Almdudler gegen Zucker und Konzerne: "Uns interessiert das Wettrüsten nicht"

Die Firmenzentrale in Wien 19 schaut aus wie eine Skihütte. Der Eingang in Form einer Almdudler-Flasche, holzvertäfelte Wände, bunte Klettergriffe, Kunstobjekte. Hier schaut alles nach Almdudler aus, nach der Alpenkräuterlimonade, die jeder Österreicher kennt. Geschäftsführer Gerhard Schilling treffen wir zum Gespräch – Eigentümer Thomas Klein zeigt sich, hält sich aber betont im Hintergrund.
KURIER: Almdudler als Getränk kennen 99 Prozent aller Österreicher. Aber die Frage, wer es trinkt, ist für Sie wohl entscheidender.
Gerhard Schilling: Das Kaufverhalten ist gut. Wie bei allen Limonaden trinken die jüngeren Menschen am meisten. Die Ansprache dieser Zielgruppen ist also unsere große Herausforderung, weil sie sehr umkämpft sind.
Mit jung meinen Sie: Ab dem Zeitpunkt, an dem Kinder Softdrinks trinken dürfen?
Ja. Wir haben den Vorteil, dass wir in der Tradition und Erziehung drin sind. Da schwingen bei den Eltern Erinnerungen mit. Oder bei Touristen die Bilder vom Urlaub damals in Österreich.
Almdudler ist ein Getränk aus den 50-er-Jahren, mit viel Nostalgie. Wie hält man eine alte Marke frisch?
Man braucht in der Markenkommunikation die Weiterentwicklung. Ab den 80er-Jahren hat das Thomas Klein übernommen und dem Getränk eine neue Handschrift gegeben. Da war viel Mut für neue Slogans und eine kultige, kontroverse Werbelinie erforderlich. „Wenn die kan Almdudler hab‘n, geh‘ i wieder ham!“ ist ein stark verankerter Claim. Es dann immer wieder zeitgemäß zu adaptieren ist eine Herausforderung.
Sie veröffentlichen keine Zahlen, als eigentümergeführtes Unternehmen müssen sie auch nicht. Warum?
Uns interessiert das Wettrüsten um Absatz- und Umsatzzahlen nicht. Wir legen deshalb nicht alles offen.
Hat sich der Geschmack der Kunden seit den 1950er-Jahren verändert? Hat sich das Getränk verändert?

Im Gespräch mit dem KURIER, Sandra Baierl
Das Getränk ist unverändert, nur die Zuckerdosierung wurde angepasst. Da werden wir den veränderten Konsumgewohnheiten gerecht. Es ist heute weniger süß, es sind rund 25 Prozent weniger Zucker drin als vor 70 Jahren.
Gibt es noch eine Flasche von damals, die man verkosten könnte? Wir haben sicher noch welche. Aber nach so vielen Jahrzehnten… das ist kein Bordeaux, der mit der Zeit besser wird. Almdudler lebt von der Frische und der Kohlensäure – und die verflüchtigt sich mit der Zeit. Weshalb Glasflasche und Dose auch die idealen Verpackungen sind, weil da kaum etwas diffundiert.
Ist Almdudler eigentlich ein Winter- oder Sommergetränk? Die Skihütte ist ein Spezifikum, auch die Festtage sind wichtig, zu Weihnachten, wenn man sich was gönnt. Aber wie alle Erfrischungsgetränke, hat auch Almdudler im Sommer Hochsaison. Wobei es da die richtige Temperatur braucht: jenseits der 30 Grad trinken die Menschen wieder mehr Wasser. 25 bis 28 Grad ist für uns perfekt.
Es gibt auf der ganzen Welt eine gewisse Zurückdrängung von Zucker. Zucker wird substituiert mit chemischen Stoffen, bis hin zu einer Zuckersteuer. Ist dieses Thema immer noch groß? Der Trend zu Zuckerersatzstoffen ist da und wird auch immer stärker. Bei uns ist das kein Riesenboom, aber kontinuierlich wachsend. Getrieben wird das von großen, internationalen Konzernen, die nur noch auf Zero Sugar setzen. Sie tun das, um für eine etwaige Besteuerung von Zucker oder für Werbeverbote gerüstet zu sein. Alles Zero bringt vor allem den Konzernen was, weil sie dann als gut gelten. Und für manche Politiker ist das wunderbar plakativ, weil sie vorgeben können, den Menschen mit einer Zuckersteuer etwas Gutes zu tun oder sie vor bösen Dingen zu bewahren. Ich halte das für entbehrlich und meine auch, das bringt nichts.
Wie groß ist der Light-Anteil bei Almdudler? Etwa ein Viertel, aber wachsend. Die Menschen gehen bewusster mit Süßem um und überlegen, wo sie Zucker ersetzen können, ohne viel an Genuss zu verlieren. Das geht bei Getränken sehr gut.
Apropos große Konzerne: Almdudler lebt ein bisschen die David-gegen-Goliath-Geschichte. Haben Sie die Nische gegen die internationalen Konzerne gut abgesichert oder ist das ein ewiger Kampf? Die Nische ist erkämpft, erarbeitet und in Österreich gut akzeptiert. Aber es ist immer wieder eine Herausforderung, den Platz zu halten. Gerade in der Preisgestaltung kommen wir mitunter stark unter Druck, um unseren Premiumpreis zu halten. Da wird uns schon oft klar gemacht, dass wir eben kein Global Player sind. Wir halten unsere Preise, auch wenn das gegen die Konkurrenz oft schwer ist. Wir müssen Premium bleiben, um langfristig und unabhängig bestehen zu können.
Traditionsfirma
Almdudler wurde als österreichische Kräuterlimonade 1957 von Erwin Klein entwickelt und auf den Markt gebracht. Bis 1973 wurde die Limonade von Kleins eigenem Unternehmen produziert, seither ist die Firma nur noch Lizenzgeber und lässt bei Vöslauer und Egger abfüllen.
Geschäftszahlen werden von Almdudler nicht veröffentlicht, offiziell kann man nur wenige Zahlen bekommen. Der Umsatz liegt über der 50-Millionen-Euro-Grenze, insgesamt werden über 100 Millionen Verkaufseinheiten abgesetzt. Aktuell hat Almdudler 91 Mitarbeiter und eine Exportquote von 30 Prozent. Die Marke Spezi wurde 2018 zugekauft und verzeichnet seither starke Zuwächse: 2023 konnte im Verkaufsvolumen ein Plus von 110 Prozent erreicht werden, der Marktanteil des Cola-Mix-Getränks wurde um 14,3 Prozentpunkte gesteigert.
Aller Anfang ist Klein
Nach dem Tod von Gründer Erwin Klein 1983 übernahm Sohn Thomas die Leitung von Almdudler. Seit 2004 ist er Aufsichtsrat-Vorsitzender.
Kürzlich brachte Thomas Klein die Almdudler-Geschichte als Comic heraus. „Meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen, die Schicksalsschläge und Herausforderungen, vor denen ich immer wieder stand und vor allem die Freude, für Almdudler zu arbeiten, haben mich geprägt. Ich habe das große Bedürfnis, meine Geschichte für die Nachwelt festzuhalten“, sagt er. Mit dem Comic „Aller Anfang ist Klein“ macht er das auf gewohnt augenzwinkernde Art.
Seit heuer haben Sie eine eigene Vertriebsgesellschaft in Deutschland. Wie läuft das Deutschlandgeschäft? Wir sind schon länger in Deutschland, aber jetzt mit eigener Gesellschaft. Weil wir glauben, dass wir es selber besser machen. Es macht einfach einen anderen Eindruck, wenn man als Marke persönlich zu den Kunden geht.
Ab 1.1.2025 gibt es ein neues Pfandsystem in Österreich, auf Dosen und PET-Flaschen. Begrüßen Sie das? Damit wird der Warenkreislauf geschlossen, das ist gut, weil die Materialien der Industrie wieder zur Verfügung stehen. Wobei: Wenn man „cool“ wirken will, und das durch das Wegwerfen von Dosen demonstrieren muss, sind einem die 25 Cent auch egal. Ich muss schon sagen: diese Aktion fällt auch unter das Kapitel Symbolpolitik, weil wir in Österreich ein super Sammelsystem für Altstoffe haben, eines der besten überhaupt. Aber irgendwo hat das eine Dynamik bekommen und wir machen jetzt das Beste daraus.
Wird das Pfand eine Veränderung bewirken, zu welcher Verpackung die Konsumenten greifen? Ich glaube nicht. Wir haben in Deutschland gesehen, als das Pfand dort eingeführt wurde, dass PET einen Aufschwung bekommen hat. Weil die Leute mit dem Pfand ihr Gewissen freigekauft haben. Sie kaufen also jetzt mit noch besserem Gewissen Plastik.
Die PET-Flaschen und Dosen müssen unversehrt zurückgegeben werden. Das könnte in der Praxis schwierig sein. Solange das Pfandsymbol und der Strichcode für die Lesegeräte gut erkennbar bleiben, sollte es da keine Probleme geben.
Almdudler ist eine Mono-Brand, Spezi wurde zwar 2018 dazugekauft, aber das Herzstück ist die Kräuterlimonade. Reicht das? Sie haben recht, wir sind eine Mono-Brand. Was als Nachteil erscheint, ist aber für uns ein Vorteil: weil wir den eindeutigen Fokus auf dieses Produkt legen können.
Es gibt in Österreich aktuell eine große Standortdiskussion. Sie sind kein Produzent, weil Sie bei Vöslauer und Egger abfüllen lassen. Aber merken Sie auch, dass die Standortkosten zum Thema werden? Wir sind als österreichisches Unternehmen sehr standortbezogen tätig. Unsere Radien sind eng gezogen und die österreichische Identität ist ein Teil unserer Marke. Klar könnte man jenseits der Grenze produzieren und damit Geld sparen, aber das kommt für uns nicht infrage. Das wäre auch völlig falsch für die Marke. Wir müssen also mit den hohen Standortkosten leben.
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