Die Bitpanda Personalchefin erklärt, warum sie unbegrenzten Urlaub gibt

Die Bitpanda Personalchefin erklärt, warum sie unbegrenzten Urlaub gibt
Das Start-up Bitpanda führt den unbegrenzten Urlaube ein. Personalchefin Lindsay Ross spricht über diese gewagte Entscheidung.

Es ist kein April-Streich: Unbegrenzter Urlaub, zwei „Recharge Breaks“ pro Jahr, 20 Wochen voll bezahlten Elternurlaub sowie die Option, an bis zu 60 Arbeitstagen pro Jahr von überall aus zu arbeiten. Dies gilt ab dem 1. April für alle Bitpanda-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unabhängig von ihrer Funktion oder ihrer Position.

"Maximale Flexibilität"

Damit ist das Finanztechnologie Start-up Bitpanda das erste österreichische Unternehmen dieser Größe, das einen unbegrenzten und voll bezahlten Jahresurlaub für sein Team bietet. Mitarbeiter sollen die „maximale Flexibilität haben, ihre Auszeiten nach ihren individuellen Wünschen so zu wählen, dass sie bestmöglich vom Berufsalltag abschalten können“, sagt Chief Human Resources Officer (CHRO) Lindsay Ross.

Ohne Teamgeist geht es nicht

Um das System erhalten zu können,müssen solche Freizeiten natürlich rechtzeitig geplant werden und „nur mit einem ausgeprägten Teamgeist kann es funktionieren. Deswegen bin ich positiv eingestellt. Es braucht einen guten Arbeitsplatz, um es überhaupt durchsetzen zu können“, meint Lindsay Ross. Sie beschreibt es als „Empowerment“, da so Mitarbeitende auch wieder mehr Kontrolle über ihre Frei-und Arbeitszeit haben.

Doch was ist ein unlimitierter Jahresurlaub?

Bekannt ist dieses Modell aus Nordamerika. Anstatt staatlich vorgegebener Urlaubstage und -menge, können hier Mitarbeiter frei wählen, wann sie eine Auszeit benötigen. Theoretisch ist hier auch die Anzahl der freien Tage offen. Bitpanda entscheidet sich laut Ross für dieses Arbeitsmodell, aufgrund der Natur des Start-ups: „Man muss da ganz ehrlich sein: In einem solchen Start-up zu arbeiten, kann auch hart sein. Alles geht sehr schnell und die Tage sehen nicht immer gleich aus. Manchmal arbeitet man mehr Stunden und manchmal weniger. Da ist es umso wichtiger, unserem Team die Möglichkeit zu geben auszuschalten und sich freizunehmen, um auch die Work-Life-Balance zu erhalten.“

Viele gönnen sich keine Pause

Ein Problem, das sich hier eröffnet und laut Ross auch in Nordamerika gut zu beobachten ist: Mitarbeiter nehmen sich deutlich weniger frei, obwohl sie es könnten. Ross begründet das zum einen mit dem Phänomen fomo (fear of missing out) und zum andern auch mit der Sorge, dass es zu Konsequenzen kommen könnte. Das digitale Zeitalter ermöglicht es uns, immer und überall zu arbeiten und macht es dadurch umso schwieriger, zur Ruhe zu kommen. So laufen viele Gefahr, gar keine Pausen einzulegen. „Darauf sollte man auch als Unternehmen achten und eine entsprechende Arbeitskultur schaffen. Man hat nicht unbegrenzt viel Energie und sollte die Möglichkeit haben, nach einer besonders anstrengenden Zeitperiode eine Pause zu machen, ohne sich Sorgen machen müssen“, meint Ross.

Bitpanda wächst weiter

Derzeit arbeiten rund 1.000 Menschen für Bitpanda und das Unternehmen wächst stetig weiter: „Wir erwarten daher auch viel von unserem Team. Deshalb geben wir unserem Team die Freiheit und Flexibilität, das zu tun, was für sie am besten ist. In unsere Mitarbeiter zu investieren und ihnen Raum zu geben, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden in den Vordergrund zu stellen, ist ein wichtiger Beitrag zum Wachstum“, sagt Ross

"Alle können alles sehen"

Dass die Arbeit in Start-ups nicht einfach ist, gibt das Unternehmen also ehrlich zu: „Inmitten des unglaublichen Start-up-Wachstums zu sein, ist nicht die Norm. Mit dieser rasanten Geschwindigkeit muss man auch umgehen können.“ Ross sieht so eine Transparenz seitens des Unternehmens als Schlüsselpunkt im Recruiting. Die verschiedenen Brandings, wie etwa Employer Branding, machen in ihren Augen keinen Sinn mehr: „Es verschwimmt alles. Alle können alles sehen.“ Ohne Transparenz kommt man also nicht weit. Ross zufolge muss man sich zunächst darüber im Klaren sein, wer man als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber ist. Dazu gehört Offenheit gegenüber dem Positiven und auch dem Negativen. Nur so können sich potenzielle Arbeitskräfte vorab ein echtes Bild von der Arbeit machen.

"Man will das Leben seiner Mitarbeiter nicht schwieriger machen“

Bitpanda beschränkt sich jedoch nicht nur auf den unlimitierten Jahresurlaub. Sie bieten auch, nach einem erfolgreichen Pilotprojekt im vergangenen Jahr, sogenannte „Recharge Breaks“ an, um der Furcht vor Unabkömmlichkeit entgegenzuwirken. An zwei Zeitpunkten im Jahr macht das gesamte Unternehmen eine kollektive Pause. Währenddessen arbeitet ein „Cover-Team“, welches diese Freizeit zu einer späteren Zeit nachholt. „Wir wissen, dass alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzigartig sind, ebenso wie ihre Lebensumstände, Bedürfnisse und Prioritäten außerhalb der Arbeit. Man will das Leben seiner Mitarbeiter nicht schwieriger machen.“

Das Unternehmen

Bitpanda gilt als Einhorn-Start-up (das sind Start-ups, deren Wert vor dem Börsengang oder einem Exit der Investoren auf mindestens eine Milliarde US-Dollar geschätzt wird) und wurde 2014 in Wien von Eric Demuth, Paul Klanschek und Christian Trummer gegründet.
Bitpanda will  Investition für eine breitere Gruppe zugänglicher machen. Derzeit zählt das Start-up mehr als 1.000 Team-Mitglieder und über drei Millionen Nutzer.

Zur Person

Lindsay Ross weist mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Personalstrategien für internationale Organisationen vor.
So war Ross in leitenden Positionen etwa bei MessageBird und Adyen sowie  Tommy Hilfiger tätig. Seit 2021 ist Lindsay Ross Chief Human Resources Officer bei Bitpanda. Ross studierte Politikwissenschaften an der University of Victoria und an der Philipps-Universität Marburg.

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