Das Misstrauen der Chefs: Was ist Productivity Paranoia?
Zwei, drei Tage die Woche im Home-Office zu verbringen ist für einige Arbeitnehmer in Österreich bereits zur Normalität geworden. Laut einer Deloitte-Erhebung bieten 89 Prozent der heimischen Unternehmen Home-Office für ihre Mitarbeiter an. Mit diesem neuen Arbeitsmodell schleicht jedoch ein gewisses Misstrauen seitens der Abreitgeber mit:
Arbeitet das Team im Home-Office tatsächlich? Und, wenn ja: Sind sie auch effizient?
Was ist Productivity Paranoia
Dieses Phänomen wird Productivity Paranoia genannt. Microsoft startete hierfür im September 2022 sogar eine Studie mit 20,006 Arbeitnehmern aus der ganzen Welt. 87 Prozent der Abreitnehmer gab an im Home-Office produktiv arbeiten zu können. Nur 12 Prozent der Chefs glauben das jedoch auch.
85 Prozent der befragten Chefs gab an, dass sie seit der Umstellung auf „hybrides Arbeiten“ immer noch Probleme damit haben, Mitarbeitern, die remote arbeiten, zu vertrauen: „Führungskräfte befürchten, dass Produktivitätsverluste darauf zurückzuführen sind, dass Mitarbeiter nicht arbeiten. Obwohl die geleisteten Arbeitsstunden, die Anzahl der Besprechungen und andere Aktivitätskennzahlen gestiegen sind“, so Microsoft.
Den Grund sieht Nick Hedderman (Senior Director bei Microsoft UK) -wie er der BBC erzählt- darin, dass „die meisten Manager immer noch dazu neigen, bei der Beurteilung der Produktivität nach alten visuellen Hinweisen zu suchen.“ Sie seien daran gewöhnt, tatsächlich ‚sehen‘ zu können, wer hart arbeitet. Es reichte den Mitarbeiter einfach den Flur hinunter oder am Konferenzraum vorbeigehen zu sehen, um ihn als „arbeitend“ registrieren zu können.
Ähnlich sieht es auch Ayelet Fishbach, Professorin an der Universität „Chicago Booth School of Business“:
Im Vergleich zur Arbeit vor Ort, bei der es ständige Interaktionen mit einem Mitarbeiter gibt, ist es für einen Manager schwieriger einzuschätzen, wie lange eine Aufgabe dauern sollte, wenn remote gearbeitet wird. Wenn die Arbeit nicht physisch gesehen wird, ist es leicht anzunehmen, dass sie früher hätte erledigt werden sollen
Alexia Cambon ist die Forschungsleiterin im Londoner Beratungsunternehmen Gartner’s HR practice. Im BBC-Gespräch zeigt sie ein weiteres Thema auf, dass nicht zu unterschätzen ist: „Führungskräfte erleben den Arbeitsplatz anders als ihre Teams. Die Identität einer Führungskraft hängt oft damit zusammen, dass man sie in einem Büro sieht. Aber für viele Arbeitnehmer hat sich der Arbeitsplatz geändert.“
Das Büro sei nun für den persönlichen, sozialen Kontakt da, während das Zuhause jetzt dazu diene Aufgaben zu erledigen.
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