Birgit Fenderl ist ab heute offiziell Podcasterin. Im Dezember moderierte sie ihre letzte Sendung im ORF. Dann verabschiedete sie sich nach über 30 Jahren aus freien Stücken vom Küniglberg. Es war Zeit für einen Neustart, sollte beruflich wieder „bergauf“ gehen, sagte sie in einem Interview. Diesen Plan setzt sie jetzt um.
Als Mediencoach und Rednerin will sie auf ein konkretes Thema aufmerksam machen: Auf Frauen ab fünfzig und die Wechseljahre, die spätestens mit ihrem Podcast kein Tabu mehr sein sollten. In „Von wegen Pause. Wechseljahre, ein fulminanter Neustart!“ trifft Fenderl 14-tägig prominente Persönlichkeiten, die über diese Lebensphase und welche Begleiterscheinungen mit ihr einhergehen sprechen. Inhaltlich geht es weit über die hormonelle Umstellung des Körpers hinaus. Es geht um Gender-Medizin, Sichtbarkeit im Alter, Partnerschaft, Geldmanagement und die Karriere.
Die Gästeliste der vorerst zehn Episoden ist prominent. Zu Gast sind u. a. das Paar Cornelius Obonya und Carolin Pienkos, Wechselweise-Gründerin Veronika Pelikan, Opernstar Angelika Kirchschlager. Den Auftakt macht Schauspielerin und Publikumsliebling Ursula Strauss, die überraschend offen erzählt, dass sie schon mit Mitte 30 in den Wechsel kam und deshalb keine Kinder bekommen konnte. Mit AMS-Chef Johannes Kopf beleuchtet Fenderl den Arbeitsmarkt und warum sich dieser nicht leisten kann, die Menopause zu ignorieren. Sein Interview wurde noch nicht aufgezeichnet – Birgit Fenderl ist noch inmitten der Produktion und hat sich trotzdem Zeit genommen, dem KURIER ein Interview zu geben.
KURIER: Ihr neuer Podcast verspricht, dass die Wechseljahre ein fulminanter Neustart sein können. Wie war Ihr Neustart nach über 30 Jahren ORF-Karriere?
Birgit Fenderl: Es ist extrem aufregend und ungewohnt, das muss ich schon sagen. Aber es tut sich unglaublich viel und Türen öffnen sich, die ich nicht am Radar hatte. Ich freue mich wahnsinnig über den Podcast, weil es mein erstes, eigenständiges journalistisches Produkt ist. Ich liebe es, mit Menschen Interviews zu führen, da bin ich in meinem Element.
Beim Fernsehen läuft die Stechuhr, beim Podcast nehmen Sie sich rund 40 Minuten pro Folge Zeit. Ist das nochmal eine andere Qualität?
Übertrieben gesprochen, komme ich aus der zwanzig bis vierzig Sekunden Zeit. Im Studio 2 hatten wir ein bisschen mehr Zeit, aber ein Podcast hat seine flexible Form. Es ist nicht alles auf die Minute gleich lang. Man kann sich so wahnsinnig schön auf das Gegenüber einlassen. Das ist das, wonach ich mich immer gesehnt habe.
Den Staffelauftakt macht Publikumsliebling Ursula Strauss mit einem doch sehr persönlichen Thema. Sie verrät, dass Wechseljahre nicht immer erst in der Lebensmitte beginnen – sind alle Gäste so offen?
Bei Uschi Strauss wusste ich vorab nicht, wie viel sie bereit ist, zu erzählen. Aber grundsätzlich habe ich mir schon Leute ausgesucht, wo ich gehofft habe, dass sie offen darüber sprechen. Das ist auch der Sinn der Geschichte – anderen Mut zu machen, indem man von eigenen Erfahrungen erzählt. Ich bringe auch meine eigenen Geschichten ein, das ist beim Podcast ja anders als in Interviews. Das ist sehr ungewohnt für mich.
Gab es auch Absagen, mit denen Sie nicht gerechnet haben?
Ja, von einer sehr bekannten Schauspielerin. Sie fand das alles super, selber will sie aber nicht darüber sprechen. Das finde ich sehr spannend, denn es gibt auch die Diskussion unter Frauen, wie gut es ist, über die körperlichen Befindlichkeiten zu sprechen. Ob uns Frauen das schwach wirken lässt. Da gibt es zwei Denkschulen, die ich im Podcast noch unbedingt thematisieren möchte.
Welche Denkschule vertreten Sie?
Als ich in diese Phase gekommen bin, hat es mir sehr gutgetan, dass es bekannte Frauen gibt, die darüber reden. Ich habe gemerkt: Ich bin nicht allein. Es geht auch nicht darum, bis ins Intimste die eigene Körperlichkeit auszubreiten. Sondern darum, ein Bewusstsein zu schaffen, dass es eine Phase ist, die auf die Seite geschoben wird und es zu wenige gute Anlaufstellen und Expertinnen und Experten auf dem Gebiet gibt. Und dass es Länder wie Großbritannien gibt, die eine echte Vorbildwirkung haben. Da ist bei uns noch viel Luft nach oben.
Wen wünschen Sie sich unbedingt als Gast und haben sich vielleicht noch nicht getraut, anzufragen?
Ich habe eigentlich schon eine Zusage, aber da sie gerade an einem neuen Buch schreibt, kann sie erst nächstes Jahr: Ildikó von Kürthy. Sie hat selbst den Satz geprägt: ‚Die Wechseljahre sind ein biologischer Skandal‘. Damit meint sie nicht den Wechsel per se, sondern wie man damit umgeht.
Birgit Fenderl | Von wegen Pause | Start am 3. April, dann 14-tägig | Überall, wo es Podcasts gibt
Aus den Gesprächen, die Sie bereits geführt haben: Was verändert sich beruflich bei den meisten, sobald sie in den Wechsel kommen?
Es gibt die Aufteilung: Ein Drittel der Frauen spürt den Wechsel wenig, ein Drittel mehr und ein Drittel heftig. Das ist also eine Phase, die doch einige Frauen vor Herausforderungen stellt, die eine gewisse Flexibilität in ihrem Arbeitsumfeld bräuchte. Gibt es die nicht, flüchten Frauen bis in Frühpensionen.
Was sich der Arbeitsmarkt eigentlich nicht leisten kann.
Vor allem ist das nur eine Phase, das bleibt ja nicht so. Aber es ist eine Wandelzeit. Ich sehe das bei mir selbst, ich weiß jetzt auch mehr, was ich will. Davon könnten Arbeitgeber enorm profitieren. Dass man fokussierter ist, aus der groben Familienarbeit raus ist und Kapazitäten wieder frei werden, um das langjährige Know-how weiter einzubringen. Leider müssen Frauen oft erfahren, dass sie dann zum alten Eisen gezählt werden und die Chance nicht mehr bekommen.
Was hätten sich Ihre Gesprächspartnerinnen gewünscht, wie im Job anders mit dem Thema umgegangen wird?
Im beruflichen Kontext wäre schon Information großartig. Und ein Umfeld, wo ich die Möglichkeit habe, mich darüber auszutauschen, ohne das Gefühl zu haben, dass es für mich peinlich ist. Man muss teilweise nur an kleinen Rädern drehen und kann irrsinnig viel bewirken. In England haben 30 Prozent aller Betriebe schon ganz konkrete Richtlinien für Frauen in dieser Zeit.
Ist der Neustart ab den Wechseljahren eher ein: „Ich will mich entfalten“ oder ein: „Mir reichts hier“. Oder beides?
Ich glaube, dass prinzipiell die Lust überwiegt, etwas Neues zu machen. Aber die Umstände können so sein, dass man nicht durchkommt. Die Konnotation ist das Alter und Älterwerden ist im beruflichen Prozess etwas, das schwierig ist. Das betrifft Männer wie Frauen. Alter ist kein guter Wert in unserer Gesellschaft. Ältere sind kompliziert, teuer sind sie auch.
Ist so ein Neustart nach den Wechseljahren nicht auch risikobehaftet?
Man darf nicht naiv in die Geschichte hineingehen. Sieht man sich die Arbeitsmarktzahlen an, ist die Arbeitslosigkeit unter Frauen mehr gestiegen als unter Männern. Besonders betroffen ist sowohl bei Männern und Frauen die Altersgruppe 50 Plus. Das sind schon die Realitäten, die man berücksichtigen muss. Ich hätte mich meinen Schritt nicht getraut, wenn ich nicht die Hoffnung gehabt hätte, dass mein bisheriges Arbeitsleben Türen öffnet.
Und was raten Sie Menschen mit weniger prominentem Namen?
Ich glaube, dass es wahnsinnig wichtig ist, eine realistische Bestandsaufnahme zu machen: Kann sich das ausgehen? Man muss ja auch Geld verdienen und das noch lange. Ich persönlich habe ein Coaching gemacht und dann entscheiden können: Reiße ich das Ruder rum oder bleibe ich in sicheren Gewässern.
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