Der Mann hinter dem Swoosh
Nike – das ist Michael Jordan. Wie er hochspringt, den Ball hievt, ihn durchs Netz jagt, sich lachend an den Korb hängt und wieder sanft auf den dicken, weichen Sohlen landet. Seine unbändige Kraft und endlose Energie, sie entspringen einzig seinem Schuhwerk.
Das suggerierte zumindest jahrelang die Werbung. Denn der Name der Marke solle schließlich auch Programm sein. Dass Nike nach der griechischen Siegesgöttin benannt wurde, war aber nicht immer der Plan. 1971, als das Unternehmen seine Gestalt annahm, waren auch noch andere Namen im Rennen. Aber wer würde schon gerne Falcon-Laufschuhe tragen? Oder Bengal-Sportjacken? Einem Mitarbeiter-Vorschlag verdankt das Unternehmen seinen heutigen Titel. Nikes Image bestach schon von Anfang an durch Lässigkeit. Das weltberühmte Hakerl-Logo, der "Swoosh", kostete nur 35 Dollar, eine Grafikdesign-Studentin entwarf es. Heute steht das Hakerl für den größten Sportartikel-Hersteller der Welt. 30 Milliarden Umsatz macht er pro Jahr aktuell. Der Mann hinter dem Hakerl ist der 78-jährige Amerikaner Phil Knight, der 1964 die Idee hatte, günstige Sportschuhe zu verkaufen.
Eine verrückte Idee
"It was a crazy idea", schreibt Knight in seiner Autobiografie "Shoe Dog", die vergangene Woche erschien. Mit leichten, leistbaren Sportschuhen in einen gesättigten Markt einzusteigen, galt tatsächlich nicht als die hellste Idee. Die Deutschen – Adidas und der kleine Bruder Puma – teilten sich bereits den weltweiten Kuchen. Und ihr Hunger war immer noch groß.
Doch Knight, in jungen Jahren an der Schule in Portland, USA, selbst Leichtathlet, hatte Adidas grundsätzlich irgendwie satt, schreibt er. Nachdem er acht Jahre bei der US-Army gedient hatte und danach dabei war, an der US-Elite-Uni Stanford seinen MBA fertig zu machen, entwickelte er in seiner Abschlussarbeit ein Konzept, mit dem er die zwei Sport-Riesen untergraben wollte. Doch die große Kampfansage sollte warten. Knight wurde erstmal Wirtschaftsprüfer.
Nebenbei gründete er mit seinem Trainer Bill Bowerman eine kleine Schuh-Firma: Für Blue Ribbon Sports legte jeder 500 Dollar hin, sie importierten Onitsuka Tiger, heute als Asics bekannt. Bis 1969 jobbte Knight als Prüfer, dann verlangten die hohen Umsätze des Schuhverkaufs auch seine ganze Aufmerksamkeit. 1971 startete Blue Ribbon Sports mit eigener Schuh-Produktion und die Firma bekam ihren heutigen Namen.
Knight beschloss mit Nike sein Uni-Konzept zum Leben zu erwecken. Und er machte Marketing, wie es vor ihm noch keiner gemacht hatte, nach ihm aber dann sehr viele. Bis heute gilt das Marketing als das Geheimnis seines Erfolges: Er suchte sich Testimonials. Und ließ sie seine Produkte an die Öffentlichkeit tragen. Er stattete Sportler aus, die ihre Rennen, ihre Kämpfe und ihre Spiele mit seinen Sportschuhen gewannen. Sie wurden zu Models, Werbeträgern und Botschaftern einer einprägsamen Nachricht: "Just do it." Mit jedem ihrer Siege strahlte der Swoosh an ihren Trainings-Jacken ein bisschen greller. Das katapultierte das Unternehmen mit dem farbigen Sportgewand in den Verkaufs-Olymp und 1980 an die Börse. 1989 wurde Nike Weltmarktführer.
Zu viel
Dann trieb es Nike zu bunt. Um Kosten zu sparen, produzierte das Unternehmen nicht mehr in den USA, sondern in Indonesien. Nur zaghaft wehrte sich Knight gegen die Vorwürfe der Mitarbeiter-Ausbeutung und Kinderarbeit. "Ich habe zwei Flugtickets, wir fliegen gemeinsam in ihre Fabrik und sie erklären mir, wie das zustande kommen kann", konfrontierte ihn Regisseur Michael Moore in seiner Doku "Der große Macher". "Sie haben doch ein Gewissen", redete er auf den Chef ein. Knight blinzelte nur. In den darauffolgenden Jahren gab Nike Fehler zu und versucht sich seitdem als transparentes Unternehmen mit sozialer Verantwortung zu positionieren.
2004 gab der heute 78-jährige Knight seinen CEO-Posten auf, bis heute ist er aber Vorstandsvorsitzender. Just wenige Tage nach der Präsentation seiner Biografie bringt er auch schon wieder eine neues Produkt auf den Markt: Der "What the Mercurial"-Fußballschuh vereint Farben aus 18 vorhergehenden Modellen zu einem. Phil Knight, 25 Milliarden US-Dollar schwer und Nummer 24 auf der Forbes-Liste, kann sich entspannt zurücklehnen. Just did it – again.
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