150.000 Euro von der Crowd für acht Technik-Studis

150.000 Euro von der Crowd für acht Technik-Studis
Technikermangel einerseits – fehlende Studienplätze andererseits. FH und Firmen steuern mit Crowdfunding-Projekten jetzt gegen.

Der Nachwuchs hat zu wenig Interesse an technischen Berufen? Eher zu viel – jedenfalls an der FH Technikum Wien, die im vergangen Jahr rund 1.500 qualifizierte junge Bewerber abweisen musste. Der Grund: Fehlende Studienplätze.

Dabei gibt es einen Fachkräftemangel

Wie passt das mit dem gleichzeitig viel beklagten Mangel an technischen Fachkräften in der Industrie zusammen? Gar nicht, überlegte man an der FH und startete im Mai – da es auch für 2019 keine neuen öffentlich finanzierten Studienplätze gab – auf der Plattform www.technikum-crowd.at eine Crowdfunding-Kampagne, um in Eigeninitiative technische Studienplätze zu finanzieren.

Mit Erfolg: Zahlreiche Unternehmen und Einzelspender steuerten insgesamt rund 150.000 Euro bei und im Herbst durften immerhin acht zusätzliche Studierende an die FH Technikum. „Es war uns wichtig, mit dieser Kampagne eine Vorreiterrolle einzunehmen und für mehr Bewusstsein für das so wichtige Thema der Studienplatzfinanzierung zu sorgen. Wir sind sehr stolz darauf, acht Studienplätze geschaffen zu haben, auch wenn es bei insgesamt 4.400 Studierenden nur ein erster Schritt ist“, erklärt Gabriele Költringer, Geschäftsführerin der FH Technikum Wien.

 

150.000 Euro von der Crowd für acht Technik-Studis

Denn mangelndes Interesse an Technik und IT kann sie der Jugend wirklich nicht nachsagen. „Es hat sich in der Vergangenheit viel getan. Dass es in Bereichen wie Informatik nicht genug Interessenten für die vorhandenen Studienplätze gibt, ist in unserem Fall mittlerweile ein Mythos“, so Költringer.

Namhafte Unternehmen spendeten

Vor allem bei Unternehmen, die den Fachkräfte-Mangel stärker spüren, stieß die Aktion auf Interesse. Die Kapsch-Group, Iteratec, Signon Österreich, Axians ICT Austria, Kloeckner Metals, Sawczynski & Partner und viele weitere spendeten – gegen kleine Goodies wie Armbänder und T-Shirts.

Auch der Name Siemens findet sich auf der Spenderliste. Warum? „Es ist momentan eine große Herausforderungen, den Bedarf der Unternehmen an ausreichend qualifizierten Arbeitskräften im MINT-Bereich zu decken“, sagt Kurt Hofstädter, Director Digital Strategy bei Siemens Österreich. 2018 wurden alleine in der österreichischen Industrie rund 60.000 Fachkräfte nachgefragt, wobei rund 10.000 dieser Stellen nicht besetzt werden konnten. „Und es ist zu erwarten, dass dieser Trend anhalten wird“, erklärt Hofstädter.

Beste Berufschancen

Was für die einen eine schwierige Suche nach Mitarbeitern bedeutet, heißt für die anderen beste Berufschancen. Diese waren es auch, die Julia Kositz, zu einem Bachelorstudium in Maschinenbau inspirierten: „Nach der Matura wusste ich erst nicht genau, was ich studieren sollte. Ich war in allen Fächern gut, aber keines ist besonders hervorgestochen. Ich dachte, mit Technik kann man immer etwas anfangen“, erzählt Kositz, die mittlerweile ihr 5. Semester an der FH Technikum Wien absolviert.

150.000 Euro von der Crowd für acht Technik-Studis

Julia Kositz hat einen Studienplatz an der FH Technikum Wien bekommen

Zu einem Technik-Studium an einer FH kann sie anderen nur raten: „Wer der Technik nicht abgeneigt ist, kann man damit nichts falsch machen. Die Herausforderungen sind bewältigbar und an der FH hat man wirklich in drei Jahren den Bachelor und verdient sein eigenes Geld“, meint sie.

Auch bei Siemens sieht man gute Chancen für den Nachwuchs und lobt die Initiative. Hofstädter: „FH-Absolventen werden von der Industrie dringend benötigt, um den erfolgreichen Weg in die Digitalisierung fortsetzen zu können und in Österreich konkurrenzfähig zu bleiben. Deshalb ist die Initiative beispielgebend und sorgt hoffentlich für viele weitere ähnliche Projekte.“

Weiter Geld sammeln

Die FH möchte das Crowdfunding weiterführen: „Das Portal bleibt für weitere Spenden offen“, so Költringer: „Aber abgesehen von Maßnahmen wie der Crowd – bei allem Erfolg im Vergleich zur Gesamtzahl der potenziellen Studierenden nur ein Tropfen auf dem heißen Stein – sind wir auf die öffentlich finanzierten Studienplätze angewiesen und hier ist das Wachstum nur langsam.“

Erfreulich daher die Nachrichten aus Wien. Obwohl FH-Förderung eigentlich Angelegenheit des Bundes ist, erhöhte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) diese Woche die Unterstützung für die FH: 2020 bis 2024 werden 22,5 Millionen Euro ausgeschüttet – ein Plus von 25 Prozent gegenüber der auslaufenden Förderperiode.

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