Auslandsösterreicher Nr. 1

Erich Erbers Unternehmensgruppe ist Weltmarktführer in der Mykotoxindeaktivierung
Erich Erber ist der Auslandsösterreicher 2015: Er steuert seinen Konzern von Singapur aus. Im Interview erzählt er, wieso er ging

Erich Erber ist kein Frühaufsteher. Schon gar nicht, wenn er in Österreich weilt – dann spielen die sechs Stunden Zeitverschiebung zu Singapur gegen ihn. Den Interviewtermin um 9 Uhr morgens nimmt er nur mit Überredung hin.

Grand Hotel Wien, Lobby: Erich Erber ist trotzdem taufrisch. Erst tags zuvor ist er aus Asien angereist, um gekürt zu werden: Zum "Expat des Jahres 2015", dem somit ausgezeichneten Auslandsösterreicher. Der 62-Jährige ist sein Leben lang um die Welt gereist. Mit sechs Jahren schickten ihn die Eltern vom Bauernhof in die Stadt. Mit 17 organisierte er sich ein Praktikum als Tabakpflücker in Kanada, in seinen 20ern zog es ihn nach Ghana. Mit Anfang 30 gründete er die Erber Group und stellt seither Zusatzstoffe für die Futtermittelindustrie her. Der Konzern ist Weltmarktführer bei der Mykotoxin-Deaktivierung (Anm.: ein Pilz im Futtermittel wird neutralisiert), macht 230 Millionen Euro Umsatz und beschäftigt 1400 Mitarbeitern weltweit. Erich Erber über seine Geschäftsreisen.

KURIER: Sie scheinen schon Ihr ganzen Leben unterwegs zu sein.

Erich Erber: Österreich war mir immer schon zu klein. Das Reisen ist mir in die Wiege gelegt. Wir waren acht Kinder, geboren im hintersten Pielachtal auf einer Landwirtschaft. Mit sechs Jahren hat der Familienrat entschieden, mich zur Tante nach Wien zu schicken. Meine erste große Reise, das hat mich sehr geprägt. Trotzdem hat mich die Landwirtschaft immer fasziniert.

Ihr erster Auslandsjob war in Kanada, 1973. Wie haben Sie sich das organisiert?

Ich war der Erste, der sich in der Landwirtschaftsschule das Pflichtpraktikum im Ausland organisiert hatte. Über einen Freund, wie das immer so läuft. Der hat im Dorfwirtshaus über Kanada erzählt und gesagt: Die suchen Tabakpflücker. Ich wollte das unbedingt, habe mir um 7000 Schilling ein Flugticket mit geborgtem Geld gekauft – eine Unsumme. 17 Stunden bin ich mit dem Greyhoundbus gefahren. Es war unbeschreiblich aufregend. Und ich habe wahnsinnig viel Geld verdient.

Sie haben sich mit 30 selbstständig gemacht.

Ja, in einer Nische. Ich habe gegründet und einen Produktionsbetrieb gekauft – ein Glück, weil ich Entwicklung und Produktion selbst machen konnte.

Mittlerweile haben Sie Firmen in den USA, Brasilien, Singapur. Wie haben Sie das in diesem speziellen, sensiblen Lebensmittelbereich geschafft?

Der Schlüssel ist Fokus. Man kann nicht alles machen. Bei mir waren es die Mykotoxine. Da sind wir die absoluten Spezialisten, weltweit.

Wo leben Sie?

In Singapur.

Freiwillig?

Absolut. Von dort kann ich den asiatischen Markt steuern. Ich bin mittlerweile Permanent Resident und nur noch 70 Tage im Jahr in Österreich.

Wieso haben Sie sich für ein Leben in der weiten Welt entschieden?

Mir macht es Spaß, die Unterschiedlichkeiten zu erleben. Das beginnt beim Essen, aber auch die verschiedenen Menschen – ich mag das, es ist faszinierend.

Was bleibt auf der Strecke?

Am ehesten das Privatleben. Es ist bei allen Expats immer das Gleiche: Man selbst hat eine Aufgabe, arbeitet, geht im neuen Umfeld total auf. Der Partner geht mit ins Ausland, aber fühlt sich nicht gebraucht und fühlt sich damit auch nicht wohl. Das ist das große Expat-Dilemma.

Womit kommt man überall auf der Welt durch?

Mein Vater hat immer gesagt: Mit dem Hut in der Hand kommt man durchs ganze Land. Und das stimmt. Die Österreicher zeichnet aus: Wir sind wie die Italiener – wie die guten. Und wir sind wie die Deutschen – aber hier auch nur wie die guten.

Wie werden Sie in Singapur als Österreicher wahrgenommen?

Dort ist der Ausländeranteil extrem hoch. Ich falle nicht auf.

Was könnten wir uns von den Menschen in Asien abschauen?

Den Österreichern geht es immer darum, den eigenen Status zu erhalten. Deshalb rutschen wir auch in allen Rankings ab. Das beginnt bei der Schulbildung. Die Kraft und der Wille, etwas zu verändern, fehlen in Österreich total.

Die Erber Group ist eine weltweit führende Unternehmensgruppe im Bereich der Lebens- und Futtermittelsicherheit mit Sitz in Niederösterreich. Das Unternehmen wurde 1983 von Erich und Margarete Erber in Pottenbrunn (NÖ) gegründet und ist bis heute in Familienhand. Erich Erber – im Aufsichtsrat und Konsulent – lebt seit 2002 in Singapur. Das Unternehmen erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2014 einen Umsatz von 270 Millionen Euro und ist in über 100 Ländern vertreten. Die Unternehmensgruppe ist Weltmarktführer in der Mykotoxindeaktivierung.

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