Beruflich ganz nebenbei: Ist der Zweitjob erlaubt?
Eine eigene Werbeagentur betreuen, als Dozentin an der Wifi Wien Werbeakademie unterrichten, private Schwimmstunden geben und gelegentlich als Fotografin loslegen. Gesine Görlich-Fletzbergers Terminkalender ist jede Woche sehr voll. Aber ihr macht es „richtig Spaß. Irgendwie müssen die 24 Stunden des Tages gefüllt werden. Nur ein Job wäre mir auf Dauer zu langweilig.“
Da ist sie nicht allein: Nebenjobs werden immer öfter Thema. Auch, weil die Menschen das Geld brauchen. Laut einer TQS-Research & Consulting-Umfrage gaben 63 Prozent der befragten Personen an, neben ihrem Hauptberuf auch die Möglichkeit einer Nebentätigkeit haben zu wollen: „Das ist eine deutliche Änderung zu früheren Erhebungen, wo viele nur Freizeit maximieren wollten“, schreiben die Forscher.
Das gibt es noch in diesem Artikel
- Statements von Personen mit Nebenjob
- Alles rund um das Thema Nebenbeschäftigungen
- Infos und Tipps für jene, die einen Zweitjob wollen
„Zu Corona Zeiten waren alle Theater geschlossen und ich musste trotzdem Geld verdienen. Mit dem Nebenjob habe ich eine Leidenschaft entdeckt, von der ich nichts wusste.“
Aber sind Nebenjobs auch erlaubt?
„Ob es grundsätzlich erlaubt ist, lässt sich pauschal nicht beantworten“, sagt Marlene Frank von der Arbeiterkammer Wien (AK Wien). Es gibt ein allgemeines Konkurrenzverbot. Angestellten ist es demnach nicht erlaubt, einen Nebenjob (auch im Urlaub) ohne Zustimmung des Arbeitgebers anzunehmen, wenn im selben Geschäftszweig auf eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte abgeschlossen werden.
Das gilt auch für selbstständige, kaufmännische Unternehmen, unabhängig vom Geschäftszweig. Der Arbeitgeber kann jedoch auf Einhalten des Verbots verzichten.
Deswegen sollte man als Erstes einen Blick in den eigenen Arbeitsvertrag werfen: Sind alle, auch die ehrenamtlichen Nebenbeschäftigungen meldepflichtig und welche weiteren Vorgaben werden gestellt?
Was kann passieren, wenn man sich nicht an die Vorgaben hält?
Würde man unerlaubt einer Nebenbeschäftigung nachgehen, kann das zu einer fristlosen Kündigung führen. In seltenen Fällen haben Arbeitgeber sogar Anspruch auf Schadensersatz. „Es ist besser, es davor abzusprechen und im besten Fall auch schriftlich festzuhalten“, sagt Marlene Frank.
„Ich war in Kurzarbeit und wollte ein Nebeneinkommen. Durch die hohen Nachzahlungen rentiert sich die zusätzliche Arbeit aber nicht mehr.“
Trotz möglicher Konsequenzen gehen viele den „Hustle Culture“-Weg, also den Weg des viel Arbeitens. Die Gründe sind so vielfältig wie die Nebenjobs selbst. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir die monatlichen Einnahmen nicht wichtig sind“, sagt beispielsweise Görlich-Fletzberger.
Für andere spielte die Kurzarbeit während der Pandemie eine entscheidende Rolle, oder sie sehen es als eine schöne Abwechslung, die ganz andere Einblicke in Branchen bietet.
„Es geht sich gut aus. Beide Jobs erfordern eine unterschiedliche Energie. Es ist außerdem schön, wenn man seine Talente in vielen Bereichen einsetzen kann.“
Das sollte man bedenken
Wichtig sei dabei laut Judith H. die eigene Lebenssituation: Wer muss mit dem Einkommen erhalten werden? Hat man die richtige soziale Umgebung, die einen unterstützt? Denn ein Nebenjob steht und fällt mit einem guten Zeitmanagement: „Es ist schwierig, für zwei Firmen gleichzeitig zu arbeiten und alles im Überblick zu behalten, deswegen sollten es auf keinen Fall zwei Jobs mit fixen Arbeitszeiten sein“, sagt Marlene W.
Hier kommt der nächste wichtige Punkt ins Spiel:
Die Höchstarbeitszeit. Die Nebenjobs, so Marlene Frank von der AK, dürfen die Höchstarbeitszeit (siehe unten) nicht überschreiten: „Sonst könnte es durch Arbeitnehmerschutzgesetz Probleme geben.“ Gesine Görlich-Fletzberger arbeitet an manchen Tagen bis zu sechzehn Stunden: „Da wird schon eine Energiequelle angegriffen.“
„Ich arbeite sehr gerne und finde darin einen guten Ausgleich. Steuerlich ist es aber ein absoluter Nachteil. Das darf man nicht unterschätzen.“
Mehr Arbeit, mehr Geld
Natürlich erwartet man bei einer intensiven Arbeitswoche hohe Bezahlung, muss aber auch bedenken, dass dadurch höhere Steuern fällig werden. Elisabeth S. musste eine „fette Nachzahlung“ tätigen, weil bestimmte Einkommenshöhen erreicht wurden. Ob sich der Aufwand finanziell auszahlt, muss jeder für sich entscheiden.
Bei all diesen Punkten gab es unter den Gesprächspartnern einen klaren Konsens: „Ein Nebenjob ist genauso wichtig wie ein Hauptjob“, sagt Gesine Görlich-Fletzberger. „Es gibt zwei Arbeitgeber mit Bedürfnissen und Ansprüchen, die man als Arbeitnehmer erfüllen muss“, sagt auch Elisabeth S.
Das Wichtigste zum Nebenjob, kurz zusammengefasst
- Was steht im Arbeitsvertrag? Gibt es darin eine Meldepflicht für Nebenbeschäftigungen oder sind Nebenbeschäftigungen generell verboten? Dabei ist das Konkurrenzverbot nicht mit der Konkurrenzklausel zu verwechseln (die Klausel kommt erst nach einer Kündigung ins Spiel).
- Auch Arbeiter dürfen ohne Erlaubnis ihres Arbeitgebers keinen Nebenjob ausüben, der in Konkurrenz zu dem Arbeitgeber steht oder sich „nachteilig auf den Betrieb auswirkt.“
- Wenn die Geringfügigkeitsgrenze (aktuell 485,85 Euro) überschritten wird, gibt es eine Nachzahlungspflicht (und einen möglichen Verlust von Förderungen, etc.). Steuernachforderungen bei mehreren Dienstverhältnissen hängen vom totalen Jahreseinkommen ab.
- Die Höchstarbeitszeit liegt bei einer 60-Stundenwoche oder konkreter bei einer 48-Stundenwoche über 17 Wochen hinweg.
- Im Zweifelsfall informieren Sie sich bei der Arbeiterkammer. www.wien.arbeiterkammer.at
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