Die Kunst zu heilen

Beate Maria Platz, 50, in ihrem Atelier im 23. Bezirk in Wien. Derzeit empfängt sie hier zehn Klienten pro Woche
Beate Maria Platz, 50, ist Kunsttherapeutin in Wien. Pro Woche empfängt sie zehn Klienten

Wann kommt man zu Ihnen?

Wenn man irgendeine Art von Leidensdruck empfindet. Bei einem Kind können das soziale Auffälligkeiten, beim Jugendlichen etwa Essstörungen oder beim Erwachsenen zum Beispiel Depressionen sein. Ich arbeite aber auch mit Menschen, die gesund bleiben möchten.

Die funktioniert Ihr Job?

Kommt ein Klient zu mir, lernen wir uns erstmal kennen, tasten uns an das Problem heran. Dann leite ich mit der Kunst die Therapie ein. Dem Klienten steht ein ganzes Material-Buffet zur Verfügung, um seine Gefühle und Neigungen auszudrücken. Zwei Sitzungen lang beobachte ich, danach stelle ich eine Diagnose. Dann interveniere ich und die gemeinsame Arbeit an der Heilung beginnt. So kann das Entwicklungspotenzial des Klienten aktiviert werden – die Lösungen für sein Problem liegen in ihm. Der gesamte Prozess findet mit künstlerischen Mitteln statt, nicht mit Schlucken von Arznei.

Was erkennen Sie in den Arbeiten Ihrer Klienten?

Ich kann in ihnen lesen, sehe die ganze Gefühlspalette offenbart. So kristallisieren sich die Problemthemen schnell heraus. Manche malen etwa einen Schlüssel am Meeresboden, oder ein Haus, bei dem sie nicht reinkommen. Ich verstehe aber auch das Abstrakte – auch wenn die Klienten selbst es nicht tun. Liegt das Thema dann offen da, kann man Abstand gewinnen, sich davon befreien. Gemeinsam erarbeiten wir dann eine neue Perspektive.

Wie wird man Kunsttherapeutin? Und warum?

Ich habe mich immer schon gleichermaßen zu der Kunst wie zu den Menschen hingezogen gefühlt. Mitte der 80er habe ich dann diesen Beruf gewählt und seitdem verschiedene weitere Ausbildungen gemacht. Die Kunsttherapie etabliert sich zunehmend – auch an Hochschulen.

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Am Morgen arbeite ich an meiner eigenen Kunst, ab Mittag öffne ich mein Atelier für Klienten.

Das beste und das mühsamste am Job?

Das schönste ist, dass ich mit jedem Klienten eine künstlerisch-schöpferische Reise machen kann. Schade finde ich, dass die Kunsttherapie immer noch nicht von der Krankenkassa übernommen wird und Klienten sie selbst finanzieren müssen.

Wie viel verdienen Sie?

Ich lebe nicht im Luxus, aber ich habe den Luxus, einen sinnstiftenden und befriedigenden Beruf auszuüben.

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