"Da draußen kommt die Watsch’n"

Sigrid Spörk (li.) und Susanne Gschwendtner in Thomas Bernhards Stammcafé, dem Café Bräunerhof in Wien.
Sigrid Spörk und Susanne Gschwendtner über die Höhen und Tiefen des Künstler-Daseins.

Glanz, Glamour und bunte Confetti: Was uns Hollywood vorspielt, ist nur Show. Woanders sieht die Realität des Schauspielberufs viel mehr so aus: Knochenjob, Doppelvorstellungen, mehrere Engagements gleichzeitig – oder eben auch mal gar keine. Berauschende Hochs klatschen unerträgliche Tiefs ab. Was junge Schauspieler da draußen erwartet, wüssten viele nicht, sagen Sigrid Spörk und Susanne Gschwendtner. Die beiden 33-Jährigen sind seit zehn Jahren im Schauspiel-Business.

KURIER: Prinzessin oder Hexe?

Sigrid Spörk: Hat beides was. Die Prinzessin ist ja nicht immer nur gut. Jede Pauschalisierung ist eine Schublade, in der Klischees liegen. Als Schauspielerin sollte man zeigen, was noch in der Prinzessin steckt.

Susanne Gschwendtner: Es ist nicht alles schwarz oder weiß – meist eher grau. Ich würde mich nicht entscheiden wollen, beides ist interessant.

Was zählt in der Schauspielerei mehr: Talent oder langer Atem?

Sigrid Spörk: Langer Atem ist ein Muss. Selbst wenn alles wie am Schnürchen läuft, kann es in einem Jahr schon ganz anders aussehen. In unserem Job gibt es keine klassische Karriereleiter, die du planen und hinaufgehen kannst. Es gibt keine Spitze, die du erreichst. Hier ist es mehr wellenartig: Manchmal knallst du auf den Boden und im nächsten Moment wirst du wieder in den Himmel gehoben.

Susanne Gschwendtner: Ich hoffe natürlich, dass es weiter bergaufgeht, aber im Alltag entstehen diese langen Pausen, wo sich nichts tut. Vor Weihnachten etwa habe ich nicht gewusst, was danach passiert, und heute weiß ich nicht, was nach meinem Engagement im März kommt.

Wie gehen Sie mit dieser Zeit um? Susanne Gschwendtner: Sie ist furchtbar für die Psyche. Man braucht viel Vertrauen in sich selbst. Und muss lernen, diese Phasen für sich zu nutzen – was dann aber nicht immer einfach ist.

Sigrid Spörk: Wir sind beide kreative Menschen und überwinden diese Löcher mit Arbeit an neuen Dingen, wie etwa Drehbücher oder Songs schreiben. Ich überlege mir auch immer: Mit wem würde ich gerne als Nächstes arbeiten? Was für eine Weiterbildung könnte ich machen?

Hat Sie Ihre Schauspielausbildung auf diesen Alltag vorbereitet?

Susanne Gschwendtner: Nein. Da draußen kommt die große Watsch’n. Erst kurz nachdem ich die Ausbildung in London beendet habe, hat man an meiner Schule einen neuen Kurs angeboten: Wie gründe ich eine eigene Theater Company, wie vermarkte ich mich, wie zahle ich Steuern? Ich wünschte, so etwas hätte ich auch gehabt.

Sigrid Spörk: Wir wurden damals vielleicht einmal aufs Vorsprechen vorbereitet. Aber man lernt im Endeffekt eh alles da draußen. Man fällt oft auf die Nase, sammelt so aber seine Erfahrungen. Manchmal schreiben mir junge Leute, haben Fragen zum Job. Wenn wir uns dann treffen, beschreibe ich ihnen ganz klar, was sie erwartet. Vielen wird erzählt, sie seien so super. Dann werden sie aber in die Welt entlassen und merken, dass sie da draußen nicht existieren können und oft auch private Einbußen bringen müssen.

Welche Einbußen sind das?

Sigrid Spörk: Ich arbeite am Wochenende, an Feiertagen, reise für Jobs spontan. Wenn du da keinen verständnisvollen Partner hast, ist’s schwer. Man muss für das, was man tut, eben brennen, sonst kann man das nicht lange machen.

Geht Schauspiel heute auch ohne Ausbildung?

Susanne Gschwendtner: Ich habe letzte Woche mit einem Jungschauspieler gedreht, der noch nie Schauspielunterricht genommen hat. Er hatte so ein natürliches Talent vor der Kamera, dass er sich mit einer Ausbildung vielleicht fast schon etwas zerstören könnte.

Sigrid Spörk: Das sehe ich im Film häufig. Doch auf der Bühne brauchst du Handwerk. Wenn du sieben Vorstellungen in der Woche hast, muss deine Stimme funktionieren, dein Körper trainiert sein, du musst so arbeiten, dass du deine Kollegen nicht gefährdest und diese Leistungen immer wieder abrufen können. Im Film musst du’s eher mehr spüren.

Ihr Wunsch an die nächste Rolle?

Susanne Gschwendtner: Viele Regisseure finden heute keine Zeit zum Proben – man muss vor der Kamera sofort funktionieren. Ich habe diese Kunst aber nicht erlernt, damit ich nur funktioniere. Ich wünsch mir also eine Rolle, auf die ich mich einlassen kann, wo ich mich körperlich verändern, viel recherchieren oder etwas Neues lernen muss.

Sigrid Spörk: Meine Traumrolle ist eine, an der ich zu kiefeln habe, an der ich mich anstrengen muss, vielleicht auch ein wenig verzweifeln und mich körperlich verausgaben darf – eine Rolle, in der ich nicht gelangweilt bin.

Die Oberösterreicherin machte ihren Schauspiel Bachelor an der EAST 15 Acting School in London. Die 33-Jährige spielte kürzlich in der US-Serie„The Quest“ die Hauptrolle, im März spielt sie in einer Londoner Theaterproduktion. Demnächst ist sie im ORF Landkrimi „Der Tote am Teich“ mit Josef Hader zu sehen.

Die 33-jährige Steirerin studierte an der Uni für Musik und darstellende Kunst Wien Musical und machte dort ihr Schauspieldiplom. Seit zehn Jahren im Business, spielte sie in Dutzenden TV-, Film- und Theaterproduktionen. Aktuell zu sehen im Kabarett „Flotter 4er“ und in „Grimm! Die wahre Geschichte von Rotkäppchen und ihrem Wolf“ an der Grazer Oper.

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