DiCaprios Coach: "Außenseiter verändern die Welt"
Bernie Hiller sitzt im Anna Sacher und trinkt seinen Frühstücks-Orangensaft. Der Amerikaner, Schauspieltrainer und Coach, war gerade bei den Goldden Globes, wurde diese Woche von der Unternehmensberatung Czipin für Seminare und den Opernball nach Österreich geholt und wird Ende Februar bei den Oscars sein. Leonardo DiCaprio, aktuell sein Schützling, wird da seinen ersten Oscar bekommen. Da ist sich Bernie Hiller hundertprozentig sicher. Er coacht DiCaprio am Set bei den Dreharbeiten. Und nebenbei coacht er Manager zum Erfolg.
KURIER: Herr Hiller, sind wir alle Schauspieler?
Bernie Hiller: Ja. Jeder spielt seine Rollen. Die Welt ist eine Bühne und jeder hat darin verschiedene Stücke zu spielen. In jeder Situation des Tages haben wir andere Rollen – manche können wir besser, andere schlechter.
Heißt das: Je besser wir schauspielern, desto erfolgreicher sind wir im Leben?
Die Rollen, die wir spielen, müssen wir auch spielen können. Je authentischer, desto besser. Manchmal braucht es dafür aber auch Training. Nicht jeder ist auf Anhieb eine gute Mutter oder ein guter Chef.
Müssen wir uns nicht ständig verbiegen, uns dauernd in andere Rollen einpassen?
Wichtig ist: Schauspielern ist nicht lügen. Man muss sich wohl in den Rollen fühlen.
Wie kann man seine Rolle im Job finden?
Sie wissen, dass Sie in der richtigen Rolle sind, wenn es kein Job ist. Wenn sie in der Früh gerne aufstehen. Ich habe in 40 Jahren nie gearbeitet.
Wie findet man so etwas?
Das sagt Ihnen Ihr Instinkt. Es ist ein Gefühl. Sie müssen immer Ihren Gefühlen folgen, weil Ihr Kopf liegt immer falsch. Der Kopf ist das Land der Armut und Ängste. Wenn Sie sich unwohl fühlen, nicht geliebt, nicht unterstützt werden, dann übernimmt automatisch der Kopf. Aber der Kopf ist Ihr Feind. Dort sind die negativen Gedanken und die Zweifel.
Sie arbeiten viel mit Managern – was brauchen die?
Sie müssen vor allem die Freude am Job wiederfinden. Meistens sind sie sehr ernst und unfroh. Ich sage: Vergesst das Ernste. Manager mit Freude sind besser, glücklicher, verdienen mehr. Ein Job ist ja kein Gefängnis. Wenn es keinen Spaß macht, suche den Spaß – oder finde einen anderen Job.
Mit Ihrer Geschichte vom roten Elefanten wollen Sie anstoßen, dass die Menschen ihre Einzigartigkeit finden und fördern.
Genau. Das Einzigartige macht die Menschen leider oft zu Außenseitern. Aber: Die Außenseiter verändern die Welt. Wer anders ist und nicht erfolgreich, wird als merkwürdig und sonderbar abgetan. Steve Jobs war sonderbar – und erst fantastisch, als er erfolgreich wurde. Dann wird man auf einmal bewundert, darf exzentrisch sein. Alle großartigen Menschen sind auch immer ein bisschen verrückt. Lady Gaga, Einstein, Brad Pitt – man muss sich trauen, verrückt zu sein – und daraus etwas machen. Die verrückten Menschen sind die Genies von morgen. Zuerst werden sie belächelt, dann werden sie bewundert.
Ist das eine Regel für Erfolg: Sei anders?
Ja. Und Erfolg hat, wer nicht weiß, was andere Menschen über ihn denken. Sich nicht darum kümmert, was andere denken. Die Frage: "Was glaubst du?" sollte man aus seinem Repertoire streichen. Der wichtigste Satz ist: "Warum nicht?" Die Gruppe liegt immer falsch. Es ist auch egal, was die Gruppe denkt. Wichtig ist, was Sie wollen, was Sie sind, was Sie denken. Wenn Sie etwas Neues erfinden, etwas Neues kreieren, werden die Menschen natürlich alle glauben, Sie sind verrückt. Alles Neue wird als verrückt eingestuft, bis es irgendwann Teil unseres Alltags wird.
Wie funktioniert Ihre Arbeit mit Schauspielern?
Der Unterschied zwischen Schauspielern in Europa und in Amerika ist: In Hollywood haben alle Schauspieler einen Trainer und Coach. Immer. Das hört auch nie auf. Es wird immer weitertrainiert und gearbeitet. Ich bin der Assistent der Schauspieler. Ich helfe ihnen, fokussiert und konzentriert zu arbeiten, bringe sie auf neue Ideen, während sie arbeiten. Erfolgreiche Menschen holen sich Hilfe – Hilfeholen ist ein Zeichen von Stärke.
Sollten auch Manager öfter Hilfe holen?
Man kann gut sein, aber um brillant zu sein, braucht man einen Coach. Menschen und Unternehmen, die nicht trainieren, verlieren. Man muss sich immer weiterentwickeln, darf nie stehen bleiben. Deshalb arbeite ich mit Czipin. Er will mehr, will etwas anderes. Und etwas anderes ist die Zukunft.
Ist Leonardo DiCaprio Ihr wichtigster Kunde?
Ich arbeite jetzt mit ihm,also würde ich sagen: ja.
Ihre wichtigste Botschaft?
Menschen müssen anfangen, sich selbst zu lieben. Je mehr man sich liebt, desto mehr kann man tun. Menschen, die sich selbst lieben, verändern die Welt. Und: riskiere. Nur jemand, der riskiert, kann großartig werden. Folge nicht der Menge, folge dem Herzen.
Geboren in Buenos Aires, lebte als Kind in Frankfurt, danach in New York, wo er Schauspiel studierte. Er begann seine Karriere als Schauspieler, Sänger und Tänzer an der High School of Performing Arts in NYC. Er wirkte in Broadway-Musicals und über 200 TV-Werbespots mit. Mit seinen Schauspieltechniken wurde er zu einem gefragten Coach, der die Karriere von zahlreichen Hollywood-Stars wie Cameron Diaz in Gang brachte. Neben Schauspielern coacht er CEOs und Unternehmen. Hiller (53) leitet Schauspielklassen in NY, LA und rund um die Welt und ist Autor des Buches „Stop Acting – Start Living“.
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