WorldSkills 2015: Österreicher sind weltklasse
Ein lauter Gong markiert das Ende der Wettbewerbe. "Das waren die härtesten 22 Stunden meines Lebens", sagt Maurer Martin Entholzer. Die beiden Betonbauer Michael Haydn und Alexander Hiesberger umarmen einander, sie umarmen ihren Trainer und gleich auch die brasilianische Konkurrenz. Stuckateur Erich Niederl hat bis zur letzten Sekunde gearbeitet, jetzt senkt er die Arme, ist erleichtert. Die Landschaftsgärtner Christoph Auer und Markus Egger graben und säubern ihren neu angelegten Garten bis zuletzt, Fliesenleger Stefan Fuchs bringt noch schnell seinen Arbeitsplatz in Ordnung. Koch Thomas Penz schließt in Ruhe ab. Mit dem Schlussgong sind die WorldSkills 2015 vorbei.
Die Berufsweltmeisterschaften in São Paulo, Brasilien, gingen vergangene Woche über die Bühne. Sie waren die größten ihrer Geschichte: 1189 Teilnehmer aus 59 Länder der Welt traten in 50 Bewerben gegeneinander an. Auf einem riesigen Wettbewerbsgelände stellte Gastgeberland Brasilien alles bereits Dagewesene in den Schatten: Eine Eröffnungsfeier der Superlative, eine gute Organisation, 200.000 Zuschauer an vier Wettkampftagen.
Team Austria
Österreich ging mit 35 Teilnehmern an den Start und schaffte eine hervorragende Medaillenbilanz: fünf Mal Gold (Weltmeister-Interviews rechts), zwei Silbermedaillen, eine Bronzemedaille und 15 Exzellenz-Medaillen bringt das Team Austria mit nach Hause. Bester aller österreichischen Teilnehmer wurde Philipp Seiberl, Schwerfahrzeugtechniker bei der Firma Pamberger aus Niederösterreich. Er erreichte die höchste Punkteanzahl im österreichischen Team: 544 von 600.
Österreich schnitt zwar nicht ganz so gut ab wie bei der Weltmeisterschaft in Leipzig vor zwei Jahren (damals holten sie 11 Medaillen), ist aber mit diesem Ergebnis das beste europäische Teilnehmerland vor Südtirol, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Irland, Norwegen und der Schweiz.
Was bei diesen Weltmeisterschaften auffällt: An der Spitze ist es sehr dicht geworden, über Sieg und Niederlage entscheiden Nuancen. Renate Römer, Sonderbeauftragte der WorldSkills in der Wirtschaftskammer Österreich: "Das Niveau hat sich in den vergangenen Jahren stetig nach oben entwickelt, besonders die asiatischen Staaten wie Korea, Taiwan und China sind zu großen Konkurrenten geworden." Nicht nur in den IT-Berufen, auch im klassischen Handwerk würden sie seit Jahren aggressiv aufholen.
Wobei man hier relativieren muss: Die asiatischen Länder sind in jenen Bereichen top, in denen es strukturierte Abläufe gibt, in denen manuelle Abläufe einstudiert werden können. Der taiwanesische Teilnehmer in der Elektrotechnik etwa verblüffte die Zuseher mit seinen kantigen Roboter-Bewegungen. Teilnehmer aus Korea, so erzählt man bei den WorldSkills, würden monatelang täglich den ganzen Tag trainieren, teilweise in finsteren Räumen, um wie Maschinen zu funktionieren. "Da müssen sich auch die Veranstalter der Weltmeisterschaft überlegen, ob ihr Modus in den Disziplinen zeitgemäß ist, ob der Wettbewerb richtig angelegt ist", kritisiert Römer. Denn die kreative Lösungskompetenz spielt oft eine untergeordnete Rolle.
KURIER: Wie war’s?
Philipp Seiberl: Cool. Ich bin täglich auf was Neues draufgekommen.
Was macht Sie zum Weltmeister?
Ich bin ruhig geblieben, wie ich das immer mache.
Wieso Schwerfahrzeugtechniker?
Meine Eltern haben eine Landwirtschaft, das hat mich immer interessiert. Eigentlich wollte ich eine Schule mache, die haben mich aber nicht genommen. Jetzt passt’s so.
Ich werde Gesellenprüfungen abnehmen, ich bin ja schon Meister.
KURIER: Wie war’s?
Marius Joseph Golser:Die WorldSkills waren eine intensive Zeit mit langer Vorbereitung und viel harter Arbeit. Wie lange? Das will ich nicht verraten. Jedenfalls hat das alles nicht immer Spaß gemacht, aber da muss man durchbeißen. Wir sind als Gruppe stark zusammengewachsen, ich glaube, wir waren auch deshalb so erfolgreich.
Was macht Sie zum Weltmeister?
Ich glaube, es ist mein starker Wille. Ich war mit meiner Arbeit schon vier Stunden vor der Zeit fertig und habe dann alles nochmals ganz genau überarbeitet, alles nachgemessen. Es war knapp: der Zweitplatzierte war nur drei Punkte hinter mir. Was man auch braucht für so einen Erfolg: einen guten Trainer und ein Unternehmen, in dem man unterstützt wird.
Wieso Steinmetz?
Mein Opa war schon Steinmetz, auch mein Vater und mein Onkel sind in dieser Branche. Ich habe den Beruf also schon gut gekannt. Ich habe mir die Fachschule in Hallein (HTL Hallein, Fachschule für Steinmetzerei) angesehen – mir hat das gefallen. Ich bin ein Naturmensch und arbeite gerne mit Stein.
Ich bleibe jedenfalls bei der Steinmetzerei, will vielleicht Meister werden. Irgendwann könnte ich mir vorstellen, in die Selbstständigkeit zu gehen, aber vorher will ich mir noch die Welt anschauen.
KURIER: Wie war’s?
Franziska Ehgartner: Anders als erwartet. Ich dachte, es wäre steifer.
Was macht Sie zur Weltmeisterin?
Ich habe kleine Fehler gemacht, bin aber ruhig geblieben. Ich habe mein Auftreten behalten und viel gelacht – ich glaube, das war wichtig.
Wieso Restaurant-Service?
Meine Eltern sind Gastronomen, ich habe immer mitgeholfen. Die Arbeit mit den Menschen gefällt mir.
Und was kommt jetzt?
Ich will später ins Ausland, nach Asien oder nach Amerika.
KURIER: Wie war’s?
Manfred Zink: Cool. Ich habe viel gelernt, vor allem das genaue und präzise Arbeiten unter Zeitdruck. Ich habe mir die Top 10 ausgerechnet – Weltmeister hätt’ ich nie vermutet.
Was macht Sie zum Weltmeister?
Ich bin locker geblieben. Am Anfang war ich schlecht in der Zeit, dann habe ich in vier Stunden gemacht, wofür man normalerweise acht Stunden braucht.
Wieso Tischler?
Weil mein Vater Tischler ist, da ist für mich nichts anderes in Frage gekommen.
In einem Monat beginnt für mich die Meisterschule.
KURIER: Wie war’s?
Michael Haydn: Lang. Und schwierig. Ich habe gelernt, dass man sich auf seinen Zweiten voll verlassen können muss.
Alexander Hiesberger:Es war sehr anstrengend. In der letzten halben Stunde, da ist es um alles gegangen, da sind wir nur noch gelaufen.
Was macht Sie zum Weltmeister?
Hiesberger:Wir kennen uns gut, wir wissen, was der andere kann. Wir arbeiten schon seit sechs Jahren miteinander, das hilft.
Haydn:Wir sind ein Team: Jeder hat seinen Bereich – ich schleppe, er denkt (lacht). Ich hab’ gewusst, dass wir’s drauf haben.
Hiesberger:Weil man bei der Arbeit am Abend genau sieht, was man den ganzen Tag geleistet hat. Wir bauen etwas und das steht dann fünfzig, hundert Jahre da.
Haydn:Ich wollte eine Arbeit an der frischen Luft und wollte auch körperlich gefordert sein. Deshalb habe ich die Doppellehre Maurer und Schalungsbauer begonnen.
Und was kommt jetzt?
Hiesberger:Ich will bald den Werkmeister machen und dann vielleicht einige Zeit ins Ausland gehen.
Haydn:Ich mache die Polier- und Werkmeisterschule, die dauert drei Wintersemester. Und dann schauen wir weiter.
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