir uns wünschen, einmal in konzentrierter Form nachzudenken. Und zwar in Bildern und Worten, statt in Daten.
Schritt: Machen Sie die Augen zu und stellen Sie sich einen Weg vor – egal ob im Wald oder in Ihrer Stadt: Wandern Sie den Weg gedanklich entlang, Schritt für Schritt, bis zu einem Punkt kommen, der Ihrem Gefühl nach die eigene Karrieresituation in genau einem Jahr symbolisieren könnte.
Schritt: Wenn man einen geeigneten Punkt gefunden hat, heißt es innehalten und spüren. Man ist ein Jahr älter, ein Jahr weiter. Wie fühlt sich das an? Wo ist man? Nun kommt der schwierige Teil: Die eigenen Gefühle in Worte fassen. Am einfachsten ist es, sich die Gedanken einfach zu notieren, ohne sie gleich zu hinterfragen.
Schritt: Die Analyse der Notizen sollte generell nicht zu streng sein: Positive berufliche Entwicklung heißt nicht unbedingt, dass etwas Neues, Grandioses passieren muss. Es ist auch interessant zu sehen, was derzeit gut läuft. Spürt man aber, dass es Umstände gibt, die man wirklich ändern möchte, sollte man den Gedanken Taten folgen lassen.
Wie gestaltet man seine Vision? Wie flexibel muss man sein, wenn doch alles anders kommt?
Eine Vision darf nichts Starres oder gar Dogmatisches sein. Sie muss zwar sehr stark und auf eine gewisse Weise gegen manche Widerstände unbeugsam sein, aber zugleich auch flexibel und biegsam.
Sie muss sich an das eigene Leben, die eigenen Begabungen und vor allem die Umstände der Zeit anpassen. Nichts ist verheerender als eine unflexible, starre Vision. An dem sind auch schon viele Menschen zerbrochen und leben dann unglücklich und als unverstandene Genies.
Wie begegnen Sie Kritikern, welche die Sinnhaftigkeit von beruflichen Visionen anzweifeln?
Ich höre zunächst aufmerksam zu. Dann kommt mein Filter: Ist da jemand, der mich nur runterziehen will? Und ist diese Kritik relevant? Denn wer erfolgreich sein möchte, muss sich fokussieren: Nur Kritik, die vom Zielpublikum kommt oder das anvisierte Ziel betrifft, ist ernst zu nehmen. Nicht alle müssen das lieben, was ich mache.
„Wenn Du immer nur in der Welt herumreist und vor den Dingen zu Hause wegläufst, dann wird bestimmt einmal nichts aus Dir!“ – das war der besorgte Ratschlag meines Vaters im Jahr 1987 vor meiner Tibetreise. Heute sind meine vielen Reisen als junger Erwachsener eine der wesentlichsten und wichtigsten Ressourcen für mein Reiseunternehmen „Weltweitwandern“.
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