Woher kommt das Gefühl der Ohnmacht, das Sie beschreiben?
Seher: Wir betreuen viele Familienunternehmen und KMU. Hier entscheidet oft die Familie oder der Eigentümer, teilweise aus dem Bauch heraus. Die zweite Berichtslinie weiß dann manchmal nicht, warum eine Richtung eingeschlagen wurde. Dadurch kann eine Unzufriedenheit entstehen. Außerdem wollen Führungskräfte in Strategien und Entscheidungen mit eingebunden werden und die Vision eines Unternehmens mitgestalten.
Die bessere Position, das bessere Gehalt ist also nicht der treibende Faktor?
Seher: Gehalt ist natürlich immer noch ein Treiber und kommt bei Führungskräften an zweiter Stelle. Jeder, der sich aus einer sicheren Position heraus verändern möchte, will sich auch finanziell steigern. Und zwar immer um mindestens zehn Prozent.
Wie steht es um Work-Life-Balance und die Sinnsuche?
Töpfl: Es ist sicher so, dass die Führungskräfte stark hinterfragen, ob ihre Tätigkeit sinnstiftend genug ist. Ob sie für ein Unternehmen arbeiten, das die Welt ein Stück besser macht, auch wenn das vielleicht pathetisch klingt. Das sind alles Fragen, die man sich früher im Normalfall nicht gestellt hat, die aber jetzt ganz wesentlich sind.
Welche Führungsriege ist besonders wechselwillig, welche zufriedener?
Töpfl: Besonders interessant ist die Ebene direkt unter der Geschäftsführung. Denn dort ist die Wechselbereitschaft eklatant niedriger. Aus der Studie geht heraus, dass die erste Berichtslinie zu 75 Prozent zufrieden ist, lediglich ein Viertel denkt an einen Wechsel. Also deutlich weniger als in der Ebene darüber, wo ein Drittel darüber nachdenkt.
Was schließt man daraus?
Töpfl: Dass die oberste Führungsriege sich intensiv damit auseinandersetzt, dass die Führungsebene unter ihr auch zufrieden ist.
Seher: Die Personalarbeit wird einfach exorbitant mehr. Führungskräfte sagen uns in Gesprächen, dass sie fast 60 Prozent ihrer Arbeitszeit in diese investieren müssen, um ihr Team zu motivieren, gut einzusetzen und letztlich auch zu halten.
Kann eine „gesunde“ Fluktuation nicht auch Vorteile bringen?
Seher: Der Richtwert für eine gesunde Fluktuation liegt laut Lehrbuch zwischen acht und zwölf Prozent. In gewissen Phasen können es auch zwanzig sein, aber dann ist es schon sehr anstrengend für die bestehenden Mitarbeiter.
Ab wann darf ein Chef weiterziehen?
Seher: Es gibt die 3-5-7-Regel. Nach drei Jahren kann man überlegen, nach fünf Jahren wäre es gut und nach sieben Jahren sollte man intensiv nachdenken, andere Aufgaben zu übernehmen. Aber das ist nur ein Richtwert. Gerade im Bereich der Führungskräfte ist eine gewisse Fluktuation oft gewollt, einfach um frischen Wind hineinzubringen.
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