Die sieben Fallen für Start-up-Investoren
Von Fehlern, die sie sich gerne erspart hätten, handelt der aktuelle Titel „Startup Investing“ (siehe Buchtipp) – ein Sammelband, verfasst von der Crème de la Crime der österreichischen Start-up-Investmentszene: Michael Altrichter, Hansi Hansmann, Markus Ertler, Magdalena Hauser sind nur einige der hochkarätigen Autoren.
Die Herausgeber Stefan Artner und Karin Kreutzer, selbst seit 2015 als Anleger in der österreichischen Start-up-Szene aktiv, hatten die Idee zum Buch. Es soll jenen, die Lust auf das glatte Parkett der Start-up-Anleger haben, den Einstieg erleichtern. Denn Österreich könnte nicht nur mehr Start-ups, sondern auch mehr Risikofinanciers vertragen. Wagniskapitalfinanzierungen machen nur etwa ein Zehntel des europäischen Durchschnitts aus.
Start-up-Investment fällt in die Kategorie „hochriskant“. Wenn sich der Anleger durch mehr Information den einen oder anderen teuren Fehler erspart, ist viel gewonnen. „Es kochen jedenfalls alle nur mit Wasser“, sagt Artner. Und Markus Ertler, Business Angel of the Year, ergänzt: „Es macht zwar jeder Anleger etwas andere Fehler, doch sie folgen einem Muster.“ Sieben typische Fallen, die Start-up-Investoren kennen sollten:
1. Ins Produkt verliebt sein
Ein tolles Produkt für große Probleme – à la Lösungen gegen Plastikmüll in den Weltmeeren oder für sauberes Trinkwasser in Afrika – ist der Stoff, aus dem die Träume jedes Start-up-Investors sind. Dafür werden gerne Schönheitsfehler übersehen, die schnell zum unlösbaren Problem werden. Etwa, wenn dem reinen Technikerteam jedwede Kompetenz in Marketing und Sales fehlt. „Die beste Idee nützt nichts, wenn niemand das Produkt verkaufen kann“, sagt Ertler. Die Erfolgsquote solcher Teams ist eher gering. Hingegen gilt, dass ein Team engagierter Gründer mit unterschiedlichen Kompetenzen mit einer durchschnittlichen Produktidee sehr erfolgreich sein kann. Fazit: Das Team ist wichtiger als die Idee.
2. Einzelkämpfer in der Start-up-Wildnis
Viele erfolgreiche Start-up-Anleger arbeiten nach dem Motto „zu zweit ist man weniger allein“. Star-Investor Michael Altrichter ist ein Fan dieser Konstellation. Auch für das Investoren-Team gilt: Von mehr Kompetenzen und vor allem einem größeren Netzwerk profitieren letztlich auch die Start-ups. Bei Finanzierungsrunden sind üblicherweise mehrer Kapitalgeber beteiligt. „Für uns ist übrigens nicht nur die Zusammensetzung des Gründerteams, sondern auch des Investorenteams wichtig“, betont Karin Kreutzer.
3. Einfach drauflos investieren
Start-up-Investoren berichten immer gerne, wie sie in ihren Anfängen von der Dynamik der jungen Unternehmerwelt mitgerissen wurden, dass sie am liebsten in jedes Start-up mit coolem Pitch (siehe rechts) und Gründerteam investiert hätten. „Es ist jedoch sehr wichtig, dass man eine Anlage-Strategie hat“, betont Kreutzer. Das kann ein bestimmter Branchenmix im Portfolio sein, eine Obergrenze der Beteiligung oder auch, wie viele Co-Investoren mit an Bord sein sollen.
4. Auf Männerteams setzen
Dass gemischte Teams mit Frauen in Führungspositionen bessere Resultate erzielen, ist hinlänglich erforscht , hat sich aber in der männerdominierten Welt des Wagniskapitals noch nicht so richtig herumgesprochen. Ein Vorteil, den sich vor allem Investorinnen zunutze machen, die auf gemischte Start-up-Gründerteams setzen.
5. Handschlag genügt
Die Gründer sind supersympathisch und ein Start-up-Investment ohnehin riskant, wozu also gutes Geld in Verträge stecken? Diese Logik ist zwar nachvollziehbar, kann den Investor im Streitfall aber teuer zu stehen kommen.
6. Viel Geld in die Hand nehmen
Die Größe des Investments richtig zu dimensionieren, ist eine Kunst. Zu wenig Geld bremst, zuviel mitunter auch. Die Gründer zu verwöhnen kann im Start-up Kreativität und Drive stören. „Geld macht faul. Manche Start-ups kommen erst richtig in die Gänge, wenn sie nur noch Liquidität für ein paar Monate haben“, sagt Ertler.
7. Mitleid haben
Geld nachzuschießen, weil einem die strauchelnden Gründer leidtun, ist kontraproduktiv und Verluste sind programmiert. Karin Kreutzer: „Man soll nicht ungeduldig sein, aber wenn es nicht funktioniert, muss man als Investor auch die Reißleine ziehen. Manchmal ist es besser, zu scheitern.“
Wer erstmals mit Start-ups in Kontakt kommt, versteht zunächst nur Bahnhof – wobei das Fachchinesisch dieser Szene Englisch ist.
Die burn rate bemisst, wie schnell Finanzmittel aufgebraucht werden. Zeigt die Geldverbrennung jedoch Erfolg, werden Business Angels ordentlich smart money nachschießen. Das sind Privatinvestoren, die nicht nur Bares, sondern auch Know-how und Kontakte einbringen.
Ohne Finanzierung ist im Start-up hingegen bootstrapping angesagt. Die Gründer müssen sich am (Stiefel-)Riemen reißen und mit minimalen Ausgaben Einnahmen erzielen.
Für unentlohnte Arbeit gibt sweat equity – Anteile am Start-up quasi als Schweißprämie.
Beim Pitch, der Präsentation der Geschäftsidee, setzten Gründer oft den hockey stick effect ein. Mit dem Schläger werden nicht etwa Investoren bedroht, sondern das Wachstumspotenzial nach einer Verlustphase demonstriert.
Rechtstipps für Investoren
„Vertrauen der Start-up-Investoren in die Gründer ist sehr wichtig, aber auch ein klarer Vertrag und eine grobe Due Diligence“, sagt Bernhard Rieder, Partner bei Dorda Rechtsanwälte. Wer sein Geld etwa in ein Start-up steckt, das eine App entwickelt hat, muss sich nicht zwingend mit der Büromiete des Unternehmens befassen, sollte aber überprüfen, ob die IP-Rechte exklusiv im Eigentum der Gesellschaft stehen.
Gratis-Musterverträge aus dem Internet decken selten die Wünsche nach Mitsprache der Anleger ab. Start-up-Investoren steigen üblicherweise mit einer Minderheitsbeteiligung ein, wollen den Gründern trotzdem nicht ausgeliefert sein. Wer in ein junges Unternehmen investiert, will Umsatzzahlen nicht hinterherrennen müssen, sondern sie automatisch vorgelegt bekommen. Sehr wichtig sind auch klare Regeln für diverse Ausstiegsszenarien: Etwa ab welcher Angebotshöhe alle Gesellschafter beim Exit mitziehen (müssen).
Kommentare