Chefin in jeder Beziehung

Chefin in jeder Beziehung
Sie schiebt 12-Stunden-Tage im Vorstand, er das Essen in den Ofen: Wie funktionieren Beziehungen mit Alphafrauen?

Wie ticken Männer,  deren Partnerin erfolgreicher ist?  Der KURIER traf zwei solcher Frauen – sie haben dazu ein Buch herausgebracht – zur Analyse. 

KURIER: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau, heißt es. Brauchen Karrierefrauen also einen Mann, der ihnen den Rücken freihält?

Angelika Weinländer-Mölders: Sie brauchen nicht zwingend einen Mann, aber die Frauen, die wir im Buch porträtiert haben, haben alle einen starken Partner an ihrer Seite.

Wann ist ein Mann ein starker Partner?

Angelika Weinländer-Mölders: Wenn er mit der Frau auf Augenhöhe lebt, beide das machen, was sie möchten und sich dabei verwirklichen. Und, ganz wichtig: Beide sind damit zufrieden. Auch dann noch, wenn der Mann Hausmann ist.

Martina Lackner: Männer, die sich auf eine Beziehung mit einer erfolgreichen Frau einlassen, sind selbstbewusste Männer. Sie wollen eine Sparringpartnerin haben.

Sie porträtieren in Ihrem Buch „Männer an der Seite erfolgreicher Frauen“ Beziehungen, in denen Männer die Karrieren ihrer erfolgreicheren Partnerinnen fördern. Wie schwer war es, hierfür Beispiele zu finden?

Martina Lackner: Es war fast unmöglich. Wir haben alle unsere Netzwerke angefragt. Viele Frauen haben mit der Begründung abgelehnt, dass das Thema zu peinlich, zu intim sei. Auch die Männer hat der Mut verlassen.

Angelika Weinländer-Mölders: Wir wollten namhafte Frauen finden, im Vorstand oder Aufsichtsrat. Je erfolgreicher sie ist und je unterschiedlicher die Lebensmodelle beider sind, desto besser.

Die Partner von Alphafrauen sind weitgehend unbekannt. Wie ticken diese Männer?

Angelika Weinländer-Mölders: Sie sind emotional stabil. Es macht ihnen nichts aus, dass die Frau sichtbarer ist, mehr oder überhaupt ganz alleine das Geld verdient. Wobei diese Männer deutlich in der Minderheit sind.

 

Chefin in jeder Beziehung

Martina Lackner (li.), Inhaberin einer PR-Agentur und Angelika Weinländer-Mölders, Managerin bei IMCD Deutschland

Das ist wohl auch eine Generationen-Frage.

Angelika Weinländer-Mölders: Es scheint sich aufzuweichen, für junge Männer ist es fast schon normal, wenn Frauen arbeiten und Karriere machen.

Mit dem ersten Kind gehen die Karrierewege der Geschlechter stark auseinander – und nähern sich meist auch nicht mehr an. Ist Förderung der Partnerin ohne Kind einfacher?

Martina Lackner: Ab dem Zeitpunkt, wo sie Kinder kriegen, fällt Förderung erst so richtig ins Gewicht. Frauen fallen da in alte, tradierte Rollen zurück, oft auch aus eigener Entscheidung. Manches Mal, weil sie Angst vor dem Rabenmutter-Mythos haben: Sie fürchten, als schlechte Mutter abgestempelt zu werden, wenn sie ihr Kind mit zwei Monaten zur Kinderfrau geben. Ich zum Beispiel habe meinen Sohn schon mit elf Wochen zur Tagesmutter gegeben, Teilzeit. Heute ist er 14,5 Jahre alt, prächtig gediehen.

Ist es nicht auch ein strukturelles Problem? Nicht überall funktioniert Kinderbetreuung so, wie sich Frauen das wünschen würden.

Martina Lackner: Bei den Schweden etwa gibt es gleiche Rechte und Pflichten bei den Geschlechtern, sowohl für den Job als auch für die Kinderbetreuung – das steht in der Verfassung. Das fehlt den Deutschen und den Österreichern. Die Gesetzgebung will nicht, dass Frauen richtig Karriere machen oder richtig gleichgestellt sind. Und dann gibt es in der Mittelschicht noch das Thema: Es lässt sich ganz gut leben, wenn die Frau nur Teilzeit arbeitet, man hat keinen finanziellen Druck und geht den Weg des geringsten Widerstandes.

Angelika Weinländer-Mölders: Es gibt auch zu wenige Vorbilder. Mein Mann etwa ist immer mit mir für meinen Job umgezogen. Irgendwann wurde mir klar: Wow, was habe ich da eigentlich für einen Mann! Darüber zu sprechen fiel mir anfangs aber auch nicht immer leicht. Für ihn war das ein schweres Los im Umfeld, er wurde ignoriert und bei mir hat man sich eingeschleimt. Für viele ist das Fehlen der Vorbilder ein Grund, nicht aus tradierten Rollenmustern auszusteigen.

Martina Lackner: Es gibt ein komisches Entweder-oder-Prinzip. Frauen sagen: Wenn ich Kinder kriege, muss ich die Karriere links liegen lassen.

Was haben Männer davon, ihre Frauen zu fördern?

Martina Lackner: Einerseits einen finanziellen Gewinn. Andererseits werden Beziehungen intensiver. Worüber erzählt eine Frau, die nur ihre Kinder betreut? Vom Windelwechseln, Kindergarten, Basteln, Schulnoten. Irgendwann, und dazu stehe ich auch, wird es langweilig. Was soll eine Frau, wenn sie in der Außenwelt nichts erlebt, an Input in die Beziehung einbringen?

Ja, Kompromisse muss man machen. Meistens machen das bisher aber die Frauen

von Angelika Weinländer-Mölders, Chemikerin und Managerin

Die Debatte um Frauenförderung wird oft weit oben angesetzt, da geht es um Quoten im Aufsichtsrat, Netzwerke, Diversity im Management. Wo muss Frauenförderung anfangen?

Martina Lackner: In der Erziehung. Ein hoher Selbstwert muss früh antrainiert werden, Erfolge müssen früh anerkannt werden. Wenn ich ständig kleingehalten werde – durch die Eltern, den Freund im Teenageralter, den Ehemann – ist das nicht besonders karrierefördernd.

An der Spitze ist es rau, viele Frauen sagen, sie wollen sich das nicht antun.

Martina Lackner: Alphamänner in den Vorstandsetagen legen ja fast einen psychisch gewalttätigen Habitus an den Tag. Wenn Frauen sagen, sie hätten keine Lust auf diese Machtspiele, glaube ich, dass sie ein Stück weit auch ein bisschen Angst haben. Angst davor, sich gegen Alphamänner durchzusetzen.

Angelika Weinländer-Mölders: Frauen lassen sich zu schnell entmutigen. Ich glaube, viele geben auf und machen sich zum Beispiel selbstständig. Diese Frauen fehlen dann in den Führungsetagen. Wenn wir von vornherein mehr Frauen in Führungsetagen hätten, würde sich auch recht schnell die Art der Führung ändern.

Zurück zum Mann als Förderer: Muss bei der Karriere eigentlich immer einer zurückstecken?

Angelika Weinländer-Mölders: Ja. Kompromisse muss man machen. Meistens machen das bisher aber die Frauen.

Chefin in jeder Beziehung

Männer die ihre Frauen bei der Karriere fördern, sind äußerst selbstbewusst – selbst als Hausmann, sagen die Autorinnen

Es heißt, erfolgreiche Frauen seien deshalb oft single. Ertragen die Egos der Männer das nicht?

Angelika Weinländer-Mölders: Frauen machen ihre Position in Beziehungen oft nicht früh genug klar. Sie sind konsensorientiert, streben nach Harmonie. Sie sagen nicht: „Übrigens, ich will wieder arbeiten, erfolgreich sein, nur 50 Prozent der Hausarbeit machen.“ Der entscheidende Punkt ist: Ich muss das als Frau ganz einfach einfordern. Vermutlich ist es deshalb für erfolgreiche Frauen schwierig, Partnerschaften auf Augenhöhe zu finden und zu leben.

Die US-Psychologin Kate Ratcliff von der Uni Florida sagt sogar, schlechte Beziehungen können den Weg nach oben verhindern. Kann eine schlechte Partnerschaft die Karriere killen?

Angelika Weinländer-Mölders: Nicht zwingend, aber es kostet mehr Energie, nach oben zu kommen. Wenn einer nur nörgelt – Warum fliegst du wieder weg? Gehst du wieder Abendessen? – muss ich mich entweder trennen oder ich mache mich klein. Dann bin ich aber irgendwann unzufrieden.

Abschließend ein Tipp: Wie funktioniert nun eine Frauenkarrieren-fördernde Beziehung?

Angelika Weinländer-Mölders: Richtet euch nicht nach bestehenden Rollenmodellen, findet euer eigenes, das ihr nach euren Stärken und Vorlieben ausgestaltet.

Martina Lackner: Das wiederum setzt voraus, dass man sein Milieu wechselt – man muss ja sehen, dass es auch anders geht. Ich rate Frauen, die Karriere machen wollen, ihr soziales Umfeld zu verlassen. Distanz gibt einem die Möglichkeit, seinen Blickwinkel zu verändern.

„Rolle in Familie ist Problem“

Frauenförderung beginnt zu Hause, sagen die Autorinnen von  „Männer an der Seite erfolgreicher Frauen“. An ihre Grenzen stößt sie  in Betrieben. Laut einer neuen Deloitte-Umfrage unter 442 Personen in leitender Funktion, wird viel über Frauenförderung gesprochen, aber wenig getan. Nur ein Fünftel sagt, dass  Frauen die gleichen Chancen auf eine  Karriere hätten, wie ihre männlichen Kollegen.

Chefin in jeder Beziehung

Im Buch haben Paare Einblicke in ihre Beziehung gewährt.

Bei fast einem Drittel seien diese im eigenen Betrieb gar nicht existent. Ein Grund dafür ist, dass Frauen öfter in Teilzeit sind – und Vollzeitbeschäftigung  Voraussetzung für gleiche Möglichkeiten sei, wie Elisa Aichinger, Senior Managerin bei Deloitte Österreich, sagt. „Frauen befinden sich oft in der Teilzeitfalle. Das liegt vor allem an ihrer Rolle innerhalb der Familie.“

Kommentare