Anders gedacht: Homöopathie für die Firma
Mit Homöopathie ein Unternehmen heilen? Der Ansatz klingt, als habe sich ein Frauenmagazin-Schreiber auf die Wirtschaftsseiten verirrt. Tatsächlich stammt er von einem Mann, der – um bei den Geschlechtsstereotypen zu bleiben – ein sehr männliches Produkt herstellt. Motorräder.
Rajiv Bajaj gibt dem scheinbaren Gegensatz Sinn. Der große, leise sprechende und doch sehr präsente Mann ist der Managing Director von Bajaj Auto. Das indische Familienunternehmen gilt als der profitabelste Motorradhersteller der Welt. In den 1960er-Jahren, so erzählt Bajaj, war man noch das am schnellsten wachsende Unternehmen Indiens. Zehn Jahre Wartezeit für einen Bajaj-Scooter war normal, und steigerten eher das Ansehen, als dass das dem Unternehmen schadete. In den 1990er-Jahren begann das Wachstum zu stagnieren. Bajaj: „2001 stellten wir fest: Ein Unternehmen, das bisher nichts falsch machen konnte, verlor plötzlich Geld.“
Yoga für Wirtschaftsstärke Bajaj begann unter den strengen Augen seines Vaters nach neuen Wegen zu suchen. Die fand er persönlich in Yoga und Homöopathie. „Ich dachte: Wenn ich bei meiner Gesundheit darauf vertraue, warum nicht bei der meines Unternehmens?“ Der Inder postulierte vier Prinzipien der Homöopathie fürs Business. Was schadet, kann auch helfen, lautet das erste. Bajaj: „Wir sahen uns plötzlich mit der globalen Konkurrenz konfrontiert. Das hätte uns fast ruiniert.“Die Lösung: Man wurde selbst Global-Player. Anfangs war das Export-Geschäft zwar „ein Desaster“. Heute exportiert Bajaj ein Drittel seiner Produktion. Seit April sind 47 Prozent von KTM in indischer Hand.Das zweite Prinzip: Es gibt nur eine Lösung. „Jedes Monat eine neue Idee – das erlaubt nicht, zu wachsen“, erklärt der Manager. Viele Unternehmen, so Bajaj, sind aus dem Gleichgewicht geraten – sie heilen Symptome statt Ursachen. Von Consultants hält er wenig: „Wenn sie nach sechs Monaten weg sind, kommen die Probleme nur noch stärker zurück.“ Der dritte Punkt: Krankheiten werden vor der Heilung erst schlimmer. Auch die Veränderung von Bajaj – der Junior krempelte den Produzenten von Billig-Scootern zu einem Hersteller von exklusiven Motorrädern um – ging nicht ohne Krisen. 15.000 Mitarbeiter mussten gehen. Auch im Top-Management rollten Köpfe.
Das vierte Prinzip der Homöopathie betriff die potenzierte Repetition. Indien gilt als profitabelster Motorrad-Markt der Welt . 12 Millionen Motorräder werden jährlich verkauft – es geht um viel Geld. Konkurrenz, so Bajaj, ist für Firmen wie eine Krankheit für den Körper. Da man sie nie völlig los wird, muss man stets achtsam sein: „Beobachten ist im Management wichtiger als Denken. Wir denken oft zu schnell, ohne das Unternehmen als Ganzheit observiert zu haben.“Übrigens: Bei KTM, so Bajaj, denkt er noch nicht daran, Homöopathie einzusetzen.
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