New Work: Im Sans Souci arbeitet das Küchenteam ohne Chef

New Work: Im Sans Souci arbeitet das Küchenteam ohne Chef
Dass sich New Work nicht nur für Bürojobs eignet, zeigt das Wiener Hotel Sans Souci. Dort lebt man das Modell im Rahmen einer teamgeführten Hotelküche.

Seit der Pandemie wurde New Work zur Massendiskussion. Firmen überlegen, wie sie nach Corona aus dem Homeoffice zurückkehren, wie sie weiterhin hybrides Arbeiten ermöglichen und dabei eine gewisse Form der Zusammenarbeit nicht verlieren. Was die  Diskutanten zumeist eint: Sie alle sind in Branchen tätig, in denen die Verrichtung der Arbeit dank der Digitalisierung nicht an einen bestimmten  Ort gebunden ist. New Work – das Modell scheint Büroangestellten vorbehalten zu sein. 

Das stimmt so aber nicht ganz“, sagt Andrea Fuchs, General Managerin des Wiener Luxushotels Sans Souci beim KURIER-Besuch. „Der Fokus des Arbeitsmodells lag ursprünglich auf vermehrter Eigenverantwortung und Potenzialentfaltung der Mitarbeiter und ist somit auch in Branchen umsetzbar, in denen Remote Work und Homeoffice schlichtweg nicht möglich sind, so wie etwa in der Hotellerie.“ Fuchs weiß, wovon sie spricht. Der New-Work-Ansatz wird in ihrer Hotelküche täglich gelebt.

New Work: Im Sans Souci arbeitet das Küchenteam ohne Chef

Andrea  Fuchs ist General Managerin des Hotels Sans Souci in der Wiener Burggasse  

Aus der Not eine Tugend gemacht

Begonnen hat alles vor etwa einem Jahr, als sich das Sans Souci plötzlich ohne Küchenchef wiederfand. Da sich die Suche nach einem Nachfolger aufgrund des akuten Fachkräftemangels schwierig gestaltet hätte, hat man sich entschieden, einen neuen Weg zu gehen.  „Wir haben beschlossen, die klassischen Hierarchien aufzubrechen und das 13-köpfige Team zu einer teamgeführten Küche zusammenzufassen.“ In der Praxis bedeutet das, dass die Rolle und Verantwortung des „Chef de Cuisine“ nun nicht mehr bei einer Person liegen, sondern von unterschiedlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Team übernommen werden.  „Je nach Stärke und Interesse kümmert sich so einer beispielsweise um die Küchenhygiene, ein anderer ist für den Einkauf zuständig und wieder ein anderer ist das Sprachrohr des Teams zu allen Abteilungen des Hotels“, erklärt Fuchs. Und wo früher der Küchenchef die finalen Entscheidungen über Abläufe und Speisen getroffen hat, dürfen sich jetzt auch die Jungköchinnen und Jungköche  einbringen. „Dieses Vertrauen und die Eigenverantwortung, die wir durch die Umstrukturierung unseren Mitarbeitenden schenken, wirkt sich enorm auf deren Motivation aus. Das sehe ich jeden Tag.“

Große Vielfalt in der Küche

Doch nicht nur die Zusammenarbeit und Motivation des Teams hat die Implementierung des New-Work-Modells positiv beeinflusst. „Auch die Komposition der Gerichte, die wir anbieten, ist kreativer, bunter und vielfältiger geworden, weil sie nun mehr Handschriften tragen“, so die Hotel-Chefin. Die Frage, ob so nicht die Gefahr bestehe, dass dadurch ein wildes Durcheinander der Gerichte entstehe ohne klare Linie, verneint Fuchs. „Wir geben einen  Rahmen vor, der auf unserem Küchenmanifest basiert. Und das zieht sich durch all unsere Gerichte und Menükarten.“

Anfängliche Herausforderungen

Trotz aller positiven Erfahrungen, dass die Implementierung des New-Work-Modells einige Herausforderungen mit sich brachte, bestreitet Fuchs nicht. „Unser gesamtes Küchenteam – durchaus erfahrene Leute – haben in ihrem Leben nie zuvor in einer Küche ohne Küchenchef gearbeitet. Das war schon eine enorme Umstellung.“ Nach und nach hätte sich das Team aber auf die neue Arbeitsweise eingelassen, heute funktioniere das Modell meiste ohne Probleme, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden sich wohlfühlen.

So wohl, dass man das Konzept nun auch auf andere Bereich im Hotel ausgeweitet hat. „Wenn ein Mitarbeitender Stärken abseits seiner eigentlichen Funktion  mitbringt, dann versuchen wir diese bestmöglich zu nutzen. Das ist klassisches Jobenrichment.“  Und so kann es im Sans Souci schon vorkommen, dass der Kellner mit grünem Daumen am Vormittag  den Kaffee serviert und sich am Nachmittag um die Blumen des Hotels kümmert. Oder die Rezeptionistin mit ästhetischem Auge, die Fotos für den Social Media-Auftritt schießt.  

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