Berufswahl: Vorbilder fehlen

Bei den Lehrabschlüssen für den Beruf Friseur liegt der Frauenanteil nach wie vor bei 93 Prozent
Die Studie der Uni Graz beschäftigt sich mit der Frage, woran Jugendliche sich bei ihrem Berufswunsch orientieren.

Auch wenn Jugendliche Interesse an geschlechtsuntypischen Berufen haben, verfolgen sie diesen Weg meist nicht weiter. Laut einer Studie der Uni Graz sind die Hauptgründe dafür, dass diese Jugendlichen keine beruflichen Vorbilder haben und ihr Umfeld ihr Interesse nicht genug unterstützt.

In der Grazer Studie wurden Schüler zu ihren beruflichen Interessen und zu den Berufen befragt, die ihre Eltern haben. „Schon beim Erheben der Daten ist uns immer wieder aufgefallen, dass da oft ein Mädchen sitzt, das Friseurin werden will, und die vier Mädchen daneben geben den gleichen Wunsch an“, so Silke Luttenberger vom Institut für Psychologie der Universität Graz zur APA. Ähnliches zeige sich bei Burschen, wo eine ganze Gruppe denselben Wunsch äußerte: KFZ-Techniker.

Geschlechtertypische Berufe

Auf Basis dieser Beobachtung gingen die Forscher der Frage nach, woran sich Schüler bei der Berufswahl orientieren. Dazu gebe es kaum Literatur, obwohl bekannt ist, dass vor allem Schüler auf der Suche nach einer Lehrstelle sich auf sehr wenige Lehrberufe konzentrieren, so die Psychologin. Zudem wird bei der Berufswahl klassischen Rollenbildern gefolgt, wie Statistiken zu Lehrabschlüssen aus dem Vorjahr zeigen. Bei den bestandenen Lehrabschlüssen für den Beruf Friseur beträgt der Frauenanteil knapp 93 Prozent, bei Maurer oder Zimmerer dagegen nicht einmal ein Prozent. Klassisch streben viele Burschen handwerklich-technische Lehrberufe an, während viele Mädchen in Bereiche wie Einzelhandel wollen oder Friseurin werden.

Und dies trotz zahlreicher, leider meist kurzfristig angelegter Programme, die auch auf andere Möglichkeiten hinweisen. „Die Frage ist, können diese Initiativen überhaupt erfolgreich sein, wenn man gar nicht weiß, an wem sich die Jugendlichen orientieren“, so die Forscherin.

In der Untersuchung wurde beobachtet, dass sowohl Mädchen als auch Burschen gegenüber einem geschlechtsuntypischen Beruf nicht abgeneigt wären. Die Mehrzahl dieser Schüler hatten jedoch einen noch wenig gefestigtem Berufswunsch.

Vorbilder gesucht

Diesen jungen Menschen fehlen dann allerdings oft die beruflichen Vorbilder oder Rollenmodelle. In der Familie oder im weiteren Umfeld gebe es oft niemanden, der einen solchen Beruf ausübt, erklärt Luttenberger. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die Schüler wieder in klassische Berufslaufbahnen umschwenken. Je mehr Unterstützung es gibt, desto eher trauen sie sich einen untypischen Beruf zu.

Damit Interventionen wirksam werden, müssen diese allerspätestens in der Phase um die ersten Bewerbungen stattfinden. Vor der Pubertät kommt den Eltern eine sehr wichtige Rolle in der Vorbildwirkung zu. Ihre Rückmeldungen über die Stärken der Kinder seien prägend. Danach steigt auch in diesem Bereich der Einfluss gleichaltriger Freunde.

Frühe Berufsorientierung

„Natürlich wirkt auch Schule“, betont Luttenberger. Vor allem Berufsorientierungs-Maßnahmen könnten hier viel bewirken, seien in Österreich aber nicht flächendeckend umgesetzt. An Gymnasien sei das Thema bisher „total untergeordnet“. An den Polytechnischen Schulen seien diese Maßnahmen zwar gut verankert, allerdings komme das in der neunten Schulstufe schon recht spät.

Die Forscherin plädiert angesichts der Daten für geschlechtssensible und vor allem langfristigere Berufsorientierung, mit Fokus auf Jugendliche, die wenig Unterstützung im sozialen Umfeld haben. Vielversprechend seien Mentoren-Programme, bei denen erfolgreiche Personen in geschlechtsuntypischen Berufen über längere Zeit hinweg als Bezugspersonen und Vorbilder fungieren.

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