Befrei den Geist!

Red-Bull-Flugtag in Moskau: Keine Angst vor einem Bauchfleck.
"Kreativität gedeiht nicht in Stress und Streit", sagt der Neurologe Volker Busch. Warum unser Gehirn oft beim Querdenken blockiert ist und was wir von Sherlock Holmes lernen können.

Eines vorweg: Kreativität ist weniger ein Talent, als eher eine Art zu handeln. "Ein Einfall allein nützt nichts, man braucht auch die Ausdauer, ihn zu Ende zu denken", so Volker Busch, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie.

Am Durchhaltevermögen scheitern die meisten. In den Industrieländern nimmt die Kreativität sogar seit Jahren ab, was aus Sicht von Buschnur logisch ist. Das Hirn sei in Ruhephasen am kreativsten, in unserer Multitasking-Gesellschaft gebe es diese aber immer seltener. In Firmenmüsse alles hocheffizient und stromlinienförmig ablaufen, am Ende eines jeden Tages soll eine schwarze Null stehen. Viele Kaufleute würden "kleinkariert wie Erbsenzähler" agieren, jede Form der Anarchie als störend empfinden.

Sie würden die Kreativität im Keim ersticken, weil sich bald kein Mitarbeiter mehr traut, etwas Neues auszuprobieren, sagt Busch. Er trägt seine Erkenntnisse auch gern Wirtschaftstreibenden vor, wie beim Shoppingcenter-Symposium des Standortberaters Regio-Plan in Wien. Der Mensch ist am kreativsten, wenn es ihm gut geht. "Kreativität gedeiht nicht in Stress und Streit." Und auch nicht, wenn ständig das Smartphone piepst und drei Dinge auf einmal erledigt werden. Letzteres sei streng genommen gar nicht möglich, erklärt Busch: "Das Hirn verarbeitet jede Information seriell, schaltet also ständig hin und her. Deswegen können wir uns auch immer weniger gut konzentrieren,was aber wichtig wäre, um eine Sache zu Ende zu denken." In Ruhephasen würden der Stresspegel und die Fehlerquote sinken und die Kreativität steigen. Von 38 Nobelpreisträgern haben 34 angegeben, dass sie ihre besten Ideen in Ruhephasen hatte, etwa beim Füttern von Schwänen, sagt Busch. Wer sich in der Pause in ein Kaffeehaus setzt, um seine Mails zu checken ist also wohl weniger produktiv als man auf den ersten Blick meint. Busch verweist auf die Figur des Sherlock Holmes: "Er hatte nicht den größten IQ, aber er hat sich nicht ablenken lassen und in ein Thema vertieft. Das bleibt den meisten Menschen mit ihrem ewigen Springen zwischen den Themen versagt." Oft gehe es im Alltag gehe es gar nicht mehr darum, geniale Ideen zu haben, sondern nur noch um Schadensbegrenzung. Die gute Nachricht: Jeder kann seine Kreativität trainieren. "Durch Sport, vor allem motorisch anspruchsvollen wie Klettern oder Tanzen", sagt er. Nachsatz: "Und – so banal es klingt – mit genügend Schlaf."

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