Alice im Start-up-Land

Alice Bentinck ist Start Up Beraterin der britischen Regierung
Alice Bentinck rekrutiert Europas Technik-Elite direkt aus den Universitäten.

Man nehme: Eine Kindheit inmitten einer Ziegenherde im britischen New Forest, den Besuch eine Mädchenschule, in der man sich von Computern so weit wie möglich fern hielt, füge das komplette Fehlen attraktiver weiblicher IT-Vorbilder bei und man erhalte – eine der wichtigsten Akteurinnen in der europäischen IT-Start-up Szene.

Alice Bentincks Karriereweg ist ziemlich ungewöhnlich. Und gerade darum so inspirierend. Überhaupt sprüht die junge Britin nur so vor Inspiration. Kommt das Gespräch auf ihre Arbeit, beginnen die dunklen Augen richtig zu leuchten. Dabei geht es um das Thema Computer. Hätte man vor zehn Jahren mit der heute 29-Jährigen darüber gesprochen, sie hätte nur gelangweilt abgewunken. "Aber während meines ersten Jobs merkte ich, wie sehr die Technik unsere Art zu arbeiten und zu leben verändert. Ich wollte diese Veränderung mitgestalten", erinnert sich Bentinck. Als junge Management-Beraterin bei Mc Kinsey & Company kam sie erstmals mit dem Thema IT in Berührung. Das Interesse war da, aber die mentale Schranke "Mädchen und IT – das geht nicht zusammen" auch. Doch Bentinck überwand sich, zwang sich, denn sie wusste: "Wenn ich die Welt mitgestalten will, dann muss ich programmieren lernen." Der Anfang war schwierig, sehr schwierig, aber dann kam das Ahaerlebnis und "ich wurde süchtig".

Nein zu Google

Und so selbstbewusst, dass sie ein Jobangebot bei Google ausschlug, um ihr eigenes Technik-Start-up zu gründen. Entrepreneur First (EF) rekrutiert die talentiertesten Absolventen aus ganz Europa und hilft ihnen dabei, ihr eigenes Start-up zu beginnen.

2011, im Jahr der Gründung, gingen aus EF bereits elf Firmen hervor die heute über 90 Millionen Dollar wert sind. Das Erfolgsrezept: EF fragt nicht nach der besten Business Idee, sondern nach dem größten technischen Talent. Dann folgen ein intensives sechsmonatiges Programm und Begleitung während der ersten hundert Tage des Start-up-Lebens. Akzeptiert werden nur die Besten der Besten: "Wir sind nicht für jene, die mangels Jobangeboten eben etwas Eigenes gründen wollen. Im Gegenteil: Viele von unseren Gründern hätten fixe Jobangebote am Tisch. Wir arbeiten mit der Elite", so Bentinck. Heute gilt EF als Hotspot von Technik-Begeisterten zwischen 19 und 25 Jahren, deren Ideen die Welt verändern könnten; Bentinck selbst berät sogar den britischen Premierminister in Fragen der Start-up-Ausbildung.

Es wundert also nicht, dass sie es nie bereut hat, das lukrative Angebot von Google ausgeschlagen zu haben. "Ich war 25 Jahre alt, hatte zwar kein Geld aber auch kein Haus oder eine Familie. Das Risiko war gering, die Idee gut", erinnert sie sich. Doch trotz des Erfolgs, eine Sache irritierte die Britin. "Was auch immer wir unternahmen, die Frauenquote bei EF stieg nie über zehn Prozent." Wie Bentnick selbst halten alte Stereotype Mädchen von der IT fern. Um dies zu ändern gründete sie Code First, ein kostenloses Förderprogramm für junge Frauen. "Wir zeigen den Mädchen dort die Wahrheit: Dass Technik-Start-ups ein fantastischer Ort für Frauen sind. Dass man dort kreativ, flexibel und problemorientiert arbeiten kann, früh Verantwortung bekommt und am Puls der Zeit ist."

Bereits viele Absolventinnen verlassen Bentincks Kurse als begeisterte Programmiererinnen. Die Chefin ist trotzdem nicht zufrieden. "In einem sind wir gescheitert: Der Frauenanteil in EF liegt noch immer bei zehn Prozent."

In Wien liegt der Frauenanteil bei Start-up-Gründungen bei 30 Prozent. Damit ist die Szene zwar eindeutig männerdominiert, aber im Vergleich zum Rest des Landes steht die Bundeshauptstadt gut da: Österreichweit liegt der Wert nämlich nur bei zwölf Prozent. Noch weniger Frauen findet man, wenn es um Technik geht: Nur zwei von hundert Tech-Start-ups werden von Frauen gegründet. Als Gründe dafür gelten eine IT-Lastigkeit der Start-ups sowie das durch Sozialisation zu geringe weibliche Selbstbewusstsein.

Tun statt jammern

Doch es gibt auch jene, die tun statt jammern. Larisa Stanescu und Eva Krizsanits etwa gründeten im März Girls n’Code, eine Plattform mit Tutorials für Web und Design-Themen und erreichen damit wöchentlich bis zu 1500 Personen. Die sieben Initiatorinnen von Digitalista vernetzen Frauen in der Digital-Branche um sie beruflich und persönlich zu fördern. Women Techmakers heißt das Programm von Google, das im März in Wien Station machte. Ebenso wie Women Investing In Women, das Frauen dazu bringen will, in Unternehmerinnen zu investieren. Investorinnen mit Geld gäbe es: Die Anzahl der superreichen Frauen (Vermögen von über 24 Millionen Euro) stieg laut UBS um 16,8 Prozent.

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