Der CEO eines großen Unternehmens tritt vor seine Belegschaft. Er will sie motivieren, aufzeigen, wie bedeutend der Einsatz jedes Einzelnen für die Firma ist. Trainiert hat er seine Ansprache vorher nicht, um lockerer und nahbarer zu wirken. Er hält die Rede stehend, doch das wird ihm zum Verhängnis. Während er spricht, rutschen ihm die Hände in die Hosentaschen. Beide. Mitsamt Daumen. Ein verklemmtes Bild. Und „ein klares Zeichen, nicht Teil der Gruppe sein zu wollen“, analysiert Ciro De Luca. Er hat jedoch auch schon weit unglücklichere Entgleisungen in Sachen Körpersprache beobachtet.
Bei einem Politiker zum Beispiel, der das Publikum ebenfalls für seine Themen begeistern will. Er versucht es mit Demut, versichert den potenziellen Wählern, dass sie das Wichtigste für seine Partei wären. Und blickt im entscheidenden Moment, in dem er seine Botschaft voller Inbrunst sagt, auf die Armbanduhr. Dem Publikum entgeht das nicht, ein Raunen geht durch den Saal. Und De Luca weiß, dass er noch viel Arbeit vor sich hat.
Der Persönlichkeitscoach
De Luca kennt man eigentlich als Bühnenstar, als Schauspieler oder ÖBB-Markenbotschafter. Doch während er 2008 noch das Kabarett Simpl in Wien leitete, startete er einen zweiten Karriereweg, den er seitdem akribisch betreibt. Er ist Coach und hat sogar ein eigenes System entwickelt – die „Personality Driven Communication“ oder auch Persönlichkeitsentwicklung mit starkem Fokus auf die Körpersprache. „Es läuft besser als das Schauspiel“, gibt er zu. Denn die Kunstszene in Österreich sei vergleichsweise klein. Der Coaching-Markt aber ist die ganze Welt.
Das Ziel seines Coachings: einflussreichen Menschen zeigen, wie sie mit ihrer Persönlichkeit glänzen oder sogar eine Marke aufbauen können. Und dabei Handlungen, die unterbewusst passieren und die Glaubwürdigkeit belasten, zu minimieren – von den Händen in der Hosentasche über zusammengekniffene Lippen bis zum hektischen Gestikulieren. „Vertrauen ist das Wichtigste. Strahlt man dieses aus, wird man auch als kompetent wahrgenommen“, erklärt er im Interview.
Zu De Lucas Kunden zählen Manager auf C-Level (CEO, COO, CFO), vorzugsweise aus europäischen Großbanken, sowie österreichische Vertreter der Spitzenpolitik. Auch in den USA, wo De Luca seit 2020 lebt, coacht er die Führungsetage einer der größten Immobilienagenturen weltweit, erzählt er. Was die meisten Top-Leute wollen? Kompetent wirken, sagt De Luca. Doch das allein genügt schon lange nicht mehr, um sich an der Spitze zu halten.
Mögen statt respektieren
Die Luft für CEOs und Führungskräfte wird dünner, die Hierarchieebenen werden kontinuierlich abgeflacht, so De Luca. Erst kürzlich habe er mit jemandem aus der Finanzmarktaufsicht gesprochen, der diese Annahme bestätigte. „Er sagte, in absehbarer Zeit wird es einen Algorithmus geben, der entscheidet, wer Kredite bekommt und wer nicht.
Man braucht also weniger Entscheidungsträger.“ Um sich in einem immer kleiner werdenden Feld an Top-Leadern zu behaupten, müsse man sich positionieren. „Die Position definiert nicht die Firma, sondern man selbst. Wer bist du, wie wirst du gesehen und was bringst du ein“, stellt De Luca als Frage in den Raum. Man müsse es schaffen, unverzichtbar zu werden. Wie das gelingt? Indem man nicht nur respektiert, sondern auch gemocht wird.
„Ich arbeite mit den Leadern vom Respekt weg dorthin, wo man sie mag“, sagt De Luca. Tricks dafür gibt es viele, die der Coach natürlich nicht alle preisgeben kann. Doch einen hat er parat: „Je mehr wir mit den Händen tun, desto unsicherer wirken wir.“ In der Praxis würde er somit Folgendes raten: Möchte man Gesagtes unterstreichen und dabei selbstsicher und sympathisch wahrgenommen werden, genügt eine sanfte Handbewegung – jedoch nur mit einer Hand. „Wie ein Schwimmer. Geht er unter, strudelt er mit beiden Händen. Ist er Profi, kommt er auch mit einer Hand ans Ziel.“
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